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„Aktive Eigentümerschaft schützt den Unternehmenswert“

Frank Schnattinger, Chefredakteur IPE D.A.CH, sprach mit Erik Durhan, Head of Corporate Governance bei Nordea.

Erik Durhan

IPE D.A.CH: Herr Durham, wie engagieren Sie sich als Aktionär bei Ihren Holdings?
Durham: Aktiver Eigentümer zu sein, ist für Nordea Asset Management von größter Bedeutung. Unserer Ansicht nach können wir auf diese Weise am besten den Unternehmenswert schützen, das langfristige Ergebnis verbessern und positive Veränderungen anstoßen. Unser Vorgehen schließt die Ausübung unseres formalen Stimmrechts sowie das Engagement in Unternehmen und deren Ermutigung zur Verbesserung ihres Managementsystems und ihrer ESG-Leistung ein.

IPE D.A.CH: Was heißt das konkret?
Durham: Bei der Abstimmung verfolgen wir einen globalen, aggregierten Ansatz. Neben der Abstimmung in den Jahreshauptversammlungen nehmen wir an Nominierungsausschüssen Teil und pflegen einen regelmäßigen Dialog mit den betreffenden Unternehmen. Die Ausübung von Stimmrechten ist ein effektives Instrument, um Unternehmen in die richtige Richtung zu lenken. Da eine solide Unternehmensführung zum Shareholder Value beiträgt, sprechen wir regelmäßig mit den Unternehmen, um unsere Stimmrechtsausübung zu erläutern. Dabei versuchen wir so proaktiv wie möglich zu sein, um Unternehmen dazu zu bringen, ihre Vorschläge gemäß unseren Grundsätzen zu ändern. Wir bemühen uns, für alle Fonds zu stimmen, sowohl intern als auch extern verwaltete. Im Allgemeinen konzentrieren wir uns auf Unternehmen, in denen wir einen erheblichen Einfluss haben können, z. B. Unternehmen, in denen wir einen beträchtlichen Eigentumsanteil oder eine große aggregierte Position einnehmen. Darüber hinaus sind wir bestrebt, den Schwerpunkt auf Unternehmen zu legen, die wir in unseren Produkten mit erweitertem ESG-Fokus haben, wie beispielsweise in den „ESG STARS“ Strategien.

IPE D.A.CH: Wie hat sich Corona auf Ihre Arbeit hier ausgewirkt?
Durham: Die anhaltende Pandemie hat erhebliche Auswirkungen auf die Corporate Governance im Allgemeinen und auf die Abstimmung bei Hauptversammlungen im Besonderen. Leider konnten wir in den letzten beiden Abstimmungsphasen nicht so viele Jahreshauptversammlungen persönlich besuchen, wie wir es normalerweise tun würden. Stattdessen konzentrierten wir uns darauf, Unternehmen beispielsweise bei der Dividendenpolitik und bei den Auswirkungen auf die Vergütung zu unterstützen. In den Medien gab es mehrere Meldungen über veränderte Vergütungssysteme aufgrund der schwachen Märkte, die 2020 und 2021 zu beobachten waren. Wir versuchen, eine pragmatische Ansicht zu vertreten und sich die im Einzelfall gegebenen Gründe anzuhören, wenn wir darüber entscheiden, ob wir solche Änderungen unterstützen wollen oder nicht.

IPE D.A.CH: Können Sie ein paar Zahlen nennen?
Durham: Bis Ende November 2021 haben wir auf über 4.000 Generalversammlung (GV) und außerordentlichen Generalversammlung (AGV) über Tausende von Vorschlägen abgestimmt, darunter ESG-Themen wie Klima, Datenschutz, Diversität sowie Vergütungsprogramme und Kapitalstruktur. Dies ist eine starke Zunahme im Vergleich zu 2020 und spiegelt unser Bestreben wider, in der Mehrheit aller GV/AGV der in unseren Portfolios vertretenen Unternehmen zu stimmen. Das Ergebnis liegt bisher in 2021 bei über 95% der möglichen Abstimmungen. Zunehmend werden wir von Unternehmen in den nordischen Ländern eingeladen, ihren Nominierungsausschüssen beizutreten. Die Mitgliedschaft in Nominierungsausschüssen ist ein sehr effizienter Weg, um mit den Unternehmen, an denen wir große Beteiligungen haben, in Kontakt zu treten: Es ermöglicht uns, echte Veränderungen voranzutreiben – zum Beispiel im Hinblick auf das Verhältnis der Geschlechteraufteilung im Vorstand. Während des Zeitraums des Nominierungsausschusses 2020 konnten wir eine Verbesserung des weiblichen Anteils in den Vorständen dieser Unternehmen auf knapp 40% verzeichnen. Dies entspricht in etwa unserem Ziel, eine Geschlechteraufteilung von 40%/60% zu erreichen. Für die Saison 2021/22 erwarten wir, dass wir mehr als 40 solcher Ausschüsse beitreten werden. Wir bemühen uns auch darum, in anderen Ländern durch die Eigentümer bestimmte Nominierungsausschüsse einzuführen. In den letzten Jahren haben wir es geschafft, solche Veränderungen sowohl in Finnland als auch in Dänemark zu ermöglichen.

