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Investorenkommunikation: Persönlicher Austausch statt purer Pflichterfüllung

Eine neue Studie von ergo Kommunikation beleuchtet das Kommunikationsbedürfnis institutioneller Anleger. Das Stichwort ist Informationskultur.

Holger Nacken

Sicher, langfristig, zuverlässig: Das Geschäft mit institutionellen Investoren gilt für viele Asset Manager als Königsweg, um ihre teilweise volatilen Erträge zu verstetigen. Dass dazu auch exzellenter Service gehört, sollte in einer Dienstleistungsgesellschaft eigentlich selbstverständlich sein. Doch fühlt sich der institutionelle Kunde wirklich als König? Eine aktuelle Umfrage des Beratungsunternehmens ergo Kommunikation unter 250 Stiftungen, Banken, Versicherer, Pensionskassen und Consultants nährt daran Zweifel. 50% der Umfrage-Teilnehmer wünschen sich vor allem mehr persönliche Informationen hinsichtlich der Strategie des Fondsmanagements und der Begründung der bisherigen Wertentwicklung sowie über das Unternehmen selber. Rund 37% der Teilnehmer bewerteten die Informationsveranstaltungen ihrer Asset Manager als lediglich „befriedigend“, 12% gar nur als „ausreichend“.

„Kritisiert wird vor allem die teilweise gesichtslose Standardkommunikation der Asset-Manager“, fasst ergo-Geschäftsführer Holger Nacken das Ergebnis der Umfrage zusammen. Bei einigen Investoren komme bisweilen der Verdacht auf, dass manchmal der Computer nicht nur die Anlagepolitik bestimme, sondern auch die Kommunikation mit den Kunden. „Viele Kunden  im institutionellen Segment wünschen sich mehr persönlichen Kontakt mit den Menschen, denen sie das von ihnen verantwortete Kapital und letztlich auch Teile ihrer eigenen Karriere anvertraut haben“, sagt Nacken.

Schließlich müsse sich der Leiter Kapitalanlage oder Treasury auch vor seinen Vorgesetzen für die Auswahl der Asset Manager verantworten. „Wer als Asset-Manager offen die Performance der Vergangenheit erläutert und schlüssig die Zukunftsstrategie formuliert, stärkt damit auch die persönliche Position seines Auftraggebers und damit die Vertrauensbasis“.

Diesen Eindruck bestätigen auch Consultants. Besonders in Krisenzeiten gebe es in der direkten Kommunikation noch Optimierungsbedarf, betont etwa Carl-Heinrich Kehr, Principal im Bereich Investment Consulting bei Mercer in Deutschland: „Gerät ein Marktsegment in eine Schieflage oder verlässt ein wichtiger Mitarbeiter den Asset Manager, sind proaktive Kommunikation und individuelle Ansprache besonders wichtig. Der Kunde sollte dies nicht aus der Zeitung erfahren, hier muss der Geschäftsführer oder der verantwortliche Fondsmanager selber zum Hörer greifen.“ Gerade in der Finanzkrise sei bei manchem institutionellem Anleger das Gefühl aufgekommen, er werde von seinem Asset Manager alleine gelassen. Ein Branchen-Insider einer großen Versicherung bringt es auf den Punkt: „Es kann nicht sein, dass ich als Kunde selber nachfragen und mir elementar wichtige Informationen holen muss. Das ist eine Bringschuld.“ Kehr hat beobachtet, dass besonders Asset Manager in Wachstumsphasen Schwierigkeiten haben, ihre Betreuungsqualität dauerhaft auf einem hohen Niveau zu halten.

Noch hat sich dies allerdings nicht nachhaltig negativ niedergeschlagen: Durch die Finanzkrise ist bisher kein Vertrauensverlust bei institutionellen Kunden zu erkennen. Fast 100% der Teilnehmer gaben in der ergo-Studie an, dass ihr Verhältnis zur Asset Management Branche gar nicht oder nur sehr wenig belastet sei. „Im Gegensatz zum Retail-Bereich ist das Kind noch nicht in den Brunnen gefallen“, sagt Nacken. Ein Blick auf die Absatzzahlen bestätigt diese Entwicklung. Von den im ersten Quartal 2010 eingesammelten per Saldo 31,4 Mrd. Euro neuen Anlagemitteln entfielen 20,8 Mrd. Euro auf das institutionelle Geschäft mit Spezialfonds und Vermögen außerhalb von Investmentfonds. Lediglich 10,6 Mrd. Euro haben Anleger seit Jahresbeginn in Publikumsfonds investiert.

„Die Manager von Pensionseinrichtungen, Versicherungen und Stiftungen schauen bei Auswahl eines Asset Managers jedoch mittlerweile nicht nur auf die Qualität der einzelnen Dienstleistung, sondern verstärkt auch auf den Anbieter selbst und dessen Kommunikationspolitik“, sagt Nacken. 85% der Umfrageteilnehmer halten dabei die Medienberichterstattung über den Asset Manager für wichtig. Dessen Renommee hat für über 30% der Befragten eine hohe Bedeutung, für 50% der Teilnehmer sogar eine sehr hohe Bedeutung.

Stimmen aus der Branche bestätigen dies. „Das Bild, das die Medien von einer Gesellschaft zeichnen, ist für uns sehr wichtig“, heißt es im Front Office Kapitalmarktanlage einer großen hessischen Versicherungsgesellschaft.

