Wie dem auch sei: Asset Management sollte eigentlich Langfristcharakter haben. Trotz den derzeit sehr „dynamischen Börsen“ könnte es der Asset Management-Industrie in Deutschland kaum besser gehen. Die Zeichen stehen zumindest strukturell auf Wachstum: Regulierungsvorschrift wurden geändert, die Produktmanagement-Abteilungen der einheimischen Kapitalanlagegesellschaften können über Langeweile nicht klagen und Ausländer wissen Deutschland als attraktiven Markt zu schätzen. Deutschland ist aktuell einer der bevorzugten Investitionsziele für Private Equity-Investoren. .Kurz- bis mittelfristiges „Börsenrauschen“ kann zwar selbst im schlimmsten Fall (Dax 5000?) einen starken Dämpfer verursachen, aber die Börsenjahre ab 2000 bis 2007 haben gezeigt, das der Asset-Management-Weltuntergang verschiebbar zu sein scheint. Die folgenden Punkte können Hoffnung geben. Was sind derzeit ausgewählte, wichtige Diskussionspunkte in der deutschen Fondsindustrie?
Katalysatoren für Publikumsfondsindustrie: Abgeltungsteuer, MiFID
Die Fondsindustrie ist dafür bekannt, oft prozyklisch zu agieren. Gerade das Thema Steuern wird gerne als Marketing-Instrument in Deutschland genutzt. In der Langfristbetrachtung gesehen oft mit „fragwürdigen“ Ergebnissen. Eine seriöse, langfristig orientierte Vermögensplanung für Privatanleger wird durch diesen Steuer-Fokus nicht unbedingt erleichtert. Worum geht es bei dieser Steuerregelung? Einer der wesentlichen Punkte: Ab 2009 werden Zinsen, Dividenden und Kursgewinne pauschal mit 25 % versteuert. Die Marketing-Maschinerie der Fondsindustrie läuft auf Hochtouren: Dachfonds bzw. Superfonds (UCITSIII, „Vermögensverwaltende Ansätze“) und die deutsche Private Label Fonds-Industrie (Beispiele: Universal Investment und Hauck & Aufhäuser) erhalten ein eigenes Sonder-Konjunkturprogramm. Zusätzlich werden die Themen Fondspolicen und eine Luxemburger Spezialfondslösung (SIF – „specialised investment funds“) – fälschlicherweise als „Privatanleger-Fonds“ vermarktet – in die Diskussion geworfen. Die MiFID-Vorschrift, die Ende des Jahres in Kraft tritt, kann dazu führen, dass sich in Deutschland die durchschnittliche Qualität der Finanzberatung verbessern kann. Verschärfte Dokumentationsvorschriften und erhöhte Kostentransparenz bei Finanzprodukten, die zum Beispiel durch unabhängige Finanzvermittler vermittelt werden, kommen dem Verbrauchen zugute. Natürlich ist die Fonds- und Zertifikate-Industrie in Deutschland nicht unumschränkt erfreut über diese „Transparenz-Entwicklung“. Vielleicht sind aber auch qualifiziertere Vermittler eine gute Grundlage für verstärkten Vertrieb von Fondsprodukten.
Produktpolitik
Die Fondsindustrie verhält sich auch in Deutschland bei der Produktauflage prozyklisch. Ähnlich wie im Bereich Abgeltungssteuer wird oft mit Themen gespielt, die scheinbar einen Marketing-Anreiz bieten: Klimaschutz-, Nachhaltigkeits- und 130-30-Fonds (Beispiel: DWS) sind Beispiele für diese Politik. Themen wie Multi-Asset-Klassen-Ansatz, Absolute Return und Alternative Investments werden begleitend intensiv diskutiert. Die Provisionsgestaltung (Bestands- und Management-Fee) dieser Produktansätze bietet verstärktes Vertriebspotential. Auch hier zeigt sich wieder, dass Retail- und Presseindustrie der Entwicklung in der Regel hinterherlaufen. Superfonds (UCITS III) gibt es schon seit 2004 auf dem deutschen Markt, langsam wurde Track-Record aufgebaut. Als Variante werden jetzt verstärkt 130-30-Fonds aufgelegt. Für jemanden, der das institutionelle Geschäft aufmerksam verfolgt – ein alter Hut. Nichtsdestotrotz: Die Marketing- und PR-Maschinerie läuft. Befruchtend könnte die Entwicklung im UCITS III-Bereich für die Hedgefondsindustrie in Deutschland sein. Einer der derzeitigen Hindernisse für den endgültigen Durchbruch im Retail- und Institutional-Business ist u. a. der nicht-öffentliche Vertrieb vieler Hedgefonds. Eine mögliche Entwicklung könnte sein, dass neue Produkte zum Beispiel unter Zuhilfenahme der UCITS III-Regulierung aufgelegt werden („Hedgefonds-light“). Teilweise eingeschränkte Anlagepolitik (Strategie, Prozess) versus vereinfachter Marktzugang – ein Abwägeprozess. Deutschland scheint als Fondsauflage-Standort diesbezüglich gegenüber Luxemburg zunehmend attraktiv („Backslash“).
