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BondUpdate: Die Politik rückt in den Mittelpunkt

Von Berlin über Istanbul, Tokio und Barcelona bis Pjöngjang – die politische Unruhe meldet sich an den globalen Rentenmärkten dominant zurück und treibt sowohl die Nachfrage nach Anleihen, die traditionell als sichere Häfen gelten, als auch nach wachstums-sensiblen Anlageklassen an. In Amerika haben „Non-Agency Mortgage-Backed Securities“ (mit Hypothekenforderungen besicherte Anleihen von nicht-regierungsnahen Emittenten) und Unternehmensanleihen von den erwarteten Steuersenkungen durch Präsident Trump profitiert. Zudem wurden einige Aussagen Janet Yellens – Präsidentin der US-Notenbank – als eher restriktiv aufgenommen. Andererseits hat die Absenkung der Inflationsprognose durch die US-Notenbank die Nachfrage nach langlaufenden US-Staatsanleihen unterstützt. Diese bewegen sich normalerweise nicht im Gleichschritt mit Unternehmensanleihen.

Klaus Dahmann

Es war bisher insgesamt eine eigenartige Woche: Los ging es mit einem Rücksetzer beim Euro, der seine seit April andauernde Aufwärtsbewegung unterbrach, nachdem Kanzlerin Merkel in Berlin am Sonntag ihre vierte Amtszeit einläuten durfte – wenngleich mit weniger Stimmen als erwartet und somit auf eine Koalition angewiesen. Der Yen wurde ebenfalls durchgeschüttelt. Hier war es Präsident Abe, der mit seinen Plänen für vorgezogene Neuwahlen, um damit seine Reformagenda zu sichern, für Unruhe sorgte. Gleichzeitig haben die weiter ansteigenden Spannungen zwischen den USA und Nordkorea sowie das kurdische Unabhängigkeitsreferendum im Irak die Nachfrage nach Staatsanleihen der entwickelten Länder ansteigen lassen. Die zeitgleich angedrohte Blockade einer kurdischen Öl-Pipeline durch die Türkei verunsicherte die Märkte und schickte den Ölpreis über die Marke von 50 US-Dollar – und damit auf den höchsten Stand seit April. Ein weiteres, für Sonntag geplantes Unabhängigkeitsreferendum in Spaniens nordöstlicher Region Katalonien trug auch nicht zur Beruhigung bei. Insbesondere, da die spanische Regierung diese Abstimmung für illegal erklärt hat. Die insgesamt also ansteigende Unsicherheit half dem Dollar und belastete die Schwellenmärkte.

Im Blickpunkt
Politische Risiken – Abstimmungsmüdigkeit: Nach einer Unmenge an nationalen Wahlen in Europa in der ersten Jahreshälfte haben nur wenige geglaubt, dass die Politik in der zweiten Hälfte des Jahres derart an Bedeutung gewinnen würde. Aber Angela Merkels knapper Wahlsieg in Deutschland hat eine unglaubliche Woche eröffnet, die in nur drei Tagen Euro und Yen aus der Bahn warf und US-Dollar und Ölpreis abheben ließ. Im Hinblick auf Deutschland beunruhigt die Anleger, dass eine geschwächte deutsche Kanzlerin auch in ihrer Funktion als starke Führungsperson in der Europäischen Gemeinschaft angezählt sein könnte. Apropos Europäische Union, ihr steht mit dem katalanischen Unabhängigkeitsreferendum weiteres Ungemach ins Haus: Während die spanische Regierung das Votum für illegal erklärt, besteht die katalanische Führung auf seiner Durchführung. Diese Unsicherheit hat die Absicherungskosten gegen den Ausfall spanischer Staatanleihen über die letzte Woche ansteigen lassen (siehe Grafik). Die an den Credit Default Swaps (CDS) ablesbaren Absicherungskosten gegen einen Ausfall sind auch in Japan angestiegen. Hier hat Präsident Abe vorgezogene Neuwahlen angekündigt, um seine milliardenschweren Unterstützungsprogramme abzusichern. Der Yen fiel daraufhin.

