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Kommentar: Was hat das US Fiscal Cliff mit Numismatik zu tun? Über die Idee einer Bio. US-Dollar Münze

Dieser Kommentar sollte eigentlich die EU Beschlüsse des Dezembers (Stichwort Bankenunion) auf den Prüfstand stellen. Aus aktuellem Anlass heute aber ein US-Thema, nämlich meine Einschätzung zum Fiscal Cliff und der grassierenden Idee einer 1 Bio. US-Dollar Münze. Die EU Analyse folgt in Kürze.

Markus Schuller*

In medias res
Die Fiskalklippen-Debatte in den USA wurde in großen Teilen nur um bis zu zwei Monate verscho- ben. Die Vereinbarung am Neujahrstag stellt ledig- lich eine (sehr) kleine Lösung dar. Für die restlichen Teile (z.B. Einschnitte ins Sozialsystem, bei Militär und anderen diskretionären Ausgabenprogrammen) haben sich das „White House“, Senat & Kongress eben max. zwei weitere Monate Zeit gegeben. In der zweiten Februarhälfte wird die USA ihre Schuldenobergrenze erreichen und zahlungsunfähig sein, weil bis dahin die von Finanzminister Geithner bereits strapazierten „Extraordinary Measures“ ausgereizt sind.

Angenommen, die Obergrenze ist am 15. Februar erreicht, erwartet das BPC (BipartisanPolicy Center) Ausgaben i.H.v. von 450 Mrd. US-Dollar in den darauffolgenden 30 Tagen. Dem gegenüber stehen Steuereinnahmen von ca. 277 Mrd. US-Dollar. Die US Regierung müsste also auf 40% seiner Verpflichtungen defaulten. Keine gute Idee.

Obama stellte während der Präsentation der kleinen Lösung klar, dass er einen Erpressungsversuch seitens der Republikaner bei der Anhebung der Schuldenober- grenze nicht tolerieren wird. Die Republikaner zielen darauf ab, im Gegenzug für ihre Zustimmung zur Anhebung der Schuldenobergrenze, groß angelegte Einsparungen (ex Militär) zu erhalten. Die Demokraten wollen verständlicherweise die Schuldenober- grenze außen vor lassen und zielen auf eine 1:1 Formel an Steuererhöhungen und Einsparungen ab (macht Sinn, weil Steuereinnahmen/BIP in den USA auf niedrigstem Stand seit 100 Jahren – die USA hat lediglich ein Steuervolumens-Problem, weil die öffentliche Hand ausgehungert wurde).

Um den Demokraten einen weiteren Verhandlungsvorteil zu ermöglichen, kam nun die Idee der Platinum Coin (1 Bio. US-Dollar Münze) auf. Ihre Prägung würde Druck aus der Debatte um die Anhebung der Schuldenobergrenze nehmen, weil der Zeitpunkt zur Anhebung nach hinten verschoben werden könnte. Damit würde den Republikanern die Erpressungsmöglichkeit genommen.


Wie funktioniert die 1-Billion-Münze?
Das US-Finanzministerium ist gesetzlich dazu befugt, eine Münze mit z.B. Nominalwert 1 Bio. US-Dollar zu prägen. Diese könnte bei der Notenbank als Guthaben hinterlegt werden. Nachdem die Fed mehr als 1 Bio. US-Dollar an US Staatsanleihen hält (Stand Januar 2013: 1,66 Bio. US-Dollar), wäre die Hinterlegung wie eine Rückzahlung an Schulden (selbst wenn faktisch nicht umgesetzt – es könnte auch via Warrants simu- liert werden). Die US Regierung würde damit ihren Schuldenstand um 1 Bio. US-Dollar verringern (US Budgetdefizit 2012: 1,1 Bio. US-Dollar), also rund ein Jahr an Spielraum gewinnen. Dieser Buchhaltungstrick wäre wohl nicht inflationär, weil er keine neuen Ausgabenprogramme, sondern lediglich eine Schuldentilgung darstellt, mit Hilfe jener das vom Weißen Haus geplante 2013er Budget umgesetzt werden könnte.

Die Coin würde von der US Mint geprägt werden. Sollte der Materialwert dem Nominal- wert entsprechen, müsste die Münze rund 18 Tonnen wiegen (angenommener Platin Preis: 1.550 US-Dollar/Unze) . Jährlich werden ca. 130 Tonnen an Platin gefördert. Folglich würde wohl der Materialwert der Münze unter dem Nominalwert liegen. Als Emittent würde die US Mint für den Nominalwert haften. Nachdem die US Mint eine Regierungseinrichtung darstellt, würde also die US Regierung, somit letztlich der US Steuerzahler für die Platinum Coin in der Haftung stehen.

Die Coin war bereits von Obama Mitte 2011 in Erwägung gezogen worden, als damals die Republikaner einer Anhebung der Staatsschuldenobergrenze nicht zustimmen wollten (nur zu aberwitzigen Tea-Party-Konditionen). Die Spielvariante ist also nicht neu.

Die Platinum Coin ist keine gute Idee, weil sie lediglich einen Buchhaltungstrick darstellt, aber nichts an den strukturellen Problemen der US-Demokratie (plutokra- tisches System) und der US-Wirtschaft (z.B. alternde Infrastruktur, Verlust des Prädikats Industrienation etc.) ändert. Noch schlechter wäre hingegen, a) der Erpressung der Republikaner nachzugeben oder b) in die Zahlungsunfähigkeit zu laufen, weil die Republikaner einer Anhebung der Schuldenobergrenze nicht zustimmen werden. Somit würde es Sinn machen, die schlechte Idee einer Platinum Coin den anderen – noch schlechteren Ideen – vorzuziehen.


Conclusio
Zusammengefasst, wird die Platinum Coin wohl lediglich als Verhandlungschip für die Demokraten dienen, aber nicht umgesetzt werden. Es gibt bereits Gespräche von beiden Parteien, das Recht zur Blockade der Schuldenobergrenzen-Anhebung gegen das Recht des Finanzministeriums zu tauschen, solch eine Münze prägen zu dürfen. Sounds fair to me!