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Kommentar: EU Trilogie. Reformen auf dem Prüfstand (I) – Update zu Bankenunion

Der heutige Kommentar ist der Beginn einer Trilogie, in der wir die EU im Kontext der Bankenunion (I), dem Aspekt der Zentralbanken als Hedgefonds (II) und Strukturreformen in der gegenwärtigen ´Finanziellen Repression´ (III) analysieren.

Markus Schuller

Ende Oktober 2012 schrieb ich an dieser Stelle: „Wo steht nun die EU in ihrem Re-Launch Versuch? Wir stehen an einem Punkt, an dem die Märkte, auf- grund der Symptomenbehandlungen durch die EZB und der ersten fixierten Institutionen-Reformen, bemerken, dass EU und Euro durchaus Chancen auf ein Weiterbestehen haben.“ Anfang Januar 2013 sind wir nur einen kleinen Schritt weiter. Aber nicht mehr.

Die gemeinsame Bankenaufsicht
In den Medien wurde ausreichend über das Verhandlungsergebnis vom 13. Dezember berichtet. Nur kurz: Gut, dass die ECB das alleinige Mandat zur supranationalen Kontrolle erhält. Die Londoner EBA wurde zwar als zweite Aufsichtsbehörde bestätigt, darf sich aber mit Single Rulebook Themen beschäftigen, also als Zuarbeiter der ECB tätig sein. Hier im Original: „The EBA would retain its competence for further developing the single rulebook and ensuring convergence and consistency in supervisory practice“.

Auch die restlichen Parameter, wie die direkte ECB Aufsicht von Instituten mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Mrd Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 20% des Heimatland-GDPs, machen Sinn. Zudem darf die ECB die Aufsichtsmandate von den restlichen rund 5.800 Banken in begründeten Fällen (z.B. Finanzhilfen) von nationalen Behörden an sich ziehen. Damit ist gewährleistet, dass die ECB nicht nur bellen, sondern auch beißen kann. Eine direkte Aufsicht von rund 200 systemrelevanten Instituten sollte operativ darstellbar sein. Ab März 2014 soll sie voll handlungsfähig sein.

Ob auch eine qualitative Verbesserung der Aufsicht eintritt hängt entscheidend davon ab, welche Durchsetzungsmöglichkeiten der ECB in der Erfüllung ihres Mandates gegeben werden. Noch ist es zu früh, darüber zu urteilen. Laut einem Insider sind die Bestimmungen, in welcher Form ECB und nationale Regulierungsbehörden zusammen- arbeiten sollen, noch ungeklärt. Dementsprechend unklar ist derzeit auch, wie die Machtbalance zwischen den beiden Ebenen aussehen wird.

Angenommen, die ECB erhält einen umfangreichen Werkzeugkoffer mit auf den Weg, sind wir noch weit von einer Bankenunion entfernt. Wie in früheren Kommentaren angeführt, muss eine Bankenunion nicht nur eine gemeinsame Aufsicht, sondern auch ein einheitliches Abwicklungsregime und eine gemeinsame Einlagensicherung bein- halten. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 14.12. wird darauf Bezug genommen:

„Der Europäische Rat fordert die beiden Gesetzgeber dringend auf, vor Juni 2013 Einigung über die Vorschläge für eine Richtlinie über Sanierung und Abwicklung und für eine Richtlinie über Einlagensicherungssysteme zu erzielen; Seinerseits sollte der Rat bis Ende März 2013 Einigung darüber erzielen. Sobald diese Richtlinien angenommen sind, sollten sie von den Mitgliedstaaten vorrangig umgesetzt werden.“

Dieses Commitment zur 2. und 3. Säule einer Bankenunion seitens des Rates ist wichtig. Die Kommission – speziell Kommissar Barnier – lobbyiert seit 2010 dafür.

