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Rentenexperten begrüßen Stoßrichtung der Reform mit Vorbehalten

Erste Details aus dem Reformpapier zu neuen tariflichen Einrichtungen zeigen folgende Punkte: keine neuen Garantien, Förderungen für Geringverdiener und KMU, Opting-Out und eine §3.63-Debatte.

Die deutsche Bundesregierung überlegt die Einführung von Förderungen für arbeitgeberfinanzierte Rentenzusagen für Geringverdiener und in KMU.

Arbeitgeber in KMUs oder in Branchen mit Geringverdienern könnten demnach bis zu 30% einer Neuzusage zurückerstattet bekommen.

Thomas Jasper, Head of Retirement für Westeuropa bei Willis Towers Watson, sagte gegenüber IPE: „Dass für beide Gruppen ein Anreiz geschaffen werden soll, ist aus meiner Sicht ein guter Schritt.“

„Ernsthaften Willen, eine Anpassung jetzt tatsächlich anzugehen“, sieht Jasper auch beim lang-diskutierten Förderrahmen, der in §3 Nr. 63 EStG festgelegt ist.

„Im Gespräch waren zuletzt eine Anpassung der vier-Prozent-Grenze auf sieben oder acht Prozent unter Wegfall der bisherigen 1800-Euro-Regelung.“

Doch hier äußerte sich Marco Arteaga, Partner bei DLA Piper und bAV-Gutachter für die Bundesregierung, gegenüber unserer Redaktion kritisch: „Wenn gleichzeitig der feste Betrag von 1.800 Euro wegfällt, dann sind wir wieder am Anfang.“

Eine weiteres umstrittenes Detail des Regierungsentwurfes – der für Ende Oktober erwartet wird – könnte ein Automatisierungsmodell sein, also eine Art „Opting Out“.

Jasper bestätigte, dass solche Modelle „ein Teil der grundsätzlichen Diskussion rund um die bAV“ sind und „auch Sinn machen“.

Er wies jedoch vor allem auf zwei rechtliche Unsicherheiten in Bezug auf solche Modelle hin: „Tarifrechtlich ist nicht ganz eindeutig, ob bei einer verpflichtenden Umwandlung von Tarifentgelten der Begriff der Entgeltumwandlung im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) erfüllt ist. Falls nein, fehlt es an einer sofortigen gesetzlichen Unverfallbarkeit und dementsprechend an einem sofortigen Insolvenzschutz“, so Jasper.

„Und das Verbot der Lohnverwendungsabrede steht betriebsverfassungsrechtlich einer flächendeckenden Opting-out-Lösung auch für den Gesamtbestand der bereits aktiven Arbeitnehmer gegebenenfalls entgegen“, ergänzte der Rentenexperte.

Bei einer Veranstaltung der von der KAS Bank ins Leben gerufenen Pensions Akademie wurde auch die sogenannte Zielrente („Defined Ambition“) besprochen, die ebenfalls sehr wahrscheinlich Teil des Reformvorschlags sein wird.

Arteaga zitierte dort Berechnungen von Oskar Goecke, stellvertretender Direktor des Instituts für Versicherungswesen an der Technischen Hochschule Köln: Diese zeigten, dass „ein Verzicht auf Garantien keineswegs mit einem Verzicht auf Sicherheit einhergehen muss“. Die Risiken würden zwischen den Versicherten aufgeteilt und die Ertragschancen seien höher.

Bei der Veranstaltung der Pensionsakademie unterstützte aba-Vorsitzender Heribert Karch ebenfalls die Idee der Zielrente. Diese erweitere die bAV und definiere einen neuen Randpunkt bei der Übertragung von Risiken.

Ein Gewerkschaftsvertreter ließ bei der Podiumsdiskussion jedoch wissen, dass „ein Anlagemodell ohne jede Absicherung der Begünstigten für die Gewerkschaften nicht in Frage“ komme.

Allerdings hielten Brancheninsider zu dieser Aussage fest, dass die Gewerkschaften im Grunde für niedrigere Garantien seien, „solche Aussagen jedoch „in Vorbereitung der bevorstehenden Verhandlungen tätigen müssen“.