Politik bewegt: Geplante Abstimmungen in Spanien und Japan schwächen Währungen und Anleihen


Quelle: Bloomberg, Barclays; 27. September 2017; USD = US-Dollar; CDS= Credit Default Swap; RHS = rechte Skala.
Vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für zukünftige Ergebnisse dar. Begriffserklärungen finden Sie im Disclaimer.

Indonesien – überraschende Zinssenkung: Indonesische Staatsanleihen haben ihre Gewinne über die letzten fünf Handelstage ausgebaut und stehen mit 14% Rendite seit Jahresanfang an der Spitze der asiatischen Staatsanleihen. Der zuletzt gesehene Anstieg wurde am letzten Freitag durch eine unerwartete Zinssenkung um 25 Basispunkte - auf jetzt 4,25% - ausgelöst. Das Land konnte sein annualisiertes Wachstum seit nunmehr knapp vier Jahren bei 5% halten, während der jährliche Inflationsanstieg seit Januar 2016 meist unter 4% blieb. Die Verbindung aus relativer Stabilität und Nominalzinsen von etwa 6,4% bei 10-jährigen Staatsanleihen hat weltweit renditesuchende Anleger angezogen. Ausländische Investoren halten nun mehr als 40% der Staatsschulden dieses Landes.

Im Abseits
Märkte – Notenbank: getrennte Wege: Obwohl die US-Notenbank Fed wiederholt versucht hat zu erklären, dass die Zinsen wirklich ansteigen müssen, haben sich die Märkte in dieser Woche weiter von dieser Ansicht entfernt. Der von der Fed veröffentlichte „Dot-Plot“ (eine Grafik, in der die Komitee-Mitglieder ihre Prognosen einzeichnen) deutet an, dass die Zentralbank weiterhin noch eine Zinsanhebung für dieses Jahr und drei weitere für 2018 erwartet. Die Märkte sehen dagegen nach einem Zinsschritt im Dezember nur noch einen weiteren im nächsten Jahr. Der Unterschied erklärt sich vornehmlich durch die Tatsache, dass die US-Inflation mit annualisierten 1,4% weiterhin deutlich unter der Zielgröße von 2% liegt und daher die Inflationserwartungen in den letzten Monaten in Schach gehalten hat. Diese Ambivalenz hat auch dazu geführt, dass der Renditeunterschied zwischen 10-jährigen und 30-jährigen US-Staatsanleihen auf lediglich 54 Basispunkte verflacht ist – ein Niveau, das wir seit der Finanzkrise in 2008/2009 nicht mehr gesehen haben. Lesen Sie auch die Markteinschätzung von Brandywine Global zu den Zinsschritten der Notenbank und welche Risiken und Chancen sich daraus ergeben könnten.

Die Notenbank und die Märkte: Unterschiedliche Zinserwartungen


Quelle: Bloomberg; 27. September 2017. OIS = Overnight Index Swap; Fed = Federal Reserve (US-Notenbank).
Vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für zukünftige Ergebnisse dar. Begriffserklärungen finden Sie im Disclaimer.

S
chwellenländer – Dollar-gebeutelt: Die meisten Schwellenländer haben in den letzten fünf Handelstagen unter dem starken US-Dollar gelitten: Ihre Auslandsschulden wurden dadurch teurer. Einige Länder haben das Wohlwollen ihrer Anleger jedoch auf eigene Faust verspielt. Die Indische Rupie beispielsweise verlor 1,4% gegenüber dem Dollar, nachdem die Regierung erklärte, dass sie ihre Ausgaben erhöhen wolle, während der Südafrikanische Rand nachgab, weil die Notenbank – entgegen der Markterwartung - die Zinsen unverändert ließ. Der Russische Rubel gewann dagegen 0,7%, getrieben vom ansteigenden Ölpreis. Das Erdöl-exportierende Russland konnte sein jährliches Wirtschaftswachstum auf 2,5% erhöhen – das höchste Niveau seit 2013. Gleichzeitig ging die Inflation auf 3,3% zurück und erreichte so den niedrigsten Stand seit wenigstens 1992.

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*) Klaus Dahmann ist Niederlassungsleiter und Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.

Quelle für alle Daten: Bloomberg und Barclays Capital; Stand: 27. September 2017, falls nicht anders angegeben.