Erstrebenswert wäre eine gemeinsame Einführung der 3 Säulen gewesen, aber noch wichtiger ist, dass sie kommen und wirksam ausgestaltet sind. Hinzu kommt noch eine wichtige Feststellung des Rates im gleichen Dokument: „Der Europäische Rat erwartet, dass die Kommission die Vorschläge der hochrangigen Expertengruppe zur Struktur des Bankensektors der EU rasch weiterverfolgt.“

Damit ist der Report der Liikanen Group gemeint, der im Oktober 2012 Empfehlungen zur Reform des EU Bankenmarktes vorlegte. Ein kluges, umfassendes Papier. Quasi die aktuellste Evolutionsstufe eines Prozesses, der mit dem Dodd-Frank Act (US, 2010) begann und mit dem Vickers Report (UK, 2011) fortgesetzt wurde.

Der Liikanen Report setzte sich im Kern mit der „too big to fail“-Problematik ausein- ander und versucht mit einem quantitativen, wie qualitativen Maßnahmenpaket gegenzusteuern. Denn, sowohl die Größe als auch die Konzentration des Banken-sektors ist seit Krisenausbruch gewachsen. Zusammengefasst geht aus dem Report hervor, dass Basel III in die richtige Richtung zielt, aber z.B. bei den Kapitalvor- schriften zu kurz greift. Eine notwendige Einsicht. Highly appreciated!

Die Vickers Gruppe wurde im Herbst 2011 noch dafür kritisiert, dass lediglich die Schweiz ähnlich rigide Kapitalvorschriften einführte.
Vickers empfahl Total Loss Absorbing Capital Ratios von 17-20% (incl EK, Coco-Bonds und Bail-in Bonds). In der Schweiz liegt die Schwelle bei 19% (davon 10% in EK). Basel III sieht hier lediglich max. 12,5% vor.

Eine Steigerung zwar gegenüber Basel II, aber nicht mehr am aktuellen Stand der Reregulierungsdebatte. Die Liikanen Group stützt damit jene Kritiker von Basel III, die eine Überarbeitung der erst kürzlich ausgearbeiteten CRD 4 Bestimmungen fordern. Basel III verzögert sich ohnehin. Man darf hoffen, dass bis dahin möglichst viel „Liikanen“ eingearbeitet wird.


Noch ein Gedanke zu BREXIT, alias UK vs EU.
Die ganze Welt, wenn nicht gar das gesamte Sonnensystem, wartet gespannt auf die für Ende Januar geplante Grundsatzrede von Premier Cameron zur EU. Sofern er sich mit seinen Beratern auf Zeit und Ort einigen kann.

In der Zwischenzeit senden die USA und Deutschland Vermittler nach London, um den Premier zur Vernunft zu bringen. Sein Koalitionspartner, die Labour Opposition und selbst Pro-EU Tories legen ihm nahe, auf die stille Mehrheit in der Bevölkerung, denn auf die Anti-EU Hitzköpfe seiner Partei zu hören.

Gemäß meiner Analyse wird es zu keinem BREXIT kommen (sh. Kommentar unten). Doch je länger Cameron mit dem Populismus spielt, desto stärker wird UK noch weiter an politischem Gewicht in Brüssel verlieren. Es liegt an ihm.

P.S. Im nächsten Kommentar – Teil II der Trilogie – beschäftigen wir uns mit dem Aspekt der Zentralbanken als die neuen Global Makro-Hedgefonds und dem Zusammenspiel mit der langfristigen volkswirtschaftlichen Perspektive der EU.

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*) Markus Schuller (mhschuller(at)panthera.mc) ist Managing Director bei Panthera Solutions, einer Alternative Investment Consultancy im Fürstentum Monaco. Panthera ist spezialisiert auf Strategic Asset Allocation Consulting für Institutionelle Investoren. Der robuste Strategieansatz ergibt sich durch das Abbilden stabiler Megatrends im Multi-Asset Format auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Trend & Allokationsforschung (www.panthera.mc).