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IWG warnt vor übereilten Vorsorge-Fonds-Plänen

In einer neuen Studie deutet das Hamburger Institut für Wirtschaft & Gesellschaft (IWG) darauf hin, dass Rentenreformpläne in Deutschland oft kurzsichtig umgesetzt werden.

„In der Vergangenheit hat der Gesetzgeber Fehler gemacht (…) Heute ist Deutschland wieder genau auf diesem Weg.“ So lässt sich etwas überspitzt das Fazit der jüngsten IWG-Studie zusammenfassen, die im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersversorgung (DIA) durchgeführt wurde.

Link zur Studie

„Statt bewährte Systeme, wie die bAV, in neue Formen der Förderung einzubeziehen und diese konsequent weiterzuentwickeln, werden neue Konzepte mit offenem Ausgang eingeführt“, so die Autoren des Think Tanks, der u.a. vom früheren PSVaG-Vorstand Hans H. Melchiors und dem Soziologieprofessor Franz Schultheis geleitet wird.

Sie kritisieren, dass in vergangenen Jahren „neue Regelungen und neue Formen der bAV eingeführt“ wurden, „aber bereits bestehende und erfolgreiche Systeme“ ausgegrenzt wurden. Als Paradebeispiel wird die Riester-Rente genannt. Diese zeige, wie „aufwändig, kostspielig und im Ergebnis nicht die Erwartung erfüllend ein neues System sein kann“. Die Studienautoren zeigen sich überzeugt: „Hier hätte eine langfristige Ausrichtung und kontinuierliche Nachjustierung der rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen sowie eine zu hohe Komplexität vermieden oder beseitigt werden können. Rund 16 Millionen Sparer hätten so vor zum Teil bösen Überraschungen bewahrt werden können.“

Vergleich mit Schweden, Schweiz, UK, Niederlande & Frankreich
In Sachen Vorsorge-Fonds „plädieren“ die Autoren dafür, „die jeweils kontextspezifischen Bedingungen von Reformen, wie in unserem Falle der Einführung von Vorsorge-Fonds, kritisch-reflexiv zu prüfen und zu fragen, welche gewünschten und unerwünschten Konsequenzen die Reform im Hinblick auf die eigenen historisch gewachsenen institutionellen Gegebenheiten und kulturelle Mentalität der eigenen Bevölkerung hat“. Es solle geprüft werden, ob es flankierende Maßnahmen brauche. Auch eine Komplettreform des Systems könnte angedacht werden, allerdings nur mit intensiver Prüfung der Folgen.

Wie solche Reformen bzw. die derzeitigen Alterssicherungssysteme in anderen Ländern aussehen, betrachtet die Studie anhand der Beispiele Schweiz, Schweden, Frankreich, Niederlande und Vereinigtes Königreich. Es wird dabei keines der Systeme als das beste oder schlechteste hervorgehoben, sondern einzelne Aspekte, v.a. der Verknüpfung von Kapitaldeckung und Umlageverfahren, analysiert.

Unter anderem wird beobachtet, dass „obligatorische Teilhabe der gesamten Erwerbsbevölkerung die Altersabsicherung geringverdienender Arbeitnehmer verbessert“. Das sei zwar politisch oft schwer umsetzbar, aber diese Gruppe sei „aber besonders von Altersarmut bedroht“.

„Zudem sollten umlagefinanzierte und kapitalgedeckte Renten zusammen ein Gesamtniveau erreichen, bei dem kleinere Schwankungen nicht zu zwingenden Einschränkungen bei den Rentnern führen. Klare gesetzliche Vorgaben für die Anbieter kapitalgedeckter Altersvorsorge müssen Arbeitnehmer und Rentner schützen“, betonen die Autoren weiter.

Bei allem Blick über den Tellerrand zeigt die Studie „Skepsis bezüglich eines schlichten Importierens und Imitierens“ von Systemen aus anderen Ländern auf.

Allerdings sei in anderen Ländern bereits die „Umstellung der Versorgungszusagen in der bAV auf Beitragszusagen in Verbindung mit einem Kapitalanlagekonzept“ erfolgt. Das solle „durch regulierende Rahmenbedingungen sowohl kosten- als auch risikoreduzierend wirken“. Allerdings gebe es auch hier nationale Unterschiede: „Während einige Länder daneben auch Leistungszusagen für vertretbar halten, wenn der Arbeitgeber dies verantwortet, gehen andere Länder weiter und verbieten diese für die Zukunft. Hier darf vermutet werden, dass es noch eines längeren Lernprozesses bedarf, damit die Altersversorgung nicht zu einem Frusterlebnis für die Arbeitnehmer wird, womit keinem geholfen wäre.“

Apropos Frusterlebnis: „Das ursprüngliche Vorhaben der Bundesregierung, mittels eines staatlichen Fonds für die Altersvorsorge auf aktuelle dringliche Reformbedürfnisse der deutschen Alterssicherung zu reagieren und dabei mit hierzulande bisher wenig erprobten staatlichen Regulativen in ein ohnehin schon hochkomplexes System einzugreifen, ist mit einigen Herausforderungen verbunden“, wie die Autoren vorsichtig formulieren. Daher sollte es „sehr sorgfältig auf Chancen und Risiken überprüft werden“.