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Ausblick Immobilienmärkte: Dem Sonnenaufgang entgegen

In Deutschland, London und Paris grassiert vielerorts bereits die Angst vor einer Immobilienblase und auch die Krisenländer Spanien, Italien, Griechenland und Portugal haben innerhalb der letzten 12 Monate hohe Mittelzuflüsse zu verzeichnen. Allein 2013 stieg in Italien das Investitionsvolumen auf 4,4 Mrd. Euro, in Spanien sogar auf 5,2 Mrd. Euro. Dies dürfte sich 2014 nach ersten Einschätzungen noch deutlich erhöhen. Hier stellt sich zunehmend die Frage nach dem richtigen Einstiegszeitpunkt. Europa hat aber neben den zuvor genannten Ländern weitere Immobilienstandorte zu bieten, die einen aufmerksamen Blick lohnen.

Jürgen Göbel

Die Staaten Zentral- und Osteuropas erlebten in den Jahren von 2004 bis 2008 eine erste Hochphase nach dem Fall des eisernen Vorhangs. Die Finanz- und insbesondere die darauffolgende Wirtschaftskrise ließ diese Blütenträume jedoch rasch verdorren. Die schrumpfenden Volkswirtschaften ließen die Leerstandsraten in die Höhe schnellen und vertrieben Investoren.

Seit dem letzten Jahr beginnt sich das zu ändern: Auf der Suche nach Alternativen zu den überlaufenen Märkten in Deutschland und Großbritannien wagen sich vor allem Investoren aus den USA und Russland zunächst zögernd wieder in die so genannten CEE-Länder. Starwood Capital Group aus Greenwich hat rund 500 Mio. Euro in zwei Büroimmobilien in Warschau, eine in Kattowitz und einen Büropark in Tschechien investiert – ein unüberhörbares Bekenntnis zur Attraktivität von Europas Mitte. Cushman Wakefield meldet für das erste Halbjahr 2014 einen Anstieg der Transaktionen im Investmentmarkt Zentraleuropa um 5% gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Für diesen Fluss der Anlegergelder gibt es gute Gründe, in erster Linie die aktuellen Wirtschaftszahlen aus einigen (nicht allen!) Ländern im gar nicht so fernen Osten. Im Jahr 2013 lagen Polen, die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien mit positiven Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts über dem EU-Durchschnitt. Diese Schwalbe allein macht allerdings noch keinen Sommer, eine differenzierte Sichtweise auf Stärken und Schwächen der einzelnen Märkte ist unerlässlich:

Polen rechnet für das laufende Jahr mit einer Wachstumsrate von 3,2% bei einer im internationalen Vergleich noch akzeptablen Gesamtverschuldung von 58% des BIP. Der direkte und gleichzeitig bevölkerungsreichste Nachbar im Osten punktet mit guter Verkehrsanbindung und vergleichsweise geringen Sprachbarrieren. Auf dem 2014er Global Real Estate Transparenz-Index von CBRE hat sich Polen auf Platz 17 vorgearbeitet und lässt damit Länder wie Österreich, Italien und Japan deutlich hinter sich. Mietverträge für Büroimmobilien lauten auf Euro, der Leerstand liegt bei 13%.

Tschechien erwartet zwar erst für das laufende Jahr wieder ein positives Wachstum von 3%, hat sich jedoch zum Liebling deutscher Firmen in Sachen Qualität der Arbeitnehmer entwickelt und punktet außerdem mit einer niedrigen Gesamtverschuldung von 39% des BIP. JLL erwartet bis in das erste Halbjahr 2015 hinein ein Ansteigen der Leerstandsraten für Büroimmobilien von derzeit 14,5% in Prag. Einzelhandelsimmobilien sind bereits im Kommen – Warburg - Henderson ist bereits vor Ort engagiert.

Die Slowakei gilt inzwischen als TOP-Standort für die Automobilindustrie sowie deren Zulieferer – KIA, VW und PSA lassen hier produzieren und profitieren von gut ausgebildeten Arbeitnehmern, kurzen Lieferwegen und hoher Arbeitsqualität. Im laufenden Jahr soll das BIP um 2,5% zulegen bei einer Gesamtverschuldung von 52%. Für Bratislava erwarten die Researcher von JLL einen Rückgang der Leerstandraten.

Ungarn war immer eines der Lieblingsländer der CEE-Region – die aktuelle politische Führung wirft jedoch immer mehr Fragen auf. Davon ließen sich deutsche Autohersteller in den letzten Jahren aber nicht abschrecken, so investierten Mercedes Benz, Opel und Audi dreistellige Millionenbeträge in Produktionsstandorte. Die Wachstumsraten sind ordentlich (1,2% für 2013 und 2,7% für 2014), die hohe Gesamtverschuldung von 80% des BIP und die unsichere politische Lage drücken allerdings auf die Stimmung von Immobilieninvestoren, genau wie die 27%ige Umsatzsteuer auf Immobilienkäufe von nicht-privaten Erwerbern.

