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„Bei einer Kombination von Faktoren steigt die Wahrscheinlichkeit einer Outperformance“

Smart Beta bzw. Faktor Investing sind Schlagworte, die auch bei deutschsprachigen Investoren in den letzten Jahren deutlich an Interesse gewonnen haben. Über ihren Einsatz und die bestmögliche Verwendung gibt es aber noch sehr unterschiedliche Ansichten. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit David Mark, Executive Director, MSCI, über den Einsatz und die Vorteile von Faktormodellen.

David Mark

IPE Institutional Investment: Smart Beta wird vielfach als gutes Marketing der Passiv- bzw. ETF-Industrie gelobt, die Anfänge reichen allerdings weiter zurück als nur in die letzten Jahre…
Mark: Smart Beta bzw. die dahinter stehende Idee des Factor Investings, ist in der Tat kein neues Thema mehr, wir kennen sie bereits seit mehreren Jahrzehnten, insbesondere Faktoren wie Value. Wenn wir über den Faktor Momentum sprechen, können wir sogar bis ins Jahr 1637 zurückblicken, als die Tulpenzwiebel-Hausse an der Börse in Haarlem – getrieben durch das Momentum – ihren Höhepunkt erreichte. Übertragen auf die heutigen Finanzmärkte sind die Strategien also nicht neu. Neu ist allerdings, dass es auf diese Strategien nun Indizes gibt – mit der Möglichkeit ein Benchmarking durchzuführen oder aber eine Strategie darauf passiv zu replizieren.

IPE Institutional Investment: Haben entsprechende Strategien bzw. dahinter stehende Faktormodelle auch geliefert?
Mark: Um hier eine sinnvolle Aussage treffen zu können, macht für uns bei MSCI nur ein langfristiger Untersuchungshorizont Sinn. Was wir im Rahmen unserer Analysen schnell festgestellt haben ist, dass alle Faktoren zyklisch sind. Um längerfristig effiziente Portfolios zu erstellen, macht daher eine Kombination unterschiedlicher Faktoren Sinn. Nach unserem Research haben insbesondere sechs Faktoren einen risikoadjustiert verbesserten Ertrag geliefert als der entsprechend zugrunde liegende Index.

IPE Institutional Investment: Lassen Sie mich hier einhaken. Wie sind Sie hier vorgegangen und was waren die Ergebnisse im Detail?
Mark: Wir haben über einen Zeitraum von 40 Jahren alle 1/3/5/10/15/20/25/30-Jahres-Zeiträume für unterschiedlichste Faktoren untersucht. Das sind dann beispielsweise bei monatlichen Daten 480 Beobachtungen für die 1-Jahres-Zeiträume, weil man jeden Monat 12 Monate zurückblickt. Im Ergebnis kann man für die sieben Faktorindizes World Enhanced Value, Momentum, Equal Weighted, Quality, Minimum Volatility, High Dividend Yield und Risk Weighted eine Outperformance gegenüber dem Parent-Index (hier MSCI World) feststellen. Bei längeren Zeiträumen steigt dabei die Häufigkeit der Outperformance.


IPE Institutional Investment: Haben Sie auch eine Kombination der Faktoren getestet?
Mark: Haben wir – mit der einfachsten aller Möglichkeiten, wir haben alle sieben Indizes gleich gewichtet und sie alle sechs Monate – am gleichen Tag wie die Indizes ihr halbjährliches Rebalancing haben – wieder gleich gewichtet. Bei einer Kombination steigt die Wahrscheinlichkeit einer Outperformance, denn hier spielt die Diversifikation sowie die nicht parallel verlaufenden Zyklen der Faktoren eine wichtige Rolle. Wenn man kombiniert und erkennt, dass diese Zyklen der Faktoren nicht gleich laufen, kann man mit einer einfachen Diversifikation die Chancen einer Outperformance ganz erheblich steigern.