Hinsichtlich der Zeitungsnutzung gaben gut 62% der Teilnehmer an, das Handelsblatt häufig zu lesen. Auf den weiteren Plätzen folgen Börsen-Zeitung (50%)  und Financial Times Deutschland (37,5%). „Wer als Asset-Manager seine Kompetenz durch eine regelmäßige Präsenz in den Leit- und Fachmedien untermauern kann, hat deutliche Wettbewerbsvorteile“, fasst Nacken zusammen.

Gerade bei der Vergabe neuer Mandate empfehlen Consultants, sich im Vorfeld auch genau anzusehen, wie viel Wert die Gesellschaft dem Thema Kundenpflege und Kommunikation beimisst. „Einen Request-for-Proposal-Fragebogen auszufüllen und in den relevanten Datenbanken vertreten zu sein, zählt zum Pflichtprogramm der meisten Gesellschaften“, sagt der unabhängige Asset-Management-Consultant Markus Hill. Spannend sei die Frage, welche Qualität die darüber hinausgehende Kommunikation habe. Das zeige sich zum Beispiel bei Newslettern. „Es geht nicht um Masse, sondern um Klasse. Benötigt die Gesellschaft ein 20-seitiges, engbedrucktes englisches White Paper, um ein Investmentthema darzustellen, oder gelingt ihr das auch sauber und kompakt auf zwei Seiten auf Deutsch?“ Hier gibt es nach Hills Meinung den meisten Optimierungsbedarf. Mercer-Experte Kehr ergänzt: „Investoren erhalten eine wahre Flut an Informationen. Es herrscht dabei aber ein Mangel an Klarheit und Orientierung“. Für Kehr gilt das auch für Transparenz im Business Management. Er empfiehlt, genau hinzuschauen: Es sei ein gutes Zeichen, wenn die Gesellschaft zum Beispiel auf Nachfrage offen darüber informiere, auf wie vielen Schultern der Anlageprozess ruhe und welche Anreize es für Spitzenleute gebe, im Unternehmen zu bleiben. Generell könne man der Branche in dieser Hinsicht kein schlechtes Zeugnis ausstellen. „Manche Anbieter sind jedoch noch etwas verschlossen, weil sie Sorge davor haben, Interna preiszugeben. Mitunter ist der Grund aber auch, dass sie eigene Schwachstellen fürchten.“ Consultants wie Towers Watson oder Mercer werden bei einer Kommunikations-verweigerung jedoch erst recht misstrauisch.

Insgesamt ist jedoch bei vielen Asset-Managern die Bereitschaft zu erkennen, dem Wunsch nach persönlicher und offener Kommunikation verstärkt nachzukommen. „Man differenziert sich aber nicht durch nette Gespräche auf dem Golfplatz, sondern durch Service und Erreichbarkeit und hochrangig besetzte Kundenveranstaltungen“, sagt Susanne Hellmann, Managing Director bei ING Investment Management Germany  in Frankfurt. Als Unternehmen mit ausländischen Wurzeln sei es wichtig, sich den Gegebenheiten in Deutschland anzupassen. „Angelsächsische Manager, die glauben, mit zwei Sales-Leuten und Marketingmaterial auf Englisch am Markt zu bestehen, dürften es schwer haben.“

Auch bei Pioneer Investments betont man die Besonderheiten des heimischen Marktes: „Das Spezialfondsgeschäft ist ein deutsches Phänomen, das man kennen muss“, sagt Dr. Wolfgang Kirschner, bei Pioneer Investments zuständig für das institutionelle Geschäft. „Bei der Beziehungspflege ist es natürlich hilfreich, dass bei uns das Management dieser Fonds in München angesiedelt ist, da ist der Weg zum Investor nicht weit“. Auf der Veranstaltungsseite erkennt Kirschner branchenweit einen Trend zu höherer Qualität. Die Entwicklung gehe weg von zu marketinglastigen Ansätzen. Pioneer Investments selbst setzt bei seinen „European Colloquia“ etwa auf Vorträge von Nobelpreisgewinnern.

Egal ob ausländische oder inländische KAG: Besonders im Internet sehen viele Anbieter derzeit noch Optimierungspotenzial. „Generell kreisen viele Webseiten in der Branche um die Pole ‚zu banal’ oder ‚zu kompliziert’“, diagnostiziert Matthias Stapelfeldt, Direktor Corporate Marketing & Communications bei Union Investment. Eine Einsicht, die von so manchem Investor geteilt wird. Rund 37% der ergo-Umfrage-Teilnehmer bewerteten die Webseiten der Anbieter lediglich mit der Note „ausreichend“. Um der Beliebigkeit zu entgehen, hat man sich bei Union dazu entschieden, das Thema Risikomanagement im Netz kommunikativ zu besetzen. Dementsprechend findet sich die institutionelle Union-Präsenz unter www.die-risikomanager.de im Netz. Verschiedene Konferenzformate runden hier die Positionierung ab.

Die Beispiele zeigen: In der Branche findet derzeit ein Umdenken in der Kommunikation statt. „Wir sind gespannt, ob dies bereits bei der nächsten Umfrage 2011 von den Investoren gewürdigt wird“, so Nacken abschließend.