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Bondupdate: Bei reiflicher Überlegung

Es ist wieder da, das sicherheitsorientierte Denken, und der Dank gilt zumindest in Teilen den militärischen Drohgebärden der USA aber auch der Unsicherheit rund um die Wahlen in Frankreich. In jedem Fall freuten sich die Anleihemärkte und feierten mit einer weltweiten Rallye. Es sind aber auch die erste Anzeichen, dass das US-Wachstum nicht ganz den Erwartungen genügen könnte, die nach der Wahl von Trump geschürt wurden.

Klaus Dahmann

 

Die US-Inflation fiel auf ein Jahrestief und die Rendite zehnjähriger Treasuries lag mit 2,175% auf dem niedrigsten Stand seit November 2016. An dieser Stelle sei erwähnt, dass im Zeitraum zwischen Trumps Wahlsieg am 8. November 2016 und seiner Amtseinführung am 20. Januar 2017 lediglich High Yields und nichtstaatliche Mortgage Backed Securities positive Renditen erwirtschaften konnten. Seitdem haben jedoch alle Anlageklassen des US-Anleiheuniversums (und auch die der Schwellenländer) Netto-Gewinne verzeichnen und damit in vielen Fällen die Verluste, die sie nach der US-Wahl erlitten hatten, ausgleichen können. Besser ausgefallen sind die wirtschaftlichen Daten in China, wo das Bruttoinlandsprodukt im Jahresvergleich das stärkste Wachstum seit dem dritten Quartal 2015 verbuchen konnte. In Europa wird mit den von Premierministerin Theresa May überraschend vorgezogenen Neuwahlen in Großbritannien Anfang Juni ein neues Kapitel der Brexit-Saga eröffnet. May hofft nach den Wahlen auf eine gestärkte Position in den Verhandlungen mit der EU.

Aufsteiger
Zinsvolatilität – schleichend nach oben: Es war ein bemerkenswerter Sprung nach oben für den MOVE Index, der die implizierte Volatilität von US-Treasury-Optionen misst. Er legte seit Anfang des Monats ganze 23% zu, obwohl er zuletzt nach einem kurzen Anstieg direkt nach der US-Wahl im November schwächer tendierte. Der aktuelle Sprung im April wurde größtenteils den neuen geopolitischen Spannungen und Risiken sowie den unerwartet schlechten amerikanischen Inflationsdaten zugerechnet. Im Gegensatz zum Anstieg im November wird die derzeitige Entwicklung von fallenden Renditen bei zehnjährigen US-Treasuries begleitet. Sie sind als sichere Häfen nach wie vor attraktiv. Unsere Tochtergesellschaft Western Asset vermutet, dass diese Volatilität anhalten und damit aktiven Anleihemanagern Chancen eröffnen wird.

Vereinigtes Königreich – eine spontane Entscheidung: Für das britische Pfund ging es am Dienstag aufwärts, als positive Reaktion auf die überraschende Ankündigung Mays, die Neuwahlen vorzuziehen, die ihre konservative Partei laut Umfragen komfortabel für sich entscheiden sollte. Das britische Pfund hatte zunächst gegenüber dem US-Dollar ganze 1,5% zulegen können, musste dann leicht einstecken und landete schlussendlich bei einem Plus von 1,2%. Die Rendite britischer Gilts zeigte eine ähnliche Entwicklung: Papiere mit zehnjähriger Laufzeit fielen zum ersten Mal seit Oktober kurzzeitig unter die Ein-Prozent-Marke, stiegen dann aber wieder auf ihr Ausgangsniveau von 1,05%.

China – Konjunkturpakete treiben das Wachstum: 6,9% BIP-Wachstum im Jahresvergleich – so lautete Chinas auf das Jahr hochgerechnete Ankündigung für das erste Quartal 2017. Das wären die besten Daten seit dem dritten Quartal 2015. Das starke Wachstum ist auf die Initiativen der Regierung zurückzuführen. Dort nämlich hat man ein monetäres Anreizpaket geschnürt und die Infrastrukturausgaben erhöht. Allerdings hat augenscheinlich ebenfalls der chinesische Konsument seinen Anteil an den guten Daten, da gleichzeitig auch die Verschuldung der privaten Haushalte deutlich anstieg. Für Anleiheinvestoren ist ein solides Wachstum in China ein gutes Signal, da es die Sorgen um bevorstehende Disruptionen an den globalen Kreditmärkten abfedert, die mit einem schlechteren Wachstumsreport sicher gestiegen wären.

Absteiger
US-Verbraucherpreise – Schlaglöcher? Der Verbraucherpreisindex fiel im März im 0,3% – der erste Ausrutscher in diesem Jahr, der die weitverbreitete Preisschwäche deutlich machte. Damit sank der Zuwachs des Index im Jahresvergleich von 2,7% im Februar auf 2,4% im März und auch für die Kerninflation, die Nahrungs- und Energiekosten ausschließt, ging es 0,1% abwärts. Das ist der erste Rückgang seit Januar 2010. Ob dieser unter den Erwartungen liegende Inflationsreport nun auf eine nachhaltige Wende mit einem Rückgang der Inflation und einem Umfeld mit anhaltend stabilen Preisen hindeutet, oder, ob es sich nur um eine Pause handelt, und die Inflation wieder steigt, bleibt abzuwarten. Für den Moment jedenfalls fielen die Inflationserwartungen im Fünfjahresvergleich am Dienstag auf ihr Jahrestief – absinkend auf ein Niveau, das man zuletzt im Dezember 2016 beobachten konnte.

Brasilien – in welche Richtung geht es? 100 Basispunkte musste die Zielrate (SELIC) der brasilianischen Zentralbank lassen und liegt damit bei 11,25% . Das ist die stärkste Senkung seit acht Jahren und bereits die dritte in diesem Jahr. Im Vergleich dazu stand der SELIC vor sechs Monaten noch stabil bei 14,25%. Weil die Inflation im März unter fünf Prozent lag und damit von über zehn Prozent im letzten Februar deutlich gefallen ist, hoffen die Währungshüter, dass die niedrigen Zinsen dazu beitragen, der brasilianischen Wirtschaft, die seit zwei Jahren unter einer Rezession leidet, die nötige Wendung zu geben. Und diese Hoffnungen könnten bereits in Erfüllung gehen: Der monatliche Wirtschaftsindikator der Zentralbank stieg im Februar um 1,31%. Das ist der größte Zuwachs seit 2010. Der Wert für Januar wurde zudem auf ein Plus von 0,62% nach oben korrigiert. Die besseren Daten zogen auch den brasilianischen Real mit nach oben, der am Montag, mit Veröffentlichung der Wachstumsdaten, gegenüber dem US-Dollar 1,6% gut machen konnte. Das steigert seinen Gewinn seit Jahresanfang auf knapp fünf Prozent. Die derzeitige Rendite brasilianischer 10-jähriger Staatsanleihen liegt zwar immer noch knapp über zehn Prozent, allerdings ist das noch weit entfernt von den 17% von vor 1,5 Jahren.

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*) Klaus Dahmann ist Niederlassungsleiter und Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.