Der derzeit dem Parlament vorliegende Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) wird nicht helfen, die Beteiligung von KMU in der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) zu erhöhen.
Das war der Konsensus unter den mehr als 300 Teilnehmern an einer Live-Umfrage bei der diesjährigen Handelsblatt-bAV-Tagung in Berlin.
Mehr als 70% der anwesenden Anbieter und 40% der Arbeitgeber und Vorsorgemanager stimmten zu, dass das BRSG die bAV nicht stärken wird, weil den Tarifparteien der Zugang zu den KMUs fehle.
Im derzeitigen Reform-Entwurf sollen nur Unternehmen, die einem Tarifvertrag beigetreten sind, die neue reine Beitragszusage einführen dürfen.
Allerdings sind etliche KMUs keinem Tarifvertrag beigetreten, weil sie fürchten, dass einige darin befindliche Mindeststandards ihre Wettbewerbsfähigkeit vermindern könnten.
In einer zweiten Live-Umfrage gaben 46% der Anbieter und 42% der Arbeitgeber und Vorsorgemanager die Empfehlung, den neuen Durchführungsweg für alle Unternehmen öffnen.
Aber in ihrer Rede betonte Yasmin Fahimi, Staatssekretärin im BMAS: „Es geht hier um eine besondere Konstellation der reinen Beitragszusage, bei der es um die Herausahme der Haftung es Arbeitgebers geht, und diese soll nicht auch auf betrieblicher Ebene möglich sein, denn der Betriebsrat steht in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis. Wenn der Arbeitgeber sich aus der Haftung entziehen will, wäre das eine Überforderung des Betriebsrates.“
Nur eine Einigung auf Tarifvertragsebene könne das nötige Vertrauen in das neue Modell schaffen.
Sie verteidigte außerdem vehement die neue reine Beitragszusage: „Das ist der richtige Weg, weil in der derzeitigen Niedrigzinsphase keine andere Antwort übrig bleibt – jede Garantie, jede Mindestzusage vermindert die Möglichkeit, in der jetzigen Situation Investmentchancen zu nutzen.“
Unterdessen haben Arbeitgebervertreter der Chemie- und Metall-Industrie bereits angedeutet, dass sie einen Weg aus der Tarifgebundenheit im neuen Gesetz sehen: „Man muss nicht der Tarifbindung beitreten, sondern kann auch nur eine tarifvertragliche Leistung in Anspruch nehmen – wieso sollten Unternehmen eine Kuh kaufen, wenn sie nur ein Glas Milch wollen“, sagte Rainer Dulger, Präsident, Arbeitgeberverband Gesamtmetall.
Er fügte hinzu, dass es für Unternehmen wichtiger werde, eine bAV anzubieten, um gegen größere Firmen konkurrenzfähig zu bleiben. Aber gerade KMUs könnten es sich oft nicht leisten, Rückstellungen in der Bilanz zu bilden.
Klaus-Peter Stiller, Hauptgeschäftsführer des Bundesarbeitgeberverbands Chemie, stimmte teilweise zu: „Bei Öffnungsklausen vom Gesetz sollte man die Kuh kaufen müssen. Aber wenn die Alternative ist, dass ein Unternehmen keine bAV anbietet, dann nehme ich in Kauf, dass es nur diesen Teil des Tarifvertrags übernimmt.“
Allerdings signalisierte Peter Hausmann, Mitglied im geschäftsführenden Hauptvorstand der IG BCE, bereits Widerstand: „Ich bin vehement gegen eine Rosinenpickerei.“
Auch Karsten Tacke, stellvertretender Hauptgeschäftsführer, Arbeitgeberverband Gesamtmetall, betonte: „Wenn es einen Tarifvertrag gibt, dann kann er in Bezug genommen werden, aber nur vollständig.“
In der Frage des Opting-Out, das im BRSG auch erlaubt werden soll, zeigten sich Arbeitgebervertreter bei der Handelsblatt-Tagung kritischer als die Gewerkschaften, weil erstere befürchten, dass dies eine verpflichtende Teilnahme aller Unternehmen an einem bAV-Plan zur Folge haben könnte.
Beide Tarifparteien waren sich einig, dass der Gesetzgeber ihnen ausreichend Spielraum zur Ausgestaltung der neuen Zusagen geben soll.
bAV-Branche bezweifelt Wirksamkeit des BRSG