Rumänien ist ein Fall für sich. Schon Nokia musste 2011 erkennen, dass der Umzug von Bochum nach Rumänien zwar vordergründig die Kosten senkte, unter dem Strich jedoch nur Ärger brachte. Rumänien weist zwar beeindruckende Wachstumsraten von 3,5% im laufenden und im nächsten Jahr auf, allerdings auf bescheidenem Ausgangsniveau. Ein geringer Bildungsgrad der Bevölkerung in Kombination mit hohen Abwanderungsraten macht den Immobilienstandort nicht gerade attraktiv; allenfalls Einzelhandelsimmobilien könnten vom prognostizierten Wachstum der Konsumausgaben um 2,8% bis 2015 profitieren.

Bulgarien leidet unter starkem Bevölkerungsrückgang wegen der Abwanderung nach Westen, allein von 2001 bis 2011 büßte es 10% seiner Einwohner ein. Deshalb kann das EU-Neumitglied auch in den nächsten Jahren keine beeindruckenden Wachstumsraten erwarten. Ein positives Bild liefert allenfalls der prognostizierte Anstieg der Konsumausgaben von 3,8% - dennoch ist der Standort noch lange kein Muss für Investoren mit Sicherheitsbedürfnis, insbesondere angesichts des 66. Ranges auf dem Transparenz-Index von CBRE.

Bereits dieses kurze Flashlight auf die zentral- und osteuropäischen Immobilienmärkte zeigt, keineswegs überraschend, dass trotz der im Vergleich zu westeuropäischen Standorten deutlich höheren Renditen im Osten nur eine genaue Marktkenntnis mit Expertise vor Ort und ein intensives laufendes Management der Immobilien Aussicht auf Erfolg versprechen. Besonders wichtig sind nachweisbare Erfahrungen und Erfolge in der Neupositionierung und Neuvermietung von Gewerbeimmobilien – auf sich rapide entwickelnden Märkten wie denen in Ost- und Zentraleuropa ist Mieterfluktuation eine der größten Herausforderungen für das Property Management.

Für Büroimmobilien zeigt die Büro-Immobilienuhr von JLL im zweiten Quartal 2014 eine Bodenbildung der Mietpreise für Prag, Bukarest und Budapest an, hier könnten sich demnach in naher Zukunft Investmentchancen bieten. Dabei sind fortschreitende Strukturveränderungen zu beachten: Nicht nur in Warschau ist ein Trend zum Wegzug aus Zentrumslagen in entwickelte Stadtteillagen zu beobachten, der der Expansion bzw. der Kostenreduktion dient.

Logistikobjekte werden in den transparenten Märkten Polen, Tschechien, Ungarn und Slowakei attraktiv: Der auch hier rasch expandierende Internethandel und die traditionell starke Automobilindustrie begünstigen diesen Sektor, der sich bei institutionellen Investoren schon seit geraumer Zeit steigender Beliebtheit erfreut.

Investoren in Einzelhandelsimmobilien bauen auf das Einkommenswachstum und die steigenden Konsumausgaben. Auch hier ist sorgfältige Auswahl Trumpf: Bevorzugt werden Fachmarktzentren in Mittelstädten mit stabiler Bevölkerungsentwicklung. Wie im Westen sollte auch hier vor einem Engagement bereits darauf geachtet werden, dass das Sortiment in absehbarer Zeit nicht allzu sensibel auf den zunehmenden Internethandel reagiert; Standorte, die der Abdeckung der Grundversorgung mit Lebensmitteln und darüber hinaus mit Textilien und Schuhen dienen, stechen positiv aus der Menge heraus. Im Sektor großer innerstädtischer Einkaufszentren sind allerdings, beispielsweise in Warschau, die Ankaufsrenditen durch zunehmende Mittelzuflüsse bereits unter 6% gesunken – hier wie anderswo dient die Rendite als Risikomaß und als Indikator für die empfundene Attraktivität des Marktes.

 

Unter dem Strich eröffnen sich dem überlegten Investor in Zentral- und Osteuropa durchaus attraktive Investitionsansätze. Deshalb plant nach Warburg - Henderson auch die SF Invest GmbH, die KVG der SachsenFonds-Gruppe, für 2015 ein Beteiligungsangebot in Zentraleuropa/Österreich. Der Spezial AIF wird über Standorte und Nutzungsarten breit diversifiziert investieren.

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*) Jürgen Göbel ist Geschäftsführer der SachsenFonds Holding GmbH.