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Analyse: Infrastrukturinvestments institutioneller Investoren – Renditeziele vor regulatorischen Hindernissen

Seit einigen Jahren haben Infrastrukturinvestments für institutionelle Investoren als renditeversprechende Assetklasse an Attraktivität gewonnen und ein steigender Bedarf wird angesichts vielfach maroder Zustände und knapper öffentlicher Haushaltskassen unverkennbar. Von den gesamten Kapitalanlagen von knapp 1,4 Bio. Euro haben deutsche Versicherer nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) derzeit jedoch nur gut 3 Mrd. Euro in Infrastrukturprojekte investiert(1). Es sind insbesondere rechtlich-politische bzw. regulatorische Rahmenbedingungen entscheidend für eine ausreichende Planungssicherheit und damit für eine Steigerung der Investitionsbereitschaft in Infrastruktur.

Dr. Elke Wolf

Dieser Artikel beleuchtet ausgewählte Beispiele, wie der aktuelle Entwurf zur Änderung der Anlageverordnung aus Sicht institutioneller Investoren angestrebte Erleichterungen wieder konterkariert, und zeigt einige relevante strategische Parameter für die Allokationsentscheidung von Investoren wie auch für eine Güterabwägung im Erlassverfahren auf.

Regulatorische Rahmenbedingungen – Renditeziele vor Hindernissen
Die Ablösung des Investmentgesetzes durch das Kapitalanlagegesetzbuch nach der AIFMD führt zu Anpassungen der Anlageverordnung. Der aktuelle Entwurf der Verordnung zur Änderung der Anlageverordnung und der Pensionsfonds-Kapitalanlagenverordnung (AnlV-E) erleichtert grundsätzlich für institutionelle Investoren die Anlage im Bereich Infrastruktur; es werden jedoch gleichzeitig deutliche Investitionshindernisse eingeführt.

Vor allem folgende Punkte des Referentenentwurfs beschränken eher den Zugang zu Anlagemöglichkeiten statt ihn zu erleichtern, wie auch von verschiedenen deutschen Wirtschaftsverbänden kritisiert wird (sh. Fußnoten 2-7):


*Unbillige Gleichbehandlung von Infrastrukturdarlehen unabhängig von den Risiken:
Aufgrund der Heterogenität der Anlageklasse Infrastruktur sind Risiken höchst unterschiedlich ausgeprägt. Dennoch werden bezüglich der Sicherheiten für Infrastrukturdarlehen mit geringeren Risiken die gleichen Vorgaben gemacht wie für Projekte mit höheren Risiken (Nr. 4c AnlV-E).


*Nicht sachgerechte Quotenzuordnung und Eigenmittelanforderungen:
Es ist nicht nachvollziehbar, warum es – analog zur Immobilienquote – keine spezielle Infrastrukturquote geben soll, und Infrastrukturinvestments stattdessen unter eine Auffangquote zusammen mit Hedge-Fond-Investments subsumiert werden, woraus die gleichen Eigenmittelanforderungen resultieren. Mit Blick auf die Einführung von Solvency II in 2016 führt dies zu unnötigen und kostenintensiven Umstrukturierungen.

*Erschwerter Zugang zu kleineren deutschen Fondsmanagern, die nach §44 KAGB registriert sind:
Für viele registrierte Fondsmanager sind die Anforderungen der nun geltenden Erlaubnispflicht nach §20 I KAGB nicht erfüllbar. Sie sind damit nicht mehr erwerbbar, obwohl kleinere Fonds häufig bessere Renditen erwirtschaften.


*Diskriminierung von ausländischen Fondsmanagern:
Alternative Investmentfonds können im Grundsatz nur erworben werden, wenn sie im EWR verwaltet werden und eine deutsche Erlaubnis besitzen. Es ist wohl kaum vertretbar, dass institutionellen Investoren der Zugang zu asiatischen oder amerikanischen Fondsmanagern mit attraktiven Renditen verwehrt bleiben soll.


Strategische Parameter für eine Güterabwägung im Erlassverfahren:
Eine erneute Güterabwägung vor Erlaß der Verordnung könnte ergeben, dass einige der Einschränkungen nicht durch andere schützenswerte Interessen gerechtfertigt sind und sich unverhältnismäßig prohibitiv auswirken.

