Eugene Fama bekommt am 10. Dezember diesen Jahres in Oslo den Wirtschafts-Nobelpreis verliehen. Er prägte den Begriff der Effizienzmarkthypothese und betont die Effizienz der Kapitalmärkte, wodurch Marktinvestments an Bedeutung gewinnen. Damit ist Fama einer der theoretischen Vorreiter passiver Investments, die seit Jahren auf dem Vormarsch sind. So hat beispielsweise das Anlagevolumen in Exchange Traded Funds (ETFs) Mitte dieses Jahres die Zwei-Billionen-Dollar-Marke übersprungen. Wie die diesjährige Nobelpreisverleihung zeigt, gibt es jedoch auch berufene Stimmen, die die Effizienz der Märkte kritischer sehen.
So erhält neben Fama unter anderem auch Robert Shiller die begehrte Auszeichnung. Indexkonzepte entwickeln sich ebenfalls beständig weiter und gehen mittlerweile vielfach über eine reine Marktabbildung und die Gewichtung nach der Marktkapitalisierung hinaus. Die Strategieindizes – häufig auch als Smart Beta beschrieben – ermöglichen grundsätzlich folgende Strategieansätze: eine Auswahl und Gewichtung nach fundamentalen Kriterien, Short und gehebelte Investments, risikogewichtete Indizes, die bei steigender Volatilität in den Geldmarkt umschichten, und schließlich Indizes, die eine optimierte Diversifizierung auf Basis der Erkenntnisse der Portfolio-Theorie anbieten.
Renditevorteile durch die Auswahl nach fundamentalen Kriterien
Der Indexanbieter STOXX hat im Oktober sein Angebot an Strategieindizes um neue, nach wichtigen Kennzahlen für die Qualität des jeweiligen Unternehmens zusammengestellte Benchmarks erweitert. Die vier neuen Indizes der STOXX Strong Quality Index Family ermöglichen ein Investment nach fundamentalen Kriterien in den weltweiten, europäischen, asiatisch-pazifischen und den US-Markt. Die Zusammensetzung der neuen Indizes fußt auf der Value-Investmentstrategie von Benjamin Graham, deren Verfechter unter anderem der Starinvestor Warren Buffet ist.
Ein zentrales Anlagekriterium dieser Strategie ist das Konzept der Sicherheitsmarge. So wird zunächst der innere Wert eines Unternehmens anhand quantitativer Kriterien ermittelt, um anschließend zu prüfen, ob das Wertpapier an der Börse im Vergleich hierzu günstig bewertet wird. Die ermittelte Differenz stellt die erwähnte Sicherheitsmarge, also eine Art Prämie, dar. Bei der STOXX Strong Quality Index Family wird der sogenannte innere Wert der Aktien mittels dreier Kennzahlen analysiert. Unternehmen müssen hierbei jeweils Mindestwerte erreichen, um in die Liste möglicher Titel für die Indizes aufgenommen zu werden. Anschließend werden die Unternehmen ausgewählt, die im Durchschnitt aller drei Kennzahlen zu den 30 beziehungsweise 50 besten Titeln zählen.
Die Kennzahlen decken dabei mehrere Perspektiven der Unternehmensbewertung ab. So misst der Return on Capital (ROC), welche Erträge das jeweilige Unternehmen gemessen am eingesetzten Kapital erzielt. Wichtig hierbei ist: Das eingesetzte Kapital wird unabhängig von der Finanzierungsstruktur des Unternehmens erfasst. Verbindlichkeiten werden ebenso wie das Eigenkapital einbezogen. Die Kapitalrendite lässt sich damit nicht durch einen stärkeren Hebel in der Finanzierung steigern.
Um in die Strong Quality-Indizes aufgenommen zu werden, müssen die Unternehmen in jedem Monat des vergangenen Geschäftsjahres und in jedem der vergangenen drei Geschäftsjahre eine positive Kapitalrendite erzielt haben. Eine weitere Voraussetzung ist eine hohe Liquidität des Unternehmens, also eine starke kurzfristige Zahlungsfähigkeit. Sie wird anhand der Current Ratio, einer Kennziffer für die kurzfristige Liquidität, bewertet. Diese erfordert, dass die verfügbaren Vermögensgegenstände des Unternehmens, wie Kassenbestände, Vorräte, kurzfristige Forderungen und handelbare Wertpapiere, die kurzfristigen Verbindlichkeiten übertreffen.
Relative Bewertung zu anderen Anlageklassen wird berücksichtigt
Der dritte zu erfüllende Faktor ist eine günstige Bewertung des Unternehmens. Die neuen Indizes nutzen hierfür die Kennzahl EBITDA/EV, setzen also den operativen Gewinn ins Verhältnis zum Unternehmenswert. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wird auch hier nicht an der Börsenbewertung des Unternehmens sondern an seinem Wert einschließlich der Verschuldung gemessen.
Zudem betrachten die STOXX Strong Quality-Indizes diese Kennzahl nicht isoliert. Vielmehr setzen sie diese ins Verhältnis zu einer alternativen Marktrendite sicherheitsbewusster Investoren. Denn ein Investment in Aktien ist nur sinnvoll, wenn diese günstiger bewertet sind und damit eine höhere Rendite versprechen als andere weniger volatile und risikoreiche Anlageformen.
