In einer möglicherweise noch fern liegenden Zukunft könnten sich alle Deutschen in eine sichere Webseite einloggen, um sich ihre Rente aus allen Säulen im Rentensystem berechnen zu lassen.
Auf der Webseite würden dann alle verfügbaren Daten zusammengefügt und aufgrund der Prognoserechnungen würden die monatlichen Zahlungen in aktueller Kaufkraft zum Zeitpunkt der Anfrage ausgewiesen.
Soweit der Vorschlag zu einem Renten-Cockpit bzw. einer „Säulenübergreifenden Altersvorsorgeinformation“ aus einer Studie, die bei der diesjährigen Handelsblatt bAV-Tagung in Berlin vergangene Woche präsentiert wurde.
Für die Untersuchungen waren von der Regierung das Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität Ulm (uulm) sowie das Beraterhaus Aon beauftragt worden.
BMAS-Vertreter Konrad Haker bestätigte in einer Paneldiskussion, dass dieser Vorschlag von der Regierung nun geprüft werde: „In den nächsten Wochen und Monaten werden wir Gespräche mit Stakeholdern führen und Grundsatzentscheidungen treffen, für die ein Konsens nötig sein wird: Was muss die Plattform können, wie strukturiert man sie und welche Organisationsform ist am besten geeignet.“
Im vergangenen Jahr hatte die Regierung den „Deutsche Renten Information e.V.“ geschaffen, um eben ein solches Renten-Cockpit zu schaffen. Der Verein hat bereits im vergangenen Jahr im Rahmen einer Pilotstudie ausgewählte Bürgerinnen und Bürger eingeladen, Informationen ihre Rente betreffend auf eine Webseite hochzuladen, um dann eine Berechnung ihres Alterseinkommens zu erhalten.
Allerdings stellte sich heraus, wie die uulm/Aon-Studie festhält, dass nur ein Bruchteil die Informationen tatsächlich zur Verfügung stellten oder – in vielen anderen Fällen – Daten hochgeladen haben, die nichts mit der Altersrente zu tun haben.
Keine zentrale Datenspeicherung
In der nun vorliegenden Studie schlagen die Autoren eine zentralisierte, digitale Plattform vor, die höchstwahrscheinlich von einer Regierungsorganisation getragen werden sollte, aber von einem oder mehreren Anbietern administriert wird.
Darauf sollen die Daten koordiniert aber nicht gespeichert werden, betonten die Autoren und Autorinnen bei der Vorstellung des Konzepts.
Die Daten würden nur für den Zeitpunkt der Abfrage zusammengeführt.
„Danach wird die Information wieder von der Plattform gelöscht und verbleibt nur bei den Anbietern, die die Daten bereits besitzen“, sagte Hans-Joachim Zwiesler, Professor an der Universität Ulm und einer der Autoren des Berichts.
Er sagte, die Modellberechnungen sollten „den Usern zur Verfügung gestellt werden“ und leicht downloadbar sein, denn sie könnten „verwendet werden, wenn man professionelle Beratung über Zusatzvorsorge-Modelle braucht“.
Allerdings betonte Zwiesler, dass „Beratung nicht Aufgabe der Plattform“ sei.
In der Studie wird für die Webseite lediglich ein Online-Glossar vorgeschlagen, sowie „allgemeine Informationen“ zu den Rentenbestandteilen. Weiterhin könnte deren steuerliche Behandlung sowie Modell-Szenarien zur Sinnhaftigkeit von Zusatzzahlungen aufgeführt werden.
In Bezug auf die Informationen, die die Unternehmen und Altersvorsorgeeinrichtungen zur Verfügung stellen müssen, betonte Co-Autorin Gundula Dietrich, Partner bei Aon, dass wahrscheinlich ein gewisser Druck notwendig sein werde: „Totale Freiwilligkeit ist nicht zielführend“, so Dietrich bei der Handelsblatt-Tagung.
In einem ersten Schritt wolle man Unternehmen und Anbieter dazu bringen, in einer Probephase mitzumachen.
Zuallererst muss sich jedoch die Regierung über eine solche Probephase einig werden – am besten im breiten Konsens mit Stakeholdern und Opposition – und auch die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen.
Dietrich und Zwiesler riefen dazu auf, zumindest eine „Lite“-Version einer Renteninformation „so bald wie möglich“ zu schaffen.“
„Wenn wir warten, bis alle Fragen geklärt sind, dann starten wir noch lange nicht“, sagte Dietrich. Und sie fügte hinzu: „Es darf nicht erwartet werden, dass diese Informationen die komplexe Welt der Altersvorsorge heilen. Hier wird nur gesammelt, gefiltert und aggregiert.“
Die Autoren sehen außerdem die Möglichkeit, dass ein solches Renten-Cockpit eine Rückkoppelungseffekt auf die Standardisierung von Informationen und Anbieter haben kann sowie auf deren Qualität. In einigen Fällen müssten dafür auch „Kisten aus dem Keller“ geholt und digitalisiert werden, wie es ein Zuhörer ausdrückte.
Die Begeisterung hält sich in Grenzen
Gegenüber IPE gaben diverse bAV-Stakeholder in den Konferenzpausen an, dass sie und auch andere in der Branche das Projekt nur bedingt begrüßen.
Vertreter größerer Unternehmen, die selbst Versorgungseinrichtungen haben, glauben, dass ihre Mitarbeitenden bereits genügend Informationen erhalten. Sie könnten auch jederzeit mehr Details haben - allerdings nicht immer innerhalb von Minuten, wie es auf der Plattform der Fall sein soll.
Vertreter von kleineren Pensionskassen, die mehrere Firmen und Vereine betreuen sehen eine solche säulenübergreifende Renteninformation als „sehr wichtig“ an.
„Wir halten die Umsetzung für machbar“, sagte Dietrich. „Und ich glaube es wäre schon wichtig, wenn wir jedem Bürger und jeder Bürgerin mitteilen könnten, wo ein Rentenanspruch besteht, dann wäre das ein wesentlicher Erfolg.“
Nach der Pilotphase könnte das tatsächliche Projekt dann „innerhalb von zwei bis drei Jahren“ tatsächlich starten, zeigte sich Dietrich überzeugt.
In einer Ad-hoc Online-Umfrage unter den Konferenzteilnehmenden gaben 81% an, dass Immobilien-Vermietungseinkünfte nicht in mögliche zukünftige Berechnungen über ein Renten-Cockpit einfließen sollten. 16% würden auch ihre Wertpapierdepots nicht inkludiert sehen wollen.
<link https: www.bmas.de shareddocs downloads de pdf-publikationen forschungsberichte>Die Studie steht auf der BMAS-Webseite zum Download zur Verfügung.
Handelsblatt bAV-Tagung: Vorschlag zu „Säulenübergreifender Altersvorsorgeinformation“ enthält keine Beratung
