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Kommentar: Vertrieb – quo vadis?

Ein alter Kalauer unter Analysten und Beratern lautet: „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“. Diese Aussage steht in einem direkten Verhältnis zu der Tatsache, dass die Planstelle des Orakels von Delphi weiterhin unbesetzt ist. Trotzdem wird immer wieder versucht, über Umfragen etwas über den Stand der Gegenwart und über die Aussichten für die Zukunft zu erfahren.

Der 2007 erschienene „Global Investment Management Survey“ von Pricewaterhouse Coopers war einer dieser  Versuche, innerhalb der Fondsindustrie für Erleuchtung zu sorgen. 

Neben den so genannten Klassikern der Beratungsindustrie wie Konzentration und Fokussierung wurde vor allem deutlich, wo den Fondsproduzenten besonders der Schuh drückt: Mit großem Abstand vor anderen Themen brannte den Produktinitiatoren das Thema „Vertrieb“ schon damals unter den Nägeln. Der Absatz der Produkte ist seit langem mit Abstand die größte „Baustelle“ und sorgt bei den verantwortlichen Managern innerhalb der Gesellschaften für den größten Druck. In der aktuellen Marktsituation ist die Thematik aktueller denn je. Wohin man hört, gleich mit wem man sich unterhält: Das Neugeschäft der Fondsgesellschaften ist quasi zum Erliegen gekommen, insbesondere wenn es sich um Aktien basierte Produkte handelt. Hinzu kommt es durch die weiter volatilen Märkte und dem anhaltenden Vertrauensschwund der Anlegerschaft zu einer Erosion der Volumenbestände. Damit einhergehend ist der Einbruch der Erträge die an das verwaltete Volumen gekoppelt sind.

Damit stellen sich für das Management ganz neue Herausforderungen. Einer der Top 3 Anbieter hat im letzten Jahr mit einem dramatischen Tritt auf die Kostenbremse reagiert und etwa 30% bei den Sach- und Personalkosten weniger ausgegeben. Aber bleiben wir beim Thema Vertrieb. Nicht selten herrscht die Meinung, dass es in der Fondsindustrie überhaupt keinen Vertrieb braucht. Erzielen die Fonds eine gute Performance verkaufen sie sich von alleine. Ist die Wertentwicklung schlecht, kann auch der Vertrieb nichts daran ändern. So bitter es klingt: Im Retailgeschäft ist an dieser Binsenweisheit einiges dran. Aber auch in diesem scheinbar banalen Geschäft gibt es Ansatzpunkte:

Wie sieht denn die Wirklichkeit Fondsvertrieb in Deutschland aus? Der bevorzugte Vertriebsweg für einen Anleger ist immer noch die Bank bzw. die Sparkasse. Fast 75% der Anleger nutzen den „Bank-/Sparkassenberater“ um einen Investmentfonds zu kaufen. Dies geht aus einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) die der Bundesverband der Investment und Asset Management  (BVI) in Auftrag gegeben hatte. Diese Dominanz ist auch in vielen anderen europäischen Ländern zu beobachten.

Im krassen Gegensatz zu diesen Zahlen stehen die Ergebnisse einer Untersuchung der European Business School und der Unternehmensberatung Consart. Die Untersuchung hat ergeben, dass Berater in Banken oftmals nicht den richtigen Ton treffen. Die Berater neigen dazu, all Kunden, unabhängig von Alter, Status, Zielsetzung etc., in der Beratung über den gleichen zu Kamm scheren. Das wenig erstaunliche Ergebnis der Studie war, dass es den Kunden darauf ankommt, ein Konzept kennen zu lernen, dass seinem Anlagebedarf entspricht, und nicht ein Standardprodukt präsentiert zu bekommen.