Zunächst sind schützenswerte Interessen der Versicherten zu betrachten, deren Beiträge von Versicherungen und Pensionskassen in verschiedene Anlageklassen investiert werden. Die zentrale Frage lautet demnach jeweils bezogen auf die o.g. Beispiele: Ist das Risiko für die Versicherten höher, wenn der institutionelle Investor...

für Infrastrukturdarlehen mit geringeren Risiken auch entsprechend geringere Sicherheiten vorhalten muss als für solche mit höheren Risiken?

eine dedizierte Infrastrukturquote gewährt bekommt, die die Eigenkapitalquote nicht gleichermaßen erhöht wie jene für Hedge-Fond-Investments? Schließlich muss die Eigenkapitalquote von Einlagen der Versicherten gedeckt werden, so dass die Ressourcen in diesem Umfang nicht nur der Renditegewinnung aus Hedge Fonds, sondern auch aus Infrastrukturinvestments, entzogen werden.

auch in kleinere renditeversprechende deutsche Fonds investieren kann, die 'nur' über eine BaFin-Registrierung verfügen? Stellen kleinere Fonds, die die Kosten des Erlaubnisverfahrens tragen können, schon aufgrund dessen eine bessere Anlage für die Versichertengelder dar?

Zugang zu internationalen Fonds und damit eine größere Auswahl für die renditeversprechendsten Anlagen hat? Zu große regulatorische Hürden für nicht-europäische Fondsanbieter können leicht zu einem Crowding-Out vorhandener bzw. einer Ausgrenzung neuer außereuropäischer Anbieter führen. Einer faktischen Beschränkung auf europäische Fonds liegt die implizite Annahme zugrunde, dass das Rendite-Risiko-Verhältnis selbst bei Fonds aus finanzschwachen europäischen Ländern für die Versicherten besser ist als bei asiatischen oder anderen nicht-europäischen Fonds, die sich pauschal wohl kaum bestätigen lässt.

Wenn das Risiko für die Versicherten nach diesen und ähnlichen Überlegungen tatsächlich höher eingeschätzt wird, ist es dann so hoch, dass es eine generelle Einschränkung der Anlagemöglichkeiten im Rahmen einer Verordnung rechtfertigt, oder sollten solche Risiken (z.B. Währungs- und Länderrisiken bei Ziff. 4) nicht vielmehr durch ein verbessertes Risikomanagement und sorgfältige Due Diligence abgedeckt werden?

Neben den Interessen der Versicherten sind schützenswerte Interessen der deutschen Wirtschaft insgesamt zu berücksichtigen. Sind die genannten Einschränkungen tatsächlich durch zu erwartende positive Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft gerechtfertigt oder sind eher negative Auswirkungen zu erwarten? Grundsätzlich würde eine Einschränkung statt Erleichterung der privaten Investitionen die Last für dringend notwendige Infrastrukturinvestitionen in großem Umfang bei den öffentlichen Haushalten belassen, deren Ausgabenfinanzierung dann anderweitig gesichert werden müsste.

Darüber hinaus wären vor allem Nachteile für die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erwarten. Deutsche institutionelle Investoren wären durch weitere regulatorische Einschränkungen im internationalen Vergleich weniger wettbewerbsfähig bei der Renditeerzielung für ihre Versicherten. Sinken die Renditeerzielungsmöglichkeiten innerhalb Europas deutlich unter das Vergleichsniveau außerhalb Europas, kann eine faktische Beschränkung auf europäische Fonds die vorhandene Substanz verzehren und die Wirtschaftskraft Europas insgesamt schwächen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass asiatische Märkte sich gegenwärtig stärker öffnen und neue Bündnisse entstehen, ist mit Rücksicht auf die Abhängigkeit Deutschlands als Exportnation auch von außereuropäischen Märkten kontinuierliche strategische Weichenstellung gefragt – sowohl bezüglich der Platzierung/Erwerbbarkeit von internationalen Fonds in Deutschland als auch bezüglich der internationalen Fondsdistribution.


Strategische Parameter für die Allokationsentscheidung
Das regulatorische Umfeld liegt grundsätzlich außerhalb der strategischen Kontrollmöglichkeiten des einzelnen institutionellen Investors. Es ist allerdings sinnvoll, ein möglichst genaues Bild des Anlageuniversums mit erwerbbaren und nicht erwerbbaren Anlagen zu zeichnen und kontinuierlich anzupassen. So können das Anlagespektrum bestmöglich ausgeschöpft und auch regulierungsbedingte Chancen identifiziert werden.

Weitere strategische Perspektiven liegen z.B. in den Bereichen Asset Allokation und Portfoliooptimierung. So können u.U. überlegene Allokationsentscheidungen getroffen werden, wenn der Fokus nicht zentral auf Assetklassen gelegt wird. Eine erweiterte Sichtweise, die neben der Assetklasse auch speziell auf Anlagestrategien (strategy style) und bestimmte Risikofaktoren abstellt, wird u.a. von Ilmanen vorgeschlagen.[8] Auch neuere Methoden der Portfoliooptimierung, wie z.B. 'liability-relative optimization' [9] können für Versicherer strategisch interessant sein, da sie langfristige Verbindlichkeiten auf der Passivseite ihrer Bilanz abzusichern haben.