IPE D.A.CH: Was gab es sonst noch für inhaltliche Schwerpunkte?
Durham: In dieser Saison haben wir eine wachsende Anzahl von Vorschlägen aus dem Bereich ESG bei den von uns gehaltenen Unternehmen verzeichnet. Ein solches Beispiel ist der von uns mit eingereichte Aktionärsvorschlag bei ExxonMobil, in dem das Unternehmen aufgefordert wurde, darüber zu berichten, wie seine direkte und indirekte Lobbyarbeit mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang steht. Gemäß der Ambition, bis 2050 das Netto-Null Ziel zu erreichen, haben wir auch Vorschläge unterstützt, die Unternehmen auffordern, der internationalen Investoren Koalition Net-Zero Asset Owner Alliance beizutreten, sowie Vorschläge zu Zielen und Plänen zur Angleichung an das Pariser Abkommen. Viele solcher Vorschläge können als Beispiele für wichtige Stimmabgaben angesehen werden, darunter unsere Abstimmung bei Equinor. Hier unterstützten wir einen Vorschlag, Richtwerte festzulegen, die mit dem Ziel des Pariser Abkommens vereinbar sind. Dabei wurden Werte für kurz-, mittel-, und langfristige Treibhausgasemissionen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens und der Verwendung seiner Energieprodukte (Scope 1, 2 und 3) vorgeschlagen. Dazu zählte auch, dass mindestens jährlich über die Fortschritte, die Strategie und die zugrunde liegenden Richtlinien berichtet wird. Die Begründung in diesem Fall war, dass wir signalisieren wollten, wie wichtig es ist, diese Art von Zielen in den Energiewendeplan aufzunehmen, den das Unternehmen auf der nächsten Jahrestagung vorlegen wird.

IPE D.A.CH: Gab es regionale Besonderheiten?
Durham: Insbesondere in US-Unternehmen sehen wir eine stetige Zunahme von Vorschlägen zu sozialen Fragen, die häufig mit Vielfalt und Menschenrechten in Verbindung stehen. In diesem Jahr haben wir Aktionärsvorschläge in der sozialen Kategorie unter anderem bei Facebook, Alphabet und Twitter unterstützt. Die Vorschläge konzentrierten sich auf die Forderung, unabhängige Direktoren mit Menschen- und/oder Bürgerrechtserfahrung zu finden. Diese Unternehmen sahen sich im Bereich der Menschenrechte mit mehreren Problemen konfrontiert, darunter dem Umgang mit Hassreden und möglichen nachteiligen Auswirkungen auf die Bürgerrechte, die durch die Technologie der Unternehmen entstehen und die ein Risiko für die Aktionäre darstellen. Bei Amazon haben wir nach einer Reihe von Klagen von Mitarbeitern wegen Diskriminierung einen Vorschlag für ein Audit zur Gleichberechtigung, Vielfalt und Eingliederung unterstützt. Gemeinsam mit den Portfolio Managern von Nordea in der Investmentorganisation haben wir auch mit einzelnen Unternehmen über die Strategie und unsere Sicht auf die Entwicklung des Unternehmens den Dialog gesucht. Dieser Dialog findet sowohl allein von uns und/oder gemeinsam mit anderen größeren Eigentümern statt. In dieser Saison wurde viel Wert auf die Änderung von Vergütungsvorschlägen aufgrund der anhaltenden Pandemie gesetzt.

IPE D.A.CH: Welche Themen beschäftigen Sie sonst noch?
Durham: Es kommt häufig vor, dass Vorstände eine Genehmigung zur Durchführung von Platzierungen beantragen, und zwar immer häufiger in Verbindung mit einer Genehmigung zum Wiederverkauf zuvor zurückgekaufter Aktien. NAM ermutigt die Unternehmen generell, bei Platzierungen vorsichtig zu sein, und wir führen mit einer Reihe von Unternehmen einen aktiven Dialog über diese Fragen. Wir stimmen im Allgemeinen gegen Vorschläge, die eine Gesamtermächtigung von mehr als 10 % der im Umlauf befindlichen Aktien des Unternehmens vorsehen, wenn kein Vorkaufsrecht für die bestehenden Aktionäre besteht. Eine wachsende Zahl nordischer Unternehmen schlägt eine mehrjährige Genehmigung für die Aufsichtsräte vor, neue Aktien zu emittieren oder Aktien zurückzukaufen. International sind mehre Jahre gültige Genehmigungen für Vorstände in verschiedenen Sektoren in bestimmten Ländern üblich. NAM ist der Ansicht, dass die Bewilligung von Vorständen von Jahreshauptversammlungen nur bis zur nächsten Jahreshauptversammlung, also für ein Jahr, gültig sein sollte. Wir sehen diesen Trend auch in anderen Ländern und wollen die Unternehmen aktiv auffordern, nur Mandate für ein Jahr zu vergeben.

IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.