IPE Institutional Investment: Sie sprachen die Zyklik bei Faktoren bereits an, wie relevant ist die Bewertung bei Faktoren für die zukünftige Outperformance. MinVol-Indizes gelten bereits seit mehreren Jahren als teuer, zeigen aber weiterhin eine stabile Performance…
Mark: Zunächst soll man darauf achten, dass die Bewertung relativ sein muss, um aussagekräftig zu sein, also im Vergleich zum relevanten Markt bzw. Index. Dann geht es darum, ob das von Bedeutung für die zukünftige relative Performance des Faktors ist. Wir haben hierzu vor kurzem ein Research Paper verfasst. Es hat wenig Einfluss auf die relative Performance der Faktoren über die nächsten fünf Jahre, ob Momentum, Quality oder Low Volatility zu einem bestimmten Zeitpunkt „teuer“ (anhand Price-to-Book-Value) oder „preiswert“ sind. Eine Ausnahme ist hierbei der Value-Faktor, wo man gerade unterbewertete Aktien übergewichten möchte.

IPE Institutional Investment: Wie ist das Interesse der Anleger an einzelnen Faktoren?
Mark: Rendite- bzw. ausschüttungsorientierte Anleger wie Versicherungen haben sicher eine gewisse Präferenz für High Dividend- und/oder Minimum Volatility Strategien. Insgesamt können wir aber feststellen, dass Anleger die Vorteile von Faktorkombinationen erkannt haben. Das
Interesse an Kombinationen ist weltweit aber auch in Deutschland beispielsweise bei Pensionskassen stark gestiegen.

IPE Institutional Investment: Wie groß ist die Gefahr einer Verwässerung von Faktorexposure durch die „Mischung“ einzelner Strategien?
Mark: Das ist ein Thema, das man nicht verleugnen darf. Nehmen Sie beispielsweise Value und Momentum. Hier ist klar, dass gerade der Faktor Momentum dem Value-Gedanken entgegensteht.

IPE Institutional Investment: Welche Möglichkeiten gibt es, dies einzuschränken?
Mark: Wir sind hier vor einigen Jahren dazu übergegangen, nicht nur die einzelnen Faktorportfolios zusammen zu bauen, sondern vielmehr über einen Optimierungsvorgang ein Portfolio zu bauen, dass die besten Eigenschaften auf Basis von beispielsweise Value, Momentum, Quality und Small Cap aus einem zugrunde liegenden Index wie dem MSCI World darstellt. Es hat sich gezeigt, dass dies längerfristig zu risikoadjustiert noch besseren Renditen führt. Die Strategie ist auf der anderen Seite aber dem Anleger gegenüber etwas erklärungsbedürftiger.

IPE Institutional Investment: Auch der Tausch von Faktoren dürfte hier schwieriger sein?
Mark: Das ist grundsätzlich richtig. Wenn Sie im Sinne eines regelmäßigen Tausches einzelnen Faktoren spielen, also anders gewichten oder gar tauschen wollen, ist dies hier natürlich sehr schwierig umzusetzen. Hier sprechen wir aber gerade im institutionellen Bereich von sehr wenigen Anlegern, die so etwas umsetzen möchten. Den meisten geht es um eine langfristige Outperformance durch derartige Strategien.

IPE Institutional Investment: Wie zufrieden sind Sie mit der Definition von einzelnen Faktoren am Markt?
Mark: Die Ansätze sind hier noch immer sehr unterschiedlich und oft kaum unter einen Hut zu bekommen. Wir gehen dabei beispielsweise so vor, dass wir das Exposure zu einzelnen Ländern und Sektoren an die Gewichtung im Parent-Index anpassen. Andere würden beispielsweise beim Thema Low Volatility fast nur auf den Versorger-Sektor setzen. Das ist ganz klar nicht unser Interesse, gerade aus Gesichtspunkten des Risikomanagements.

IPE Institutional Investment: Ist inzwischen klarer erkennbar ob das Thema „Smart Beta“ eher den aktiven oder den passiven Investor anspricht?
Mark: Das ist immer noch eine spannende Frage, die nur schwer zu beantworten ist. Definitiv sehen wir Interesse aus beiden Lagern. Es sind sehr vielschichtige Interessen, die Investoren bzw. Gelder aus beiden Bereichen in die Faktorinvestments führen.


IPE Institutional Investment: Etwas weg vom Thema Faktorinvestments, was sehen Sie aktuell als Trends im Markt?
Mark: Dazu müssen wir gar nicht so weit weg vom Thema, da wir immer mehr Interesse an einer Kombination von Faktorindizes mit dem Thema Nachhaltigkeit sehen. Es ist zwar noch nicht absehbar, wie dies in der Praxis letztlich aussehen wird, aber ich glaube, dass wir hier noch in den nächsten Jahren spannende Kombinationen sehen werden.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einblicke!