An dieser Stelle noch einmal ein Zitat aus der F.A.Z. vom 23. März 2006: „Solche Anfängerfehler unterlaufen den Bankberatern offenbar häufig. So wollten sie den Kunden häufig nur die Produkte eines einzigen Anbieters empfehlen, wodurch der Eindruck entsteht, dass der Berater nicht das beste ausgewählt hat, sondern jenes, das den Interessen der Bank am meisten entgegenkommt. Noch nicht einmal zu einem Vergleich des empfohlenen Produkts mit den Angeboten der Konkurrenz könnten sich die Berater durchringen. Vielen Bankberatern fehlen offenkundig die einfachsten Grundbegriffe im Vertrieb“. Fairerweise sei an dieser Stelle auf die Direktiven und Vorgaben  der einzelnen Häuser hingewiesen, im Ergebnis wird es für den Kunden nicht besser. In der Studie wurden 760 Fragebögen ausgewertet. 47% der Kunden hatten ein Vermögen von weniger als 75.000 Euro.

Hier bietet sich die Chance zur Differenzierung für die sales teams der Fondsgesellschaften. Der Mitarbeiter im Vertrieb ist als Berater, als coach für die Menschen am „point of sale“ gefragt. Produkte gibt es, wie bereits erwähnt, im Überfluss. Wenn ich meinen Kunden als Partner verstehe und ihn in der Erreichung seiner Zielsetzung unterstütze, ist die Chance sehr hoch, ebenfalls als Partner akzeptiert zu werden. Die Einbeziehung der Produkte in die Angebotspalette ist dann eine logische Konsequenz. Allerdings ist das Ganze ein Prozess, der nicht von heute auf morgen zu gestalten ist.

Ganz anders sieht es jedoch im institutionellen Geschäft aus. Hier benötigt der Kunde individuelle, auf seine Bedürfnisse ausgerichtete Lösungen. Und um diese Lösungen „maßschneidern“ zu können bedarf es erfahrene und vor allen Dingen professionelle Berater, die den Kunden auf dem Weg zur passenden Lösung begeleiten und beraten.

Die Frage stellt sich, ob es aktuell überhaupt lohnt sich vertrieblich zu engagieren, insbesondere vor den hohen Kosten und den schwindenden Erträgen.

Die F.A.Z. schrieb schon in ihrer Ausgabe vom 12. September 2006: „Eine Fondsproduktion ist rasch mit geringen Kosten auf die grüne Wiese gesetzt, aber ein schlagkräftiges Vertriebsnetz aufzubauen ist eine Veranstaltung, die mehrere Jahre und viel Personal benötigt – und dementsprechend teuer ist.“

Der Verfasser ist der Ansicht, dass genau jetzt der Zeitpunkt ist, in die Vertriebsteams zu investieren. In einer Branche, die praktisch ausschließlich vom know-how lebt, das heißt von der Überlegenheit des Wissens, des Könnens, der Erfahrung sind die Mitarbeiter, und insbesondere die, die Kontakt zu Kunden haben, ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Jedoch bedarf es auch einer kritischen Bestandsaufnahme und einer Analyse der vorhandenen Stärken und Schwächen. Die Zeit des Wildwuchses ist auch in der Fondsindustrie vorbei.

Der Auf- und Ausbau, die Etablierung und Positionierung  von Teams ist  eine der Kern-Managementaufgaben. Eine effektive „Sales Force“ kann den Unterschied bedeuten und aus einer Durchschnittgesellschaft einen Topanbieter machen. Es gilt für Produktanbieter im Asset Management sicher zu stellen, dass sich die eigenen Verkäufer positiv in einem immer unübersichtlichen Markt, mit immer neuen, sich ähnelnden Produkten, positiv von der grauen Masse abheben. Das heißt, es geht für den Verkäufer zurück zu seinen Kernaufgaben: Existierende Kundenbeziehungen zu vertiefen und neue Kundenbeziehungen zu entwickeln. Um das zu erreichen, müssen Mannschaften von Top Performern angelernt und organisiert werden, die einzelnen Team-Mitglieder arbeiten zusammen und ergänzen sich. Die Motivation des Teams muss aus dem Team, aus der Zielsetzung, aus der gemeinsamen Arbeit, also von innen heraus, erfolgen.

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*) Dirk Bednarz, ist künftiger Vorstand der Kommalpha Sales Services GmbH