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Gastbeitrag: Erwartungen an das Risikomanagement bei Immobilienanlagen

Die Steuerung von Immobilieninvestitionen kann durch erfolgreiches Risikomanagement optimiert werden, wenn mögliche Risiken frühzeitig erkannt und rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Die Anforderungen, die Gesetzgeber und Investoren an das Risikomanagement von Immobilienportfolios stellen, sind allerdings vielfältig.

Ralf Engels

Gesetzliche Vorgaben
Paragraph 80b des Investmentgesetzes (InvG) verlangt von Kapitalanlagegesellschaften, die Real-Estate-Fondsprodukte und Immobilienbestände für institutionelle Anleger verwalten, dass sie bei Immobiliensondervermögen Risikomanagementsysteme anwenden. Diese müssen laut Gesetz geeignet sein, wesentliche immobilienwirtschaftliche Risiken zu identifizieren, zu beurteilen, zu steuern und zu überwachen. Die Risikomanagement-Funktionen müssen zudem von einer unabhängigen Stelle übernommen werden, damit die Objektivität bei Entscheidungen nicht beeinträchtigt wird.

Immobilienwirtschaftliche Risiken und Steuerungsinstrumente
Adressenausfallrisiken
beziehen sich auf Verluste, die entstehen, weil Geschäftspartner Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen.

Zinsänderungsrisiken bestehen, weil die allgemeine Zinsentwicklung je nach Richtung der Zinsveränderung und der Exposition des Immobiliensondervermögens negative oder positive Effekte auf den Nettovermögenswert (NAV) haben kann. Die Effekte von Zinsänderungen auf das Immobilienvermögen kann das Risikomanagement mit Hilfe von Simulationen erfassen, um daraus mögliche Handlungsstrategien abzuleiten.

Währungsrisiken können auftreten, wenn in Ländern investiert wird, deren Währung nicht der Fondswährung entspricht. Alle Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz in Auslandswährung unterliegen Wechselkursrisiken. Diese müssen vom Risikomanagement überwacht werden.

Sonstige Marktpreisrisiken betreffen Verluste durch nachteilige Veränderungen von Marktpreisen und preisbeeinflussenden Parametern, wie dem Wert einer Immobilie oder Beteiligungsgesellschaft. Risikomanager können sie durch Simulationen auf der Objekt- oder Portfolioebene überwachen, um bei Bedarf Aktivitäten abzuleiten.

Liquiditätsrisiken, wie hohe Mittelabflüsse oder Mittelzuflüsse, können den Wert eines Immobiliensondervermögens beeinflussen. Insbesondere starke Mittelabflüsse stellen ein Risiko dar, weil eine kurzfristig notwendige Veräußerung von Immobilien in einigen Märkten nur sehr schwierig oder mit hohen Bewertungsabschlägen durchgeführt werden kann. Eine Liquiditätsplanung ist deshalb unverzichtbarer Bestandteil zur Steuerung eine Immobilienportfolios.

Operationelle Risiken betreffen Schäden, die durch menschliches Versagen oder externe Einflüsse entstehen, aber auch durch Versagen oder Unangemessenheit von internen Verfahren und Systemen.

Erwartungen an den Risikomanager
Angesichts der vielen Risiken, die bei Immobilieninvestments auftreten können, fordern Investoren von Risikomanagern den Einsatz hinreichender Werkzeuge und ausgereifter Prozesse. Zuerst wird von einem Risikomanager die Beschreibung einer Risikostrategie, in der alle Maßnahmen festgelegt sind, mit denen Risiken erfasst, bewertet und gesteuert werden, erwartet. Wichtig dabei ist, dass gewonnene Informationen in einem Regelkreislauf zur laufenden Überarbeitung und Verbesserung des Systems genutzt werden.

Für das Management der Risiken sind verschiedene Instrumente einsetzbar. Diese müssen mindestens den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und die Anforderungen der Investoren sowie des Asset- oder Fondsmanagements berücksichtigen. Gegebenenfalls sind die Instrumente zudem in die Risikomanagementsysteme der Investoren zu überführen. Die Gesamtheit aller Instrumente bildet schließlich ein ganzheitliches Risikomanagementsystem.

