Die Idee, Opting-Out für alle Deutschen entweder in der zweiten oder dritten Säule einzuführen, fand bei einer Konferenz in Berlin vergangene Woche nicht sonderlich viel Anklang.
Während einer Podiumsdiskussion erwähnte Bert Rürup, Präsident von Handelsblatt Research und langjähriger Regierungsberater in Sachen Zusatzvorsorge, Obligatorien als Erfolgsfaktoren.
„Alle gut funktionierenden Mischsysteme sind Obligatorien“, sagte Rürup bei der Konferenz „Zukunftsmarkt Altersvorsorge”, die jedes Jahr von MCC veranstaltet wird.
Als Beispiele nannte er die Schweiz und die Niederlande mit verpflichtenden zweiten Säulen, sowie Schweden und Norwegen, die auf die Pflicht in der dritten Säule setzen.
„Obligatorien sind effizienter”, fügte Rürup hinzu.
Unter den Diskussionsteilnehmern zeigte sich aber wenig Enthusiasmus darüber, ein solches Obligatorium auch für Deutschland einzuführen.
Mit Rürup am Podium saßen Alexander Gunkel, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des BDA, Peter Schwark, Mitglied der Geschäftsführung beim GDV, Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzender vom Bund der Versicherten, Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Annelie Buntenbach, Mitglied der Geschäftsführung des Bundesvorstandes des DGB, und Klaus Morgenstern, Sprecher des Sprecherkollegiums des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).
Aber Gunkel brachte einen Kompromiss vor: „Wir wollen, dass jeder Betrieb selbst entscheiden kann, ob er eine verpflichtende Entgeltumwandlung anbietet oder nicht.”
Sein Vorschlag wurde von Schwark unterstützt, der meinte, die Regierung könnte Opting-Out auch außerhalb der Tarifverträge erlauben.
Mit dem im Januar in Kraft getretenen Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) wurde erstmals eine rechtliche Grundlage für Opting-Out-Modelle in der zweiten Säule geschaffen.
Allerdings begrenzt das Gesetz die Anwendung solcher Elemente auf das neue Sozialpartnermodell, also jene Vorsorgepläne, die von den Sozialpartnern im Rahmen eines Tarifvertrags ausverhandelt werden können.
In den oft als „alte bAV-Welt” bezeichneten, bisher geltenden Altersvorsorgesystem haben eine Handvoll Firmen ein Opting-Out in einer rechtlichen Grauzone eingeführt.
Bislang hat noch kein Industriezweig in Sachen Sozialpartnermodell mehr gemacht, als es zur Diskussion gestellt wurde.
Darüber hinaus ist nur ein kleiner Teil der deutschen Betriebe über einen Tarifplan abgedeckt.
Gunkel hielt fest, dass mit einer verpflichtenden Entgeltumwandlung „einer flächendeckendere Vorsorge geschaffen werden kann - nicht nur über Gewerkschaften”.
In der Diskussion um ein Obligatorium für die dritte Säule, beschuldigte Rürup die Versicherungsbranche, die Einführung einer verpflichtenden Riester-Rente 2002 „torpediert“ zu haben.
In seiner Verteidigung der Position der Versicherungen in der damaligen Diskussion wies Schwark auf die Besonderheiten der privaten Zusatzversorgung hin.
„Die dritte Säule ist eminent individuell und muss freiwillig bleiben, weil die Lebensumstände der Menschen sehr verschieden sind”, betonte Schwark.
In Deutschland werden Wahlfreiheiten sehr geschätzt und für selbständig Tätige geht diese Freiheit sogar so weit, dass sie teilweise auch nicht in die erste Säule einzahlen müssen. Nur die sogenannten freien Berufe sind über Versorgungswerke abgedeckt.
Gunkel verlangt hier eine Änderung, da unter Selbständigen ohne verpflichtende Altersvorsorge „ein erhöhtes Risiko bei der Altersarmut bestehe”.
Kein Enthusiasmus für Obligatorium in Zusatzversorgung
