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Expertenbeitrag: Wie man Renditen von Versicherungsanlagen in einem sich wandelnden Umfeld maximieren kann

Bislang haben europäische Versicherer nur einen geringen Teil ihrer Vermögensverwaltungsleistungen ausgelagert. Das ändert sich jedoch bereits, und zwar rasch. Dies ist durchaus als Vorbote für einen Paradigmenwechsel, in dessen Rahmen mittelständische Versicherungsgesellschaften ihr Investmentkonzept neu definieren und ihr Asset Management überwiegend outsourcen, zu sehen.

Sander Zboray

Die Entwicklung…
Noch Ende 2007 wurde die Verwaltung von nur rund fünf Prozent des europäischen Anlagevermögens an konzernfremde Asset Manager ausgelagert, während es in den USA bereits 14% waren. Seitdem sind beide Märkte rapide gewachsen. Nach Angaben des Insurance Asset Outsourcing Exchange vergaben US-amerikanische Versicherer in den Jahren 2009 und 2010 Vermögensverwaltungsmandate mit einem Volumen von insgesamt 103 Mrd. US-Dollar. 2008 lag diese Summe noch bei 18 Mrd. US-Dollar. In Europa platzierten Versicherungsgesellschaften im selben Zeitraum hingegen nur Mandate in Höhe von 58 Mrd. US-Dollar, gegenüber 11 Mrd. US-Dollar in 2008.

…hat gerade erst angefangen
Angesichts der Sogwirkung vielfältiger Faktoren wird dieser Trend voraussichtlich anhalten: Auf der Nachfrageseite hat der Druck auf die Investment-Abteilungen die Renditen zu steigern deutlich zugenommen. Grund ist das Zusammentreffen von Faktoren wie historisch niedrige Zinsen, in der Krise erlittene Verluste, zunehmender Wettbewerb durch (kostengünstigere) Direktanleger sowie aufsichtsrechtlich verordnete höhere Transparenz bei Kosten und Anlagerenditen. Im Ergebnis verlagern Versicherungsgesellschaften den Fokus ihrer Asset Allocation von den Staatsanleihen ihrer Heimatländer hin zu höher rentierlichen, komplexeren Anlageformen.

Für einen europäischen Versicherer ist es jedoch nicht ganz einfach, das mit einer US-Staatsanleihe verbundene Risiko einzuschätzen, von Emerging-Market-Staatsanleihen ganz zu schweigen. Sogar noch komplizierter ist die Investition in alternative Anlageformen, die die Mitwirkung erfahrener Spezialisten erfordert. In diesem Zusammen-hang ist das Erreichen einer kritischen Masse von entscheidender Bedeutung; daher lohnt sich die unternehmensinterne Verwaltung alternativer Investments nur für die größten Versicherungsgesellschaften. Für kleinere Versicherer macht es wirtschaftlich Sinn, die Hilfe spezieller Vermögensverwaltungsfirmen in Anspruch zu nehmen und von deren Größenvorteilen und Expertise zu profitieren.

Solvency II
Selbstverständlich spielen auch die Solvabilitätsvorschriften („Solvency II“) eine Rolle. Die Einführung dieses aufsichtsrechtlichen Rahmenwerks transformiert das Investmentgeschäft der Versicherungsbranche von Grund auf. Die Neuformulierung der Kapitalanforderungen für die verschiedenen Anlageformen sowie die Möglichkeit, dass Versicherer ihr eigenes internes Kapitalmodell konzipieren, haben neue Komplexitäten mit sich gebracht. Die Investmentteams von Versicherungen müssen jetzt sowohl wirtschaftliche Anlageerträge, Kapitalanforderungen und Aspekte der Rechnungslegung als auch die vor Ort geltenden bankenaufsichtsrechtlichen Vorgaben aufeinander abstimmen. Und die Vorteile, die durch geschickte Umsetzung zu erzielen sind, können beachtlich sein.

Nach unserer Einschätzung kann eine Lösung, die vollumfänglich den Solvabilitätsanforderungen nach Solvency II entspricht, gegenüber einem herkömmlichen Ansatz – bei vergleichbarem Renditeziel – die erwartete Eigenkapitalrendite langfristig um fünf Prozentpunkte heben. Überdies dürfte der Übergang zu Solvency II den Einsatz von Derivaten erneut beleben. Vor diesem Hintergrund ist es sogar noch wichtiger, Asset-Management-Leistungen auszulagern, da derivative Konzepte geeignete Systeme sowie spezialisierte Mitarbeiter in Front, Middle und Back Office erfordern.