Planungs- und Analyseprozess
Die Umsetzung eines funktionierenden Risikomanagements beginnt mit einem standardisierten Planungsprozess. Dabei werden grundsätzliche Prämissen bezüglich der Einflussgrößen, die sich auf die Objektplanung auswirken, und derjenigen, die direkt die Fondsplanung betreffen, festgelegt. Das Asset Management übernimmt anhand dieser dann die Planung der einzelnen Objekte. Die Objektplanung wird plausibilisiert und mit der Objektstrategie abgestimmt. Ergänzt um weitere Faktoren erfolgt dann die Fonds-/Portfolioplanung. Eine genehmigte Planung auf allen Ebenen ist die Basis des Risikomanagements, um Abweichungen des „Ist“ gegen den „Plan“ zu erfassen und entsprechende Handlungsalternativen aufzuzeigen.

Die im Zuge des Risikomanagementprozesses gewonnenen Informationen können in einer Fondsrisikoanalyse, einer Sensitivitätsanalyse oder auch als Key Risk Indicators (KRI) zur Unterstützung des Asset- oder Fondsmanagements und der Investoren aufbereitet werden.

Fondsrisikoanalysen dienen dazu, Reaktionen des Sondervermögens auf extreme Marktsituationen oder Objektgegebenheiten zu prüfen. Dabei werden Risiken aufgrund ungewöhnlicher Änderungen wertbestimmender Faktoren und ihrer Zusammenhänge berücksichtigt. Die Ergebnisse der Stresstests müssen aufbereitet und mit Handlungsempfehlungen versehen werden.

Zur Begrenzung der Risikokonzentration müssen für bestimmte Risikokategorien Limitsysteme zur Anwendung kommen. Sie umfassen eine Definition der Risikobeurteilung, Limitgrenzen und Maßnahmen, die sich aus der Überschreitung der Limits ergeben. Das eingegangene Risiko kann zum Beispiel in drei Ampelkategorien mit den Farben grün, gelb und rot eingeteilt werden. Ein Limitsystem muss von historischen Zeitreihen und Erfahrungswerten abgeleitet und gemeinsam mit dem Fonds- beziehungsweise Asset Management entwickelt werden.

Sensitivitätsanalysen sind eine Unterstützung des Risikomanagements für das aktive Fondsmanagement. Sie dienen dazu, rechtzeitig mögliche Auswirkungen auf gesetzliche und interne Limits aufzuzeigen und dadurch den Managementspielraum für Objekte, Fonds oder das Portfolio zu klären.

Key Risk Indicators (KRI) sind Schlüsselrisikoindikatoren. Unterschiedliche Risikoarten können im Risikomanagementsystem als KRI abgebildet und ihre Limitgrenzen pro Risikokategorie dargestellt werden. Die KRI können unterschiedliche Ausprägungen haben und müssen regelmäßig überprüft und an sich verändernde Rahmenbedingungen angepasst werden.

Für Simulationen auf Objekt-, Fonds- und Portfolioebene, die Ermittlung von KRI und Sensitivitätsanalysen sind Quantität und Qualität der Eingangsdaten von entscheidender Bedeutung. Im Controlling aufbereitete Daten und Planungen sind die Basis für ein adäquates Risikomanagement. Deshalb ist eine enge Verbindung zwischen Controlling und Risikomanagement erforderlich.

Risikosteuerung durch den Action Plan
Damit aktives Risikomanagement erfolgreich ist, müssen die erfassten Risiken gesteuert werden. Dies erfolgt über „Action Plans“, die eine kurze Beschreibung der Aktivität enthalten. Diese ist erforderlich, um die Exposition gegenüber einem Risiko zu reduzieren, und sie geben einen Zeitraum an, bis zu dem die Exposition auf das gewünschte Maß reduziert ist. Die mit Risikomanagement-Werkzeugen gesteuerten Risiken müssen in einem Risiko-Reporting zusammengefasst werden.

Fazit
Die Erwartungen an das Risikomanagement können von Anleger zu Anleger unterschiedlich ausfallen. Aus gesetzlichen Gründen und zur Realisierung des jeweiligen Anlagezieles ist es aber unerlässlich, sowohl bei direkten als auch bei indirektem Immobilieninvestments durch die Kombination verschiedener Risikomanagement-Werkzeuge das Chance-Risiko-Verhältnis zu optimieren, indem die eingegangen Risiken gesteuert und minimiert werden. Gutes Risikomanagement erhöht zudem die Transparenz im Fonds- und Asset Management und beim Investor und hat positive Auswirkungen auf die Investorenbindung, da es bewusst in Kauf genommene Risiken frühzeitig erkennen und aktiv steuern kann. Risikoaversen Investoren kann so zusätzliche Sicherheit beim Immobilienmanagement vermittelt werden.


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Ralf Engels ist Global Head of Fund Controlling and Reporting bei AXA Investment Managers.