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Anforderungen institutioneller Anleger an SRI - Entwicklungen und Status Quo (2/3)

Für die Auswahl von Investments, die SRI-Kriterien entsprechen, gibt es drei Wege: Das Negative Screening“ (Portfolioausschluss), das „Positive Scoring“ (die Auswahl auf Basis außerfinanzieller, z. B. ESG-Kriterien) und das „Engagement“, „Active Ownership“ bzw. „Shareholder Activism“ (Dialogbemühungen).

Joachim H. Böttcher

Negativ-Screening
Das „Negativ-Screening“, das Unternehmen oder Staaten, die den ethischen Anforderungen des Investors nicht entsprechen, schlichtweg ausschließt, ist die älteste Form einer nachhaltigen Anlagestrategie.   Ausschlusskriterien können hierbei Produkte und Dienstleistungen ebenso wie Produktionsbedingungen oder Unternehmensstrategien betreffen und  ganz individueller Natur sein. Typische Kriterien sind z. B. schwere Verletzungen von Menschenrechten und international anerkannten Arbeitsrichtlinien, die Verschmutzung der Umwelt, die Verwicklung in Bestechungsdelikte und das Erzeugen von Massenvernichtungswaffen.

Darüber hinaus schließen einige Investoren Unternehmen von vorne herein aus, die Umsatzanteile mit alkoholischen Getränken, Tabakprodukten, Glücksspiel, Rüstung oder jugendgefährdendem Material erzeugen. Dieses ist aufgrund der Komplexität der globalen Wirtschaft jedoch nicht immer möglich. Deshalb gelten hier meist Toleranzquoten und das Negativ-Screening, d. h. der Portfolio-Ausschluss ist eher eine Strategie zur Vermeidung von Risiken durch Umwelt- oder Reputationsschäden und deren finanzieller Folgen. Ausgeschlossen werden besonders häufig Firmen, die hinsichtlich der ESG-Kriterien fragwürdige Geschäftspraktiken anwenden. Mit dem Ziel, sich vor dem Transfer des schlechten Images der Investition zu schützen.

Positive Scoring
Beim „Positive Scoring“ gelangen nur Zielinvestments in das Anlageuniversum, die ein besonderes Engagement hinsichtlich öko-sozialer Aspekte zeigen. Die Methode berücksichtigt beispielsweise Kriterien der Unternehmenspolitik, der Management- und Umweltprozesse, der Produkte und Mitarbeiterbedingungen sowie des Dialogs mit Stakeholdern. Das Positiv-Scoring unterscheidet darüber hinaus zwischen Nachhaltigkeits-Leadern und Nachhaltigkeits-Innovatoren und wendet für diese häufig unterschiedliche Beurteilungsverfahren an.

Innovatoren zeichnen sich durch Produkte und Dienstleistungen, die eine nachhaltige Orientierung haben, aus. Leader hingegen werden über  „Best-in-Class“-Verfahren ausgewählt. Sie werden mit dem Branchendurchschnitt verglichen, und erst zum Branchen-Vorreiter benannt, wenn sie sich maßgeblich hinsichtlich der Positiv-Kriterien unterscheiden. So entsteht nachhaltiger Wettbewerb.

Die jeweiligen Branchen-Sieger sind jedoch aufgrund unterschiedlicher Bewertungsgrundlagen nur schwer miteinander vergleichbar. Deshalb ist nur das relative Maß des Vorsprungs vor anderen Unternehmen relevant und nicht das Erreichen eines bestimmten Aspektes. Damit kommen allerdings manchmal auch die „Besten“ aus kritischen Branchen in einem Investmentuniversum nachhaltiger Unternehmen zum Zug, ohne in besonderer Weise ESG-Aspekte zu berücksichtigen. Um dies zu vermeiden, werden Positivauswahlverfahren häufig als kombinierte Strategien mit einem vorherigen „Negative Screening“ angewandt.

Das Engagement
Zunehmend gewinnt eine dritte Methode an Bedeutung: Das „Engagement“, „Active Ownership“ oder „Shareholder Activism“. Diese hat zum Ziel, ein Unternehmen zu Verhaltensänderungen zu bewegen. Dabei kann das Engagement entweder über den direkten Dialog mit dem Management oder über die Ausübung von Stimmrechten erfolgen. Je mehr Anteile ein Investor an einem Unternehmen hat, desto einflussreicher ist er. Hauptsächlich institutionelle Investoren mit einer gewissen Asset-Signifikanz sehen das Engagement als Möglichkeit der positiven Einflussnahme.

Der direkte Dialog ist aber auch für hochkapitalisierte Institutionelle wie Privat-Investoren und eine funktionierende Investor-Lobby möglich. Es ist dafür jedoch nicht unbedingt notwendig, Anteile am Unternehmen zu halten. Wenn das anzulegende Kapital über ein entsprechendes Volumen verfügt, können auch potenzielle Investoren bereits Einfluss ausüben.

Lesen Sie kommende Woche, im dritten und letzten Teil, einen Ausblick über kommende Entwicklungen im Bereich SRI.


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*) Joachim H. Böttcher, Relationship Manager ASG BankInvest