Angebot ist vorhanden
Auf der Angebotsseite verstärken Asset Manager ihr Kompetenzspektrum, um Versicherungen entsprechend zu bedienen. So werden nicht nur die für die Betreuung von Versicherungsgesellschaften zuständigen Teams vielfach ausgebaut, sondern auch das Asset Management- und Service-Angebot verbessert. In der Vergangenheit boten nur wenige Asset Manager Vermögensverwaltungsleistungen an, die auf die Steigerung der Bucherträge abstell-ten. Daher zögerten viele Versicherer, die Verwaltung der in ihrem Lebensversicherungsportfolio gebundenen Assets mit langen Laufzeiten und dynamischen Anlageprofilen auszulagern. Das hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert: Laut Patpatia & Associates basierten bereits Ende 2007 63 Prozent aller extern platzierten Mandate auf Konzepten, die sich am Buchertrag orientieren. 

Ausblick
Wohin wird diese Entwicklung führen? Es zeichnen sich derzeit drei Formen des Outsourcing von Asset Management-Leistungen ab:

1) Nur Vermögensanlage: Der Asset Manager verwaltet nur einen Teil des Vermögens der Versicherung; dabei handelt es sich vorzugsweise um Assets ein und derselben Anlageform. Dies ist die häufigste Konstellation.

2) Vermögensanlage und zusätzliche Leistungen: Die Versicherer nehmen verstärkt professionelle Vermögensverwaltungsleistungen in Anspruch, um weitere Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette zu erfüllen - wie etwa strategische, dynamische beziehungsweise taktische Asset Allocation, Fondsbuchhaltung oder Optimierung der Kapitalrendite. Dadurch profitieren die Versicherungen vom gesamten Kompetenzspektrum des Asset Managers.

3) Umfassendes Fiduciary Management: Bei diesem Modell übernimmt der externe Vermögensverwalter nicht nur die Asset Allokation und Vermögensanlage, sondern wirkt gegebenenfalls auch an der Auswahl im Rahmen von Multi-Manager-Modellen sowie an der Risikosteuerung, dem aufsichtsrechtlichem Reporting und dem Rechnungswesen mit. In Europa – vor allem in den Niederlanden – entscheiden sich immer mehr Pensionsfonds für dieses Modell. Bei Versicherungen ist es jedoch noch nicht weit verbreitet. In den USA sind dagegen bereits viele mittelständische Versicherungsgesellschaften zu diesem Modell übergegangen. XL Re ist ein interessantes Beispiel für einen Versicherer, der in den letzten Jahren sein gesamtes, 32 Mrd. US-Dollar schweres Investmentportfolio ausgelagert hat, um – wie das Unternehmen in seinem Geschäftsbericht schreibt - „der Gesellschaft (...) flexiblen Zugang zu den besten Asset Managern in den verschiedenen Produktsegmenten und Märkten zu verschaffen“.

Es ist allerdings ein wesentlicher Unterschied zwischen Pensionskassen und Versicherungen festzustellen: Die Verbindlichkeiten von Versicherern lassen sich in der Regel nur schwer durch Modelle erfassen. Hinzu kommt, dass die Risikosteuerung im Versicherungsgeschäft eine grundlegendere Rolle spielt. Insofern ist fraglich, ob Versicherer das Asset-Liability-Management und die Risikosteuerung jemals im gleichen Maße wie Pensionskassen delegieren werden. In jedem Fall würden Versicherer weiterhin eine ausgeprägte Aufsichtsfunktion erfüllen müssen, beispielsweise durch Prüfung der verschiedenen Risikoindikatoren, die Präsenz eines Chief Investment Officers (CIO) oder der Steuerung und den Betrieb des Kapitalmodells.

Um vom Trend, Asset Management-Leistungen auszulagern, zu profitieren, werden Versicherungen – vor allem bei der Bewertung und Auswahl von Asset Managern – ihr Kompetenzspektrum ausweiten müssen. Das setzt die Herausbildung einer Multi-Management-Expertise und den Aufbau einer entsprechenden Abteilung voraus. Diejenigen Versicherungsunternehmen, die sich schon heute im Hinblick auf dieses Thema positionieren, können sich morgen einen entscheidenden Vorsprung in der Branche sichern.

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*) Sander Zboray ist Analyst bei AXA Investment Managers.