Nur so können Investoren Opportunitätskosten vermeiden. Hier kommt auch das Kernkonzept des Value-Investing, die beschriebene Sicherheitsmarge, zum Tragen. Voraussetzung für eine Aufnahme in die Strong Quality-Indizes ist daher: Die ausgewählten Werte müssen eine gemessen am Unternehmenswert um den Faktor 1,5 höhere Rendite als die Durchschnittsrendite von Unternehmensanleihen mit höchster Bonität erzielen. Als Vergleichsrendite wird hierfür der durchschnittliche Ertrag des Moody’s US AAA Corporate Bond Yield Index, der Unternehmensanleihen mit den besten Kreditbewertungen abbildet, herangezogen.
Ein Beispiel: Ende August 2013 lag die Durchschnittsrendite des Index für Unternehmensanleihen bei 4,52%. Die Unternehmen mussten für eine Aufnahme in die STOXX Quality Indizes folglich mindestens operative Gewinne gemessen am Unternehmenswert von 6,78% (1,5 x 4,52%) erzielen. Die Kennzahl stellt so sicher, dass allein Unternehmen, die überdurchschnittlich profitabel sind, in den Index aufgenommen werden.
Starke Risikokennzahlen trotz begrenzter Titelauswahl
Da nur vergleichsweise wenige Aktien alle Kennzahlen erfüllen, beschränken sich die Quality Indizes auf 30 bzw. 50 Titel. Insbesondere die Durchschnittsrendite der Unternehmensanleihen mit guter Bonität lässt sich in Marktphasen hoher Zinsen nur schwer um mindestens 50% übertreffen. Während aktuell beispielsweise rund 280 Unternehmen die Mindestkriterien für den europäischen Strong Quality-Index erfüllen, waren dies bei den Zinshöchstständen Anfang der 1980er Jahre lediglich 19 Aktien. Denn die Anleihen rentierten damals mit mehr als 10% und in der Spitze sogar bei über 15%, was entsprechend hohe Gewinnkennzahlen auf Seiten der Unternehmen vorausgesetzt hätte.
Allerdings stellt der Auftakt der 1980er Jahre historisch eine Ausnahmesituation dar. So zeigt die Betrachtung über die vergangenen 90 Jahre, dass eine Titelanzahl von 30 beziehungsweise 50 realistisch ist. Obwohl die Konzentration auf vergleichsweise wenige Titel die Diversifikation einschränkt, haben sich die Quality Indizes auch in Bärenmärkten bewährt. Beispielsweise verzeichneten die Quality Indizes auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 erheblich geringere Verluste als die weitaus breiter und damit diversifizierter aufgestellten Vergleichsindizes.
Über die vergangenen zehn Jahre hätte der STOXX USA Strong Quality 50 so einen Gesamtgewinn von 179,90% erzielt, während die Marktbenchmark, der STOXX North America 600, einen Zugewinn von 86,05% verzeichnete. Allerdings schlägt sich die geringere Diversifikation der Strategieindizes in einer leicht höheren Volatilität im Vergleich zu den breiten Marktbenchmarks nieder.
Liefert das Konzept nun die gewünschten Ergebnisse und stellt ein besonders werthaltiges Portfolio zusammen? Am aussagekräftigsten beantwortet diese Frage sicher die gemessen an einer risikolosen Anlage erzielte Rendite. Die Sharpe Ratio übertrifft bei allen vier STOXX Strong Quality Indizes die Kennzahlen der breiten Marktindizes erheblich. So weist der STOXX USA Strong Quality 50 Index beispielsweise eine Sharpe Ratio von 0,39 auf und übertrifft den breiten Marktindex damit um 20 Basispunkte.
Auch die Indizes für die anderen Anlageregionen zeichnen sich durch eine ähnlich hohe Sharpe Ratio aus. Ebenso versprechen die Strategieindizes starke reale Performance-Daten. Denn die Umschlagshäufigkeit des Portfolios ist für aufwendige Anlagestrategien vergleichsweise gering. Pro Jahr werden im Durchschnitt je nach Anlageregion lediglich 50 bis 66% des Portfolios angepasst, wodurch sich auch die mit dieser fundamentalen Aktienauswahl verbundenen Transaktionskosten voraussichtlich in Grenzen halten. Investoren finden in den STOXX Strong Quality Indizes damit eine Benchmark oder ein Underlying, das ihnen mehr als ein reines Marktinvestment bietet und die erzielte Rendite gemessen am Anlagerisiko merklich erhöhen kann.
Wie beim Wirtschaftsnobelpreis finden in den Indizes damit zwei auf den ersten Blick gegensätzliche Ansätze erfolgreich zusammen: Die hohe Effizienz eines passiven Investments und die geschickte Auswahl einzelner Titel mithilfe intelligenter Kennzahlen.
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*) Konrad Sippel ist Global Head of Business Development bei STOXX Limited in Frankfurt.
HINWEIS IN EIGENER SACHE: Am 31. Oktober um 11 Uhr deutscher Zeit stellt STOXX das Indexkonzept der STOXX Strong Quality Indizes in einem Webinar von IPE vor. <link https: www.brighttalk.com webcast>Sie sind hierzu herzlich eingeladen und können sich unter dem folgenden Link dort elektronisch anmelden.
Meinung: Indizes ermöglichen Investments à la Buffet

Konrad Sippel