Vor allem die jüngere Generation ist davon angetan: Dieser Ansicht sind über 80% der 18 bis 29-Jährigen. Gleichzeitig besitzen aber der BVI-Umfrage zufolge sechs von zehn Bürgern keine bAV. Dieses Ergebnis scheint paradox. Denn es gibt für Arbeitnehmer im Rahmen der Entgeltumwandlung bereits seit 2002 die Möglichkeit, steuer- und sozialabgabenfrei fürs Alter vorzusorgen – nur nicht automatisch. Vielmehr müssen die Mitarbeiter diese Vorsorgemöglichkeit aktiv einfordern. Bei einer Ausstiegsoption hingegen würde jeder neu eingestellte Arbeitnehmer – quasi unaufgefordert – eine bAV erhalten, es sei denn, er spricht sich ausdrücklich dagegen aus („Opting Out“).
Diese Lösung in Deutschland jedoch umstritten. Besonders die Arbeitgeber kleiner und mittlerer Unternehmen fürchten durch ein Opting Out zusätzliche bürokratische und finanzielle Belastungen. „Die positive Grundhaltung der Bevölkerung zum Opting Out sollten Politik, Tarifparteien und Arbeitgeber nutzen, um die betriebliche Altersversorgung stärker zu verbreiten. Der 2002 eingeführte Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung hat dieses Ziel nicht erreicht. Die bAV als „zweite Säule“ des deutschen Altersvorsorgesystems ist ausbaufähig“, kommentiert BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter.
Offenbar könnten die Bürger mit der derzeitigen Ausgestaltung der bAV wenig anfangen. Erschwerend komme hinzu, dass sich falsche Ansichten manifestiert hätten, etwa zur Übertragbarkeit bei einem Wechsel des Arbeitgebers. Von den Befragten, die keine bAV besitzen, lehnt die Hälfte davon diese kategorisch ab mit der Begründung „lohnt nicht“ (41%) oder „Vertrag nicht übertragbar“ bei Arbeitgeberwechsel (22%). Beides ist aber falsch.
Die Folgen in der Praxis: Arbeitgeber beklagen eine mangelnde bAV-Nachfrage seitens der Mitarbeiter, Arbeitnehmer ein fehlendes aktives Angebot ihres Unternehmens. Das ist eine Erkenntnis aus der bAV-Machbarkeitsstudie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), die im Juli vorgestellt wurde. „Ein Opting-Out-Modell könnte diesem Missstand abhelfen. Es muss jedoch nicht zwangsläufig den Gesetzgeber auf den Plan rufen, sondern kann von den Tarifparteien forciert werden“, sagt Richter. „Wichtig ist dabei, Alternativen in der bAV zu schaffen. Sie muss einfacher, flexibler und renditestärker werden.“
Derzeit dominieren bei den externen bAV-Durchführungswegen versicherungsförmige Strukturen. Ein gesunder Wettbewerb zwischen Versicherungs- und Fondslösungen fehlt noch völlig. „Der Grund dafür ist eine geradezu aktienfeindliche, staatliche Vorsorgepolitik in Deutschland. Während in den USA große Teile der betrieblichen Altersvorsorge über Opting-Out-Modelle in Aktien stecken, wird diese Anlageform in der Vorsorge in Deutschland immer noch systematisch benachteiligt“, so Richter. Diese Aktienaversion manifestiert sich auch in der privaten Altersvorsorge: Die Bürger sparen fürs Alter laut der aktuellen BVI-Umfrage mit Bausparverträgen (45%) – ein ursprünglich nicht für die Altersvorsorge konzipiertes Sparprodukt – und Kapitallebensversicherungen (37%). Doch festverzinslich gestaltete Versicherungsprodukte erwirtschaften in einer Niedrigzinsphase kaum Renditen. „Zinsgarantien sind heute keine valide Option mehr für langfristiges Sparen. Damit sich die Altersvorsorge rentiert, muss sie stärker Sachwerte einbeziehen und flexibler werden“, so Richter abschließend.
Deutsche für Opting Out in der bAV offen

Thomas Richter