Fazit
Es ist fraglich, welche schützenswerten Interessen die im Entwurf zur Änderung der Anlageverordnung enthaltenen Zugangsbeschränkungen rechtfertigen. Da sich der Referentenentwurf noch im Erlassverfahren befindet, ist die Rechtslage für institutionelle Investoren zur Zeit noch nicht geklärt.

Im Rahmen einer verantwortungsvollen wirtschaftspolitischen Lenkungsfunktion sind Aspekte schützenswerter Interessen z.B. von Versicherten sowie der deutschen Wirtschaft insgesamt nicht als lineare Argumentationskette, sondern in der Gesamtschau ihres Zusammenwirkens zu betrachten, was das Erlassverfahren zur Änderung der Anlageverordnung entsprechend komplex gestaltet. Es bleibt zu hoffen, dass Investitionshürden nach einer umfassenden Güterabwägung im Ergebnis auf tatsächlich stärker schützenswerte Interessen beschränkt werden.

Infrastrukturinvestments können als wichtiges strategisches Vehikel im Portfolio institutioneller Investoren dienen. Verschiedene Verbände treten dafür ein, die Anlagemöglichkeiten für institutionelle Investoren zu verbessern. Auch nach Erlass der Anlageverordnung genügt es allerdings nicht, den regulatorischen Rahmen zu kennen, sondern innerhalb dieses Rahmens müssen das gesamte Anlagespektrum ausgeleuchtet und auch regulierungsbedingte Chancen identifiziert werden, um für das jeweilige Portfolio bestmögliche Allokationsentscheidungen treffen zu können. Je stärker das Anlageuniversum regulatorisch eingeschränkt ist, desto höhere Bedeutung gewinnt neben einem geschulten Blick für Schwachstellen im Risikomanagement die kontinuierliche Anpassung der Allokationsstrategie.

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*) Dr. Elke Wolf bietet Strategieberatung für Assetmanager mit den Schwerpunkten 'International Fund Distribution' und 'Risk Oversight'. Sie verfügt über Erfahrung in der unabhängigen Beratung von Finanzdienstleistern seit 1998 (<link http: www.wolf-managementconsulting.de>www.wolf-managementconsulting.de)


Quellenangaben:
[1] Rahmenbedingungen für Infrastrukturinvestments müssen stimmen’,
Beitrag von Dr. Alexander Erdland, Präsident Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft

(GDV), www.gdv.de/2014/09/rahmenbedingungen-fuer-infrastrukturinvestments-muessen-stimmen/,

zuletzt abgerufen am 9.10.2014

[2] Bundesverband Alternative Investments e.V., www.bvai.de/publikationen/due-diligence-frageboegen.html, zuletzt abgerufen am 9.10.2014


[3] Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), www.gdv.de/wp-content/uploads/2014/09/GDV_Stellungnahme_Anlageverordnung_Referentenentwurf_2014.pdf, zuletzt abgerufen am 9.10.2014


[4] Bundesverband Alternative Investments e.V., www.bvai.de/fileadmin/PDFs/DE/Pressemitteilungen/2014/BAI-M_AnlV_01.pdf, zuletzt abgerufen am 9.10.2014


[5] Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK), ’Referentenentwurf zur Anlageverordnung widerspricht dem Koalitionsvertrag und verhindert
notwendige Investitionen – dringender Nachbesserungsbedarf’, Positionspapier vom 19.08.2014
[6] bsi Bundesverband Sachwerte und Investmentvermögen e.V., Stellungnahme zum

Referentenentwurf, www.sachwerteverband.de/fileadmin/THEMEN/stellungnahmenliste/2014_06_27_bsi_STN_Ref-E_AnlV.pdf, zuletzt abgerufen am

9.10.2014

[7] Gemeinsames Schreiben von ABV, BAI, BDI, bsi, BVK, ZIA an das Bundesministerium der Finanzen vom 21.8.2014, www.bdi.eu/images_content/KonjunkturStandortUndWettbewerb/Verbaendeschreiben_zum_Referentenentwurf_der_Anlageverordnung.pdf, zuletzt abgerufen am 9.10.2014


[8] Ilmanen, Antti: Expected Returns, Wiley, 2011
[9] Einen Uberblick uber verschiedene Ansätze bietet Idzorek, Thomas M., Evaluating
New Methodologies in Asset and Risk Allocation , CFA Institute Conference Proceedings Quarterly, December 2013, Vol. 30, No. 4, pp. 1-12,http://www.cfainstitute.org/learning/products/publications/cp/Pages/cp.v30.n4.5.aspx, zuletzt abgerufen am 9.10.2014