Foundation | Welcome

Menu


„Alternative Kredite rücken verstärkt in den Fokus“

Jeremy Ghose widmete sich anlässlich des 137. Hedgeworks in Frankfurt illiquiden Credit-Strategien und beleuchtet die Frage, welche Entwicklung in diesem Segment zu erwarten ist. Dabei spielt die Niedrigzinspolitik der EZB eine tragende Rolle, ebenso wie die Bankenregulierung. Im Interview mit Ronny Kohl beantwortet er die wichtigsten Fragen zum Thema.

Jeremy Ghose

Hedgework: Mr. Ghose, die sehr niedrigen Zinssätze sind einer der Gründe für den Anstieg alternativer Kredite. Wenn Sie an die jüngsten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank denken, wie beurteilen Sie deren mittel- und langfristigen Auswirkungen auf diesen Anstieg?
Ghose: Draghis jüngste Verlängerung und Ausweitung der quantitativen Lockerung und insbesondere die Einbeziehung von Investment-Grade-Unternehmensanleihen in das Anleihekaufprogramm der EZB wird sich stark auf die Kreditmärkte auswirken. Die Renditen vieler Staatsanleihen befinden sich bei oder unter null, und auch Investment-Grade-Anleihen nähern sich nun allmählich diesem sehr geringen Niveau. Die Maßnahmen der EZB führten zu einer anhaltenden Aufwärtsbewegung bei Investment-Grade- und liquiden Anleihen im Allgemeinen. Da das QE-Programm der EZB noch eine Weile fortgeführt werden dürfte, sollten alternative Kredite weiter zunehmen. Wir glauben, dass gewisse Formen der alternativen Kredite, wie etwa Unternehmensanleihen und Private Debt, verstärkt in das Interesse der Anleger rücken werden, die sowohl laufende Erträge als auch attraktive Gesamtrenditen generieren möchten.

Hedgework: Wie wollen Sie mit Ihrem Geschäftsmodell das Interesse von Anlegern an alternativen Krediten wecken?
Ghose: Unser Geschäftsmodell besteht darin, Mittel einzusammeln, die an Unternehmen in den USA und Europa weitergereicht werden. Wir beschaffen Gelder über verschiedene Fondsstrukturen. Dadurch werden wir Darlehensgeber für über 500 Unternehmen. Manche dieser Fonds bieten den Anlegern eine gewisse Liquidität, da sie Mittel an große Unternehmen zur Verfügung stellen, so dass Kredite an viele bankfremde Gläubiger syndiziert und außerbörslich gehandelt werden können. Andere sind langfristige Private-Equity-ähnliche Fondsstrukturen, die keine Anlegerliquidität bieten, da sie Darlehen hauptsächlich an deutlich kleinere Unternehmen ausreichen. Ein Thema, das alle verbindet, ist, dass wir ein attraktives Niveau an laufenden Erträgen generieren möchten. Gleichzeitig möchten wir das Abwärtsrisiko für unsere Investoren minimieren, indem wir uns auf die Kapitalerhaltung konzentrieren.

Hedgework: Wie bewerten Sie gegenwärtig das Risiko auf Ihrem Markt?
Ghose: Auf unserem Markt wird das Hauptrisiko von Ausfällen als sehr gering eingestuft. In den USA und zurzeit auch in Europa sind QE-Programme für alle Kreditmärkte vorteilhaft. Doch sie bergen auch Risiken. Man fragt sich ganz besonders, was passiert, wenn diese Programme auslaufen, und ob sie letztlich nicht eine Kreditblase erzeugen.

Hedgework: Was meinen Sie?
Ghose: Als die US-Notenbank vollständig im QE-Modus war, lief an den US-Kreditmärkten alles gut. Doch jetzt beginnen wir Anzeichen von Stress wahrzunehmen. Die USA scheinen sich in der späteren Phase eines Kreditzyklus zu befinden. In den vergangenen Monaten gab es eine Welle von Ausfällen bei Unternehmen in der Energie- und Rohstoffbranche. Es gibt Anzeichen, dass die Fed die Zügel ihrer Geldpolitik straffen wird, so dass sich nun die Frage stellt, ob sich diese Ausfälle von Energie- und energienahen Märkten auf andere Branchen wie Versorger, Einzelhandel, Rohstoffe usw. ausbreiten werden.