Konvergenz von Institutional und Retail Business, Fondsboutiquen
Publikumsfonds und Fondsboutiquen erfreuen sich schon längerer Zeit in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland einer verstärkten Wahrnehmung durch institutionelle Anleger. Dieser Trend hat sich verstärkt und wird sich verstärken. In der Publikumsfondsindustrie herrscht aufgrund der öffentlich zugänglichen Informationen – Presse, Rating- und Rankingagenturen – eine hohe Wettbewerbsintensität. Diese fehlt in der Regel im Spezialfondsgeschäft. Die Transparenz bei Publikumsfonds erleichtert den Marktzugang von kleinen und größeren Fondsboutiquen. Der Core-Satellite-Ansatz, Style-Investing und Exchange Traded Funds sind weiterhin heiß diskutierte Themenfelder bei institutionellen Investoren. Leicht übertreibend könnte man sagen, in- und ausländische Fondsboutiquen setzen die etablierten deutschen Kapitalanlagegesellschaften einem gesunden Wettbewerbsdruck aus. Mittlerweise registriert die Presse mit Interesse den verstärkten Wechsel von Portfoliomanagern großer Gesellschaften zu Fondsboutiquen.
Consultants, Marketing und Sales, Markteintritt für ausländische Fondsgesellschaften
Die Bedeutung von Consultants für die Asset Management ist in Deutschland stark entwickelt, wobei die angelsächsischen Länder noch einen Vorsprung haben. Eine interessante Entwicklung besteht darin, dass auch die Consultants in Deutschland nicht umhin kommen, sich noch stärker mit Publikumsfonds auseinanderzusetzen. Die erste deutschlandweite Consultant-Studie (TELOS/Markus Hill) hat in 2006 bereits diesen Trend bestätigen können. Die nächste spezialisierte Studie (2. Auflage!) von FAROS Consulting zu diesem Themenbereich steht an. Viele Institutionelle bedienen sich mittlerweile dem Produkt Master-Segment-Fonds (Beispiel EnBW, einer der größten Energieversorger in Deutschland). Häuser wie Feri, Mercer und Fondsconsult beschäftigen sich schon lange Zeit sich intensiv mit den Gebieten Multi-Management. Kontrovers wird in diesem Zusammenhang die Scheidelinie zwischen Consultant- und Fondsmanager-Funktion in den Fachmedien diskutiert. Ein weiterer Trend: „Modularisierung der Fondsindustrie“ (Funds@Work) – die Aufbrechung der Wertschöpfungskette. Für ausländische Asset Manager zwecks Markteintritt interessant: In Deutschland etabliert sich langsam eine eigene Klasse von Sales- und Marketing-Consultants. Nach all den Markeintrittsfehlern von manchen Ausländern in der Vergangenheit – „hit-and-run-Strategie“, keine lokale Präsenz, keine Abstimmung von Produktangebot und Zielgruppe –erscheint dies als ein interessanter Professionalisierungstrend.
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Informationen und Kontakt zum Autor:
*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management-Consultant in Frankfurt am Main, E-Mail: <link>m.hill@mh-services.biz
Unten angefügt finden Sie auch den Link zur englische Fassung, die im European Fund Manager erschienen ist.