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Aktueller Kommentar zur Greensill Bank: Intransparentes Geschäftsmodell

Am 3. März 2021 hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ein Moratorium über die Greensill Bank AG angeordnet. Bei einem Bilanzvolumen von 4,5 Mrd. Euro und einem Einlagevolumen von 3,3 Mrd. Euro (beides zum 31. Dezember 2019) kann man getrost von einer relevanten Bankpleite sprechen. Und ein Investor in deutsche Banken muss sich nach dem Wirecard-Debakel jetzt wieder fragen, gab es denn keine Warnsignale? Scheinbar nicht, denn die Bank wurde mit einem hohem Investment-Grade einer anerkannten Ratingagentur versehen.

Michael Dawson-Kropf

Exponentielles Wachstum gepaart mit Verbriefungen und Privatflugzeugen
Als unabhängiger Kreditanalyst bei der Independent Credit View AG läuft man jetzt schnell Gefahr mit der „Habe-ich-doch-schon-immer-gesagt“ Aussage besserwisserisch aufzufallen. Aber was bleibt einem hier übrig? Eine winzige Bank, ein Rettungserwerb der Greensill Capital UK Ltd., die in kürzester Zeit das Einlagevolumen hochpumpt, in zwei Jahren mehr als verzehnfacht, um was zu finanzieren? Verbriefte Finanzierung von internationalen Lieferketten, eine Black-Box. Bevor das Geschäft in 2019 dann massiv ausgeweitet wurde, war die größte Einnahmequelle der Bank nach dem Zinsergebnis noch die Leasinggebühren, die die Bank von der Muttergesellschaft für die Finanzierung der Privatflugzeuge (bewusst den Plural Intransparentes Geschäftsmodell) des Firmengründers Lex Greensill erhielt. Das klingt eher wie eine Mischung aus Müllhalde und Privatbank im engsten Sinne.

Transparenz nicht kapitalmarktwürdig
Die verbrieften Kredite sollten von im Investment Grade bewerteten Versicherungen „abgesichert“ sein. Aber es ließ sich vermuten, dass die Versicherungsprämien von der Muttergesellschaft bezahlt werden und damit außerhalb der Kontrolle der deutschen Bank lagen, ähnlich die Absicherung bestimmter Fremdwährungsrisiken. Es gab keine Anhaltspunkte nach welchen Risiko-Ertragskriterien die Greensill Gruppe entschied, wann die von einem luxemburgischen Verbriefungsvehikel emittierten Anteilsscheine auf das eigene Buch der Bank geschoben wurden, versichert oder an den Kapitalmarkt abgegeben wurden. Darüber hinaus unterzeichneten die Risikokosten in 2017 und 2016 sowie die Problemkreditquote das tatsächliche Risiko des Kreditportfolios der Greensill Bank. Um Risikovorsorgen bei der Bank zu vermeiden, zahlten Gruppenunternehmen Verzugszinsen von überfälligen Krediten an die Bank, übernahmen Anteilsscheine oder garantierten diese.

Die Transparenz der Greensill Gruppe und der Greensill Bank waren nicht kapitalmarktwürdig und verdienten erst recht kein Investment Grade Rating. Die Mängelliste ist lang: Vielzahl von finanziellen Verflechtungen zwischen den Konzerngesellschaften ohne freien Zugang zu einer Konzernstruktur und einem Konzernabschluss, keine Kommunikation zu Investoren und Geschäftspläne wurden regelmäßig verfehlt. All das bedeutet nicht, dass wir die Pleite vorhergesehen haben. Wir haben unseren Kunden aber bereits 2019 die Greensill Bank in gleich deutlichen Worten, wie wir dies nun auch öffentlich tun, beschrieben und diese im tiefen Non-Investment Grade eingestuft.

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*) Michael Dawson-Kropf ist Senior Credit Analyst bei Independent Credit View in Zürich.