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„Der Vorschlag zum Acting in Concert im Risikobegrenzungsgesetz scheint gegen die United Nations Principles for Responsible Investment zu verstoßen“

Nach Vorlage des Risikobegrenzungsgesetzes durch das Bundesfinanzministerium ging ein Aufschrei durch die Investorenlandschaft. Einzelne Teile des Gesetztes werden von der Branche als klar kontraproduktiv gesehen. Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Dr. Hans Hirt von Hermes über Hintergründe und mögliche Auswirkungen.

Institutional Investment: Herr Hirt, der Fall „Deutsche Börse“ vor rund zwei Jahren scheint die Politik intensiv zu beschäftigen, wenn man eine aktuelle Gesetzesvorlage anschaut, welche die Einflussnahme von Investoren deutlich einschränken soll. Welchen Zweck vermuten Sie dahinter?
Hirt: Im Prinzip geht es beim angesprochenen Risikobegrenzungsgesetz um eine Einschränkung der Risiken, die mit dem Engagement kurzfristig orientierter Anleger verbunden sein können, deren Interessen von denen der Gesamtheit der Aktionäre abweichen. Die Besorgnis teilen wir grundsätzlich. Unserer Auffassung nach sind allerdings die im Entwurf des Risikobegrenzungsgesetzes vorgeschlagenen Lösungsansätze kontraproduktiv, da sie es für langfristig-orientierte Investoren, wie Hermes, wesentlich erschweren würden, mit Unternehmen einen konstruktiven und auf nachhaltige Wertsteigerung zielenden Dialog zu führen, von dem alle Aktionäre profitieren. 

Institutional Investment: Hat die negative Stimmung hierzulande rund um das Thema „Hedgefonds“, die ja maßgeblich bei der Deutschen Börse vor zwei Jahren aktiv waren, auch einen Teil zu dieser Entwicklung beigetragen?
Hirt: Ganz klar. Wir sollten aber nicht vergessen, dass dort die unzureichende Kommunikation der Unternehmensführung gerade mit den langfristig-engagierten Investoren den „Hedgefonds“ erst den Boden bereitet hat. Eine Unternehmensführung mit  überzeugender Strategie und aktiver Investor Relations Arbeit sollte in der Lage sein, ihre Argumente für Maßnahmen, die langfristig Wert schaffen, effektiv zu kommunizieren. So kann die Verwaltung sicherstellen, dass, selbst in Situationen, wo einzelne, möglicherweise nur kurzfristig ausgerichtete Aktionäre mit Partikularinteressen in erheblichem Umfang engagiert sind, stabile Mehrheiten für angemessene Vorschläge bestehen.

Institutional Investment: Welche Möglichkeiten bleiben Ihnen in Deutschland noch, wenn das Gesetz durchgeht?
Hirt: Wir sehen die Gefahr, dass die vorgeschlagene Erweiterung des Anwendungsbereichs des Acting in Concert Konzepts und die damit verbundenen möglichen Rechtsfolgen für Investoren, die sich zum Beispiel zu Hauptversammlungsthemen austauschen, dazu führen, dass zur Vermeidung von Rechtsfolgen bewusst öffentliche Auseinandersetzungen über die Medien gesucht werden müssen. Das wäre aus unserer Sicht bedauerlich, denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein konstruktiver, vertraulich geführter Dialog zwischen Investoren und Unternehmen in den meisten Fällen der für beide Seiten beste Weg ist, um nachhaltig Wert zu schaffen oder zu erhalten.

Institutional Investment: Hermes ist nicht der einzige „aktivistisch“ agierende Investor. Sehen Sie eine breite Front in der Branche gegen die Pläne in Berlin?
Hirt: Ja, nachdem die Problematik des vorgeschlagenen Gesetzes jetzt klar auf dem Tisch ist, organisieren sich die Investoren. Es werden sich in den nächsten Tagen weitere Investoren und auch internationale Organisationen beim Bundesministerium der Finanzen melden.

Institutional Investment: Sehen Sie Maßnahmen um ein derlei Gesetz verhindern zu können? Blickt man in die „Principles of Responsible Investment“ der UN liest man immerhin eher Gegenteiliges als in Deutschland derzeit geplant ist...
Hirt: Genau. Der Vorschlag zum Acting in Concert im Risikobegrenzungsgesetz scheint gegen die United Nations Principles for Responsible Investment zu verstoßen. Aufgrund der oftmals geringen Anteile einzelner Investoren, die an einem konstruktiven Dialog mit Unternehmen mit dem Ziel nachhaltiger Wertschöpfung interessiert sind, ist hierzu ein Austausch und in bestimmten Situationen ein Abstimmen mit anderen Aktionären unerläßlich. Genau dies verlangen auch die United Nations Principles for Responsible Investment. Noch gravierender ist der mögliche Verstoß gegen die Corporate Governance Prinzipien der OECD, die deutlich machen, dass es für Aktionäre erlaubt sein soll, sich hinsichtlich der Ausübung fundamentaler Aktionärsrechte auszutauschen. Dieses Prinzip wurde von der deutschen Regierung mitgetragen.

Institutional Investment: Herr Hirt, besten Dank für diese Erläuterungen.