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Gastbeitrag: Ein Weg aus der deutschen Rentenkrise

Die kapitalgedeckte betriebliche Altersvorsorge kann deutschen Arbeitnehmern eine stabilere Zukunft ermöglichen.

Jan Müller

Kein anderes Alterssicherungssystem ist in Deutschland so verbreitet wie die gesetzliche Rentenversicherung. Rund 88% der Männer und 92% der Frauen im Alter von über 65 Jahren beziehen daraus ihre Altersleistung. Mit durchschnittlich 1.430 Euro brutto im Monat für Männer und 1.110 Euro brutto für Frauen handelt es sich hierbei um die wichtigste Einnahmequelle im Alter. Die traditionelle Abhängigkeit von der gesetzlichen Rentenversicherung erweist sich angesichts einer alternden Bevölkerung zunehmend als unhaltbar. Ein zusätzliches Einkommen aus der betrieblichen Altersversorgung beziehen aktuell rund 34% der Männer und 26% der Frauen über 65 Jahren. Dieses beträgt monatlich durchschnittlich 660 Euro brutto für Männer und 330 Euro brutto für Frauen. Damit würde ein statistischer Durchschnittsmann heute mit einer Kombination aus gesetzlicher Rente und betrieblicher Altersversorgung über monatlich 2.100 Euro gerade einmal 54% seines letzten Durchschnittsbruttogehalts abdecken können. Frauen sind auf Grund häufig kürzerer Beitragszeiten, dem höheren Anteil an Teilzeitarbeit und der im Durchschnitt niedrigeren Löhne dabei deutlich schlechter versorgt.

Empirische Daten zeigen, dass Portfolios mit einer höheren Aktienquote auf lange Sicht meist konservative, bargeldbasierte Anlagen übertreffen. Aktienbasierte Investitionen bieten langfristig das Potenzial für höhere Renditen trotz der damit einhergehenden, meist höheren Volatilität. Angesichts der langfristigen Natur der Altersvorsorge könnte ein gut diversifiziertes Portfolio, das Aktien enthält, den Wert der Altersvorsorgeguthaben im Laufe der Zeit erheblich steigern. Dieser Performanceunterschied kann erheblich sein und die Höhe des Vermögens und folglich die Lebensqualität im Ruhestand beeinflussen.



In diesem Kontext – dem sinkenden Versorgungsniveau aus der gesetzlichen Rente und eine kulturelle Neigung, aktienbasierte Sparformen zu vernachlässigen – könnte die bAV zum idealen Instrument werden, um einen überfälligen Wandel herbeizuführen.

Die ersten Schritte, um die bAV insbesondere für Arbeitgeber wieder attraktiver zu machen, wurden vom deutschen Gesetzgeber bereits unternommen. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz von 2018 wurde – neben diversen Mitteln zur Stärkung der bereits etablierten bAV – die Tür für eine reine Beitragszusage, auch Defined Contribution (DC) genannt, geöffnet. Damit handelt es sich also um einen Durchführungsweg, bei dem Arbeitgeber lediglich die Zahlung von Vorsorgebeiträgen garantieren, das Anlagerisiko jedoch beim Arbeitnehmer selbst liegt.

Bisher war die Resonanz seitens der Arbeitgeber jedoch enttäuschend. Da eine erfolgreiche Einführung des sogenannten Sozialpartnermodells einen komplexen Konsens zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften voraussetzt, kam es bislang nur zu drei umgesetzten DC-Modellen. In allen drei Fällen wurde das Sozialpartnermodell lediglich als zusätzlicher Durchführungsweg neben bestehenden Optionen der bAV angeboten. Kein einziger Arbeitgeber, der zuvor keine bAV angeboten hatte, hat durch die neue Regelung erstmals eine bAV implementiert.

Die Kraft der Beitragszusage
Doch die wahre Kraft der reinen Beitragszusage liegt nicht einmal in einer eventuell erhöhten Verbreitung der bAV, geschweige denn in höheren Beitragssätzen. Der Hauptgrund, warum Betriebsrenten und insbesondere Betriebsrenten mit reiner Beitragszusage die deutschen Rentenaussichten in Deutschland verbessern könnten, ist die Kraft der Standardanlage.

Da das Anlagerisiko einer bAV mit reiner Beitragszusage, wie sie z.B. in Großbritannien oder den USA praktiziert wird, beim Arbeitnehmer liegt, liegt auch die Verantwortung beim Arbeitnehmer, informierte Anlageentscheidungen zu treffen. Ein Kulturwandel bei der Herangehensweise deutscher Arbeitnehmer an die Altersvorsorge, insbesondere durch finanzielle Bildung, wäre erforderlich, um einer solchen Realität gerecht zu werden.

Die Geschichte in anderen Ländern mit höherer Marktdurchdringung von DC-Betriebsrenten hat gezeigt, dass viele Arbeitnehmer entweder nicht in der Lage sind, selbstständige Anlageentscheidungen zu treffen oder kein gesteigertes Interesse daran haben. Zudem sind viele Arbeitgeber nicht darauf spezialisiert, ihren Arbeitnehmern bei dieser Problematik unter die Arme zu greifen. Als Lösung können Arbeitgeber die Teilnehmer an Pensionsplänen standardmäßig in lebenszyklusorientierte Strategien investieren lassen, die von qualifizierten Anlageprofis verwaltet werden. Dabei haben sich Zielfonds als besonders gut geeignet erwiesen und sind so zur bevorzugten Wahl in den größten DC-Märkten weltweit geworden.

Zielfonds zeichnen sich als eine langfristige Anlagelösung aus, die speziell die Herausforderungen einer durchdachten Portfolioallokation sowie die risikoscheue Neigung deutscher Investoren adressiert. Das Fondsvermögen von Zielfonds wird diversifiziert investiert und kann dabei eine Mischung aus Aktien, Anleihen, Immobilienaktien und anderen Investitionen enthalten. Jeder Zielfonds ist durch ein Renteneintrittsjahr identifizierbar. So kann ein Anleger zum Beispiel einen Zielfonds mit einem Jahr auswählen, dass dem Jahr entspricht, an welchem ein Alter von 67 Jahren erreicht wird – das gesetzliche Renteneintrittsalter in Deutschland. Die Portfolioallokation von Zielfonds folgt einem vorgegebenen Gleitpfad, der die Vermögensmischung im Laufe der Zeit automatisch von risikoreich in jungen Jahren zu konservativ umschichtet, wenn sich die Investoren ihrem erwarteten Renteneintrittsdatum nähern.



Indem sie einem vordefinierten Gleitpfad folgen, passen sich die Investmentallokationen von Zielfonds den sich entwickelnden Bedürfnissen und Risikotoleranzen der Investoren während des gesamten Investitionslebenszyklus an, von der Ansparphase bis hinein in die Rentenphase. Dank dieser Eigenschaft werden Schlüsselentscheidungen, welche die langfristige Performance am meisten beeinflussen – Portfolio-Diversifizierung und Allokation sowie die Auswahl von Investmentvehikeln – von ausgebildeten Experten getroffen.

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*) Jan Müller, Head of Institutional Sales bei T. Rowe Price