Hedgework: Und wie sieht das in Europa aus?
Ghose: In Europa ist die Situation eine andere. Die Kreditmärkte sind dem energienahen Sektor weitaus weniger ausgesetzt und die EZB befindet sich in einer früheren Phase ihres QE-Programms. Deshalb wird sie den Kreditmarkt wahrscheinlich noch eine Weile unterstützen. Wir erwarten zwar keinen unmittelbaren Anstieg der Ausfälle in Europa, bleiben aber dennoch vorsichtig. Sorge bereitet uns insbesondere der Umstand, dass in Europa zu viel Geld zu wenige Anlagemöglichkeiten sucht. Es wird einige Jahre dauern, bis sich herausstellt, wer gute Investmententscheidungen getroffen hat. Wir sorgen uns zudem, dass Anleger sich zu sehr darauf konzentrieren, dass ihr Kapital schnell ausgeliehen wird, anstatt sich darüber im Klaren zu sein, wie und ob das Geld zurückbezahlt wird.

Hedgework: Sie haben erwähnt, dass in Europa Private-Debt-Fonds schnell wachsen, unterstützt durch das Einwerben hoher Kapitalbeträge. Welche Chancen birgt das? Und worin liegen andererseits die Risiken für Investoren?
Ghose: Es gibt einen deutlichen Anstieg bei Private-Debt-Fonds, wobei hauptsächlich an europäische Unternehmen ausgeliehen wird. Wir sehen hier weiterhin attraktive Gelegenheiten für Anleger. Erstens erleben wir an den Kreditmärkten in Europa einen schrittweisen Wandel, da aufgrund der wachsenden regulatorischen Anforderungen die Beteiligung der Banken weiter abnimmt. Dazu kommt die Unterstützung der Zentralbank, die langfristige Zinsen auf einem sehr niedrigen Niveau halten wird, um das Wachstum des BIPs zu stützen, was wiederum der Unternehmenslandschaft zugutekommt. Und schließlich gibt es in Europa Private-Equity-Investoren mit hohen Geldbeständen, die Anlagemöglichkeiten suchen. Private Equity ist die treibende Kraft hinter vielen Investitionsgelegenheiten im alternativen Kreditbereich in Europa und zugleich ein Anzeichen, dass der Markt in Europa weiterhin wachsen dürfte.

Hedgework: Und die Risiken?
Ghose: Die Hauptrisiken für Anleger sind ganz klar die bereits erwähnten Ausfall- und Verlustrisiken. Unserer Erfahrung nach ist es schwierig, über den europäischen Wirtschaftszyklus hinweg den nächsten Ausfall vorherzusehen. Gleichwohl sind Ausfälle irgendwann unausweichlich. Im Fall eines Ausfalls sind unsere durchschnittlichen Verwertungsraten als Darlehensgeber in Europa gut, obwohl sie auch großen Schwankungen unterliegen. Deshalb setzen wir für unsere Kreditfonds auf Diversifizierung. Wir halten es auch für wichtig, dass Anleger wissen, welche Faktoren für die Fondsrendite ausschlaggebend sind. Manche Anleger neigen dazu, sich einfach auf die Gesamtrendite zu konzentrieren. Doch man sollte unbedingt auch wissen, wie viel Risiko eingegangen werden muss, um diese Rendite zu generieren – entweder durch Hebelwirkung, oder durch Ausreichung risikoreicherer Kredite. Je höher das Risiko, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines Verlusts.

Hedgework: Letzte Frage: Können Sie eine allgemeine Marktprognose abgeben?
Ghose: Es ist schwierig, Prognosen zu stellen, aber ich denke, dass wir gelegentlich Spitzen in der Marktvolatilität erleben werden. Dadurch werden wir daran erinnert, dass das Risiko allgegenwärtig ist. Im Allgemeinen nimmt die Volatilität zu und wird in der Zukunft noch ausgeprägter sein. Vor diesem Hintergrund denken wir weiterhin, dass verschiedene alternative Kreditstrategien bei Anlegern an Bedeutung gewinnen werden. Als Asset Manager ist es unsere Aufgabe sicherzustellen, dass wir fundierte Anlageentscheidungen treffen, gleichzeitig aber die Risiken steuern und überwachen. Damit stellen wir sicher, durch diese Volatilitätsphasen navigieren und attraktive Renditen für unsere Anleger generieren zu können.

---
Vita: Jeremy Ghose ist CEO & Managing Partner von 3i Debt Management, einem Investment Manager, der im Jahr 1945 in London gegründet wurde und inzwischen rund 13,5 Mrd. GBP betreut – mit einem Fokus auf Private Equity, Infrastruktur- und Debt-Management. Vor seinem Eintritt bei 3i im Jahr 2011 war Jeremy bei der Mizuho Corporate Bank (ehemals Fuji Bank) für LBO/MBO-Aktivitäten, Mezzanine-Finanzierungen und das Aktienfondsgeschäft in Europa, den USA und Asien (ohne Japan) verantwortlich. Er hält einen B.A. (Honours) in Business Administration und ist Mitglied des Chartered Institute of Bankers. Jeremy hat mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Finanzbranche.