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Die Welt der Pensionspläne - Eine Analyse

Immer mehr Pensionspläne verzichten auf feste Leistungszusagen, folgen also nicht mehr dem traditionellen Defined-Benefit-Prinzip. Dieser Trend ist unübersehbar. In der Vergangenheit haben die Medien das Thema - möglicherweise zu stark vereinfachend - als einen Wechsel von Defined Benefit zu Defined Contribution (DB beziehungsweise DC), also die Ablösung fester Leistungszusagen durch feste Beiträge, dargestellt. Die jüngste Studie des EDHEC-Risk Institute nennt Gründe für diesen Wandel und weist insbesondere auf das vermehrte Aufkommen von hybriden Pensionsplänen mit Defined-Benefit- und Defined-Contribution-Elementen hin.

Sander Zboray

Auch wir bezweifeln, dass DC einfach nur DB ablöst. Wir haben deshalb Pensionspläne in elf europäischen Ländern analysiert. Es zeigte sich, dass der Wandel viel komplexer ist: In Europa gibt es erheblich mehr Pensionsplanvarianten als gedacht. Während einige Länder eindeutig auf das DC-Prinzip umsteigen, wechseln andere von der DB- zur Hybridstruktur oder betrachten sie als Zwischenschritt auf dem Weg einer endgültigen Umstellung auf DC. Die Vielfalt zeigt vor allem Eines: Das ideale Modell gibt es ebensowenig wie ein Ziel, auf das alle Länder hinarbeiten.

Die Hybriden sind da
Entgegen allen Erwartungen haben hybride Pläne heute den größten Anteil am Pensionsplanmarkt – 48% des Gesamtvolumens, gefolgt von DB mit 34% und DC mit 18%. Vor zehn Jahren war das noch völlig anders. Im Jahr 2000 waren 72% des europäischen Pensionsplanvermögens DB. Anders als allgemein angenommen, ging der Rückgang der DB-Pläne mit einem Anstieg der Hybridstrukturen einher. Werfen wir also einen Blick auf die Auslöser dieses Trends.

Was steckt hinter dem Trend?
Die Antwort auf die Frage, warum das Volumen der hybriden Pensionsplanstrukturen so stark gestiegen ist, hat eine geographische und eine historische Komponente. Konkret haben wir zwei wichtige Faktoren identifiziert: Erstens bevorzugen einige große Länder, in denen früher DB dominierte, heute Hybridpläne. Zweitens spielten hybride Strukturen in Ländern mit hohen Sparquoten (wie man sie in Nordeuropa findet) schon immer eine große Rolle.

Ein gutes Bespiel hierfür sind die Niederlande. Der gemessen am verwalteten Vermögen zweitgrößte Pensionsplanmarkt Europas wechselte von einem System mit automa- tischer Anpassung der Pensionsansprüche und dem letzten Gehalt als Ausgangspunkt zu einem System mit dem durchschnittlichen Gehalt (während der Betriebszugehörig- keit) als Basis und einer an den Deckungsgrad des Pensionsplans (zur Mitte des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends ) gebundenen Anpassung der Pensionsansprüche. Faktisch entsprach das einem Wechsel von DB- zu einer Hybridstruktur.

Hybride Strukturen haben in Nordeuropa eine lange Tradition. Vor allem in den nordischen Ländern werden die Renten entweder von Lebensversicherungen gezahlt oder von betrieblichen Pensionskassen. Letztere werden rechtlich genauso behandelt werden wie Versicherungen (etwa die Pensionskassen in Deutschland). Da Ver- sicherungen im Falle einer Unterdeckung keinen Sponsor um zusätzliche Mittel bitten können, nehmen sie Risiken ernster und verteilen diese besser als traditionelle DB-Modelle.

In der Regel geschieht dies, indem den Versicherten eine jährliche Mindestverzinsung ihrer Beiträge garantiert wird und sie bei überdurchschnittlichen Anlagerergebnissen am Gewinn beteiligt werden. Da dieser Garantiezins für gewöhnlich sehr gering ist, waren Hybridpläne im Zeitablauf so stabil, dass sie keiner größeren Anpassung bedurften. Dennoch sind einige Pensionspläne mit hohen Zahlungsverpflichtungen aufgrund großzügiger Garantiezusagen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld unter Druck geraten.

Probleme haben beispielsweise dänische Pensionspläne, die ihren Kunden zum Teil eine Rendite von vier Prozent pro Jahr garantieren. Deshalb haben Samenpension (17 Mrd. Euro verwaltetes Vermögen) und Industriens Pension (12 Mrd. Euro verwaltetes Vermögen) letztes Jahr ihre hybriden Produkte in DC-Pläne umgewandelt und Marktzins-Produkte genannt.

DC-Pläne gibt es vor allem in Südeuropa: Italien, Frankreich, Spanien. Manche mag es überraschen, dass vor allem jene Länder mit DC-Modellen arbeiten, deren Sozial- systeme kollektivistisch organisiert sind, statt auf Eigenverantwortung zu setzen. Aber dafür gibt es eine Erklärung: Diese Länder haben ihre Altersversorgung erst relativ spät um die zweite Säulen ergänzt, und die meisten neuen Altersversorgungssysteme folgen dem DC-Ansatz.

In Italien sorgte erst die Rentenreform im Jahr 1993 dafür, dass viele Menschen Mitglieder von DC-Pensionsplänen wurden, und in Frankreich machte sogar erst die Rentenform im Jahr 2003 DC-Pläne einer breiteren Masse an Arbeitnehmern zugänglich. Auch die Gesetzgebung in Nordeuropa fördert zunehmend den DC-Ansatz. Ein Beispiel hierfür ist Schweden, wo 1998 mit der Rentenreform das Premium Pension System eingeführt wurde, bei dem 2,5% des Gehalts jedes Arbeitnehmers in DC-Pensionspläne investiert werden.


Vor allem Großbritannien sorgt für Zuwachs bei DC-Modellen
Am stärksten ist das Wachstum von DC-Plänen allerdings in Großbritannien, wenn auch noch nicht sehr lange. Hier gibt es schon seit Mitte der 1980er Jahre DC-Pensions- pläne, eingeführt von amerikanischen Finanzinstituten. Sie begannen damals, ihre Produkte in Großbritannien zu vertreiben. Richtig erfolgreich wurde der DC-Ansatz aber erst nach der Jahrtausendwende, als traditionelle DB-Betriebsrentenpläne aufgrund von Unterdeckungen und neuen Rechnungslegungsvorschriften geschlossen werden mussten. Stattdessen werden jetzt DC-Pensionspläne angeboten.

Fazit
Es gibt keinen allgemeinen Trend weg von Defined Benefit hin zu Defined Contribution. Allerdings gibt es eindeutig immer weniger DB-Pläne. Nach unserer Analyse sind europäische Pensionspläne erheblich vielfältiger als zunächst gedacht. Jedes europäische Land sucht nach einer Möglichkeit, sein Rentensystem zu stabilisieren und auf die Herausforderungen des demografischen Wandels, der Langlebigkeit und der niedrigen Zinsen vorzubereiten. Länder, die von Natur aus sehr flexibel sind, wie Deutschland und die nordischen Länder, brauchen ihre Rentensysteme nicht radikal umzustellen. Andere, die großzügige Garantien in Form von DB-Plänen gegeben haben, mussten oder müssen neue Wege finden – entweder durch Umwandlung ihrer bestehenden Pensionspläne in hybride Strukturen oder durch neue DC-Pläne.

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*) Sander Zboray ist Senior Clients & Markets Analyst bei AXA Investment Managers.