Foundation | Welcome

Menu


Experten: Schweizer Pensionssystem braucht „mehr Ehrlichkeit“

Die zweite Säule in der Schweiz braucht „mehr Ehrlichkeit“ – sowohl in ihren Versprechen an die Mitglieder, als auch in den Ertragsannahmen. Das erklärten Vertreter von Pensionskassen bei der ersten Swiss Pensions Conference, die von der Schweizer CFA-Gesellschaft organisiert wurde.

Christoph Ryter, Geschäftsführer der Migros Pensionskasse und Chef des Schweizer Pensionskassenverbandes ASIP, forderte „realistischere Ertragsannahmen“ für die Berechnung der Pensionen – vor allem im derzeitigen Niedrigzinsumfeld.

Yvan Lengwiler, stellvertretender Vorsitzende der Veranlagungskommission der Pensionskasse Basel-Stadt, gab zu, dass Pensionskassen „nicht wirklich ehrlich sind“ wenn es um Garantieversprechen geht, weil diese Garantien nur nominal sind und nicht an die Inflation angepasst werden.

Aber Ryter gab zu bedenken, dass Leute eine 2%ige Pensionssteigerung bei einer Inflation von 4% einer 0%igen Steigerung bei 2% Inflation vorziehen.

Und Markus Hübscher, Chef der SBB-Pensionskasse, hinterfragte, ob es sich tatsächlich um eine „Leistungskürzung“ - so hatten Kritiker eine weitere Senkung des Umwandlungssatzes genannt – handelt, wenn die gleiche Summe über einen längeren Zeitraum ausbezahlt wird, weil der Begünstigte länger lebt.

Der Aktuar und Pensionskassenexperte Oliver Deprez prophezeite einen Anstieg der Beitragszahlungen in der zweiten Säule, hielt aber fest, dass „das nicht unbegrenzt so weiter gehen kann“.

Ein Anheben des Pensionsalters über jenes in der ersten Säule hinaus sei bei den Pensionskassen nicht möglich, dazu müsse erst das staatliche Antrittsalter angehoben werden.

Er forderte die Regierung auf, eine neue Vorlage über die Senkung des Umwandlungssatzes aufzusetzen und betonte, dass diesmal auch eine Reihe von flankierenden Maßnahmen gesetzt werden müssen, wie etwa ein Anheben des Pensionsalters.

„Wir müssen Arbeit als etwas Gutes und Erstrebenswertes präsentieren“, sagte er. Die Maßnahmen betreffend ältere Arbeitnehmer, die als Teil der Strukturreform bereits in Kraft getreten sind, seien „ein Schritt in die richtige Richtung“.

Im vergangenen Jahr hatten die Regierung und Pensionskassenexperten einen Rückschlag erlitten, als sich die Mehrheit der Schweizer in einem Referendum gegen eine weitere Senkung des Umwandlungssatzes ausgesprochen hatte.

„Es scheint, dass der Leidensdruck noch nicht groß genug ist und somit die Notwendigkeit einer Reform nicht so offensichtlich“, sagte Pensionskassenexperte Claude Chuard.

Laut den Berechnungen von Dreprez müsste in der Schweiz das Pensionsantrittsalter für Männer bereits jetzt um vier Jahre angehoben werden und für Frauen um 3,5 Jahre – oder es müsste mehr Geld in das System fließen.

Chuard hielt fest, dass solche großen Reformen mit einer langen Vorlaufzeit, wie sie periodisch in der Schweiz vorgenommen werden, „mehr schaden als nutzen“, da die Probleme nur nach hinten verschoben werden.

Er nannte Schweden als Beispiel für ein Land, wo automatische Anpassungen, in kleinen Schritten, im Gesetz festgeschrieben sind.

Zur Unsicherheit der Prognosen von Langlebigkeitstabellen sagten Deprez und Chuard, dass es definitiv besser sei Annahmen zu machen, also für die Zukunft keine Prognose zu wagen.

„Wir können immer kleinere Anpassungen vornehmen, da es sich um langsame Entwicklungen handelt, aber wenn wir nichts machen, dann muss es wieder eine große Reform geben“, so Chuard.