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Bondupdate: EU-phorie

Europäische Unternehmensanleihen marschierten an vorderster Front einer globalen Bondrallye in den letzten fünf Handelstagen. Sie ritten auf einer Welle aus robusten Wachstumsdaten und schwindender Sorgen um politische Unsicherheiten. Für US-Treasuries und Corporate Bonds ging es bergauf. Sie profitierten von eher glanzlosen Wirtschaftsdaten, was einen eher langsamen und schrittweisen Zinsanstieg in den USA vermuten lässt. Dieses Mal war es das Bruttoinlandsprodukt, das mit einem Anstieg von lediglich 0,7% deutlich unter dem erwarteten einen Prozent lag. Grund hierfür waren vor allem die schlechtesten Konsumausgaben in einem Quartal seit 2009. Hinzu kamen schwache Inflations- und Arbeitsmarktdaten sowie rückläufige Autoverkäufe. Die Benchmark-Rendite zehnjähriger US-Treasuries fiel auf 2,28%, deutlich unter dem Höchststand im März 2017 von 2,6%.

Klaus Dahmann

Allerdings fiel die Rendite europäischer Staatsanleihen sogar negativ aus. Das lag vor allem am Wachstum der Eurozone von 0,5%, was über den Erwartungen lag und Vermutungen zulässt, dass die EZB bald ihren finanziellen Stimulus überdenken könnte. EZB-Chef Mario Draghi bestätigte zwar die verbesserten wirtschaftlichen Bedingungen, fügte aber hinzu, dass die Währungshüter an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten wollen. Einige Investoren spekulieren bereits, dass sich an dieser Haltung nach der Wahl in Frankreich am kommenden Sonntag etwas ändern könnte, aus der laut Umfragen der Kandidat der Mitte, Emmanuel Macron, als Sieger hervorgehen dürfte.

Die Märkte der Schwellenländer legten zu, weil die weltweiten Risiken nach der ersten Wahlrunde in Frankreich und der Bereitschaftserklärung von US-Präsident Trump, sich mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un zusammenzusetzen, insgesamt weniger geworden sind. Vor allem vom Treffen zwischen Trump und Kim Jong Un erhofft man sich, die Spannungen rund um das nordkoreanische Atomprogramm abzubauen. In Lokalwährung denominierte Schwellenländeranleihen aus Kolumbien, Russland und Brasilien stiegen in den letzten fünf Handelstagen um mehr als 0,5% als Reaktion auf die kürzlich vollzogenen Zinssenkungen in den drei Ländern. Das britische Pfund hat gegenüber dem US-Dollar zugelegt und setzte die Rallye fort, die am 18. April mit der Ankündigung der Neuwahlen startete. Umfragen zufolge führt Premier Theresa May deutlich, was eine starke Position Großbritanniens in den Austrittsverhandlungen mit der EU bedeuten könnte. Der Ölpreis sank auf 47 US-Dollar pro Barrel, da das Angebot aus den USA stieg.

Aufsteiger
European High Yield – bon appétit! Die Spreads europäischer High Yields fielen um 324 Basispunkte im Vergleich zur risikofreien Benchmark. Das ist der tiefste Stand seit mehr als zwei Jahren, was zum größten Teil auf die schwindenden Sorgen um einen Sieg der Anti-Euro-Kandidatin Le Pen in Frankreich und damit um einen Ausstieg Frankreichs aus der EU zurückzuführen ist. Diese Sorgen hatten Neuemissionen von europäischen Titeln außerhalb des Finanzsektors auf minimalistische 6,6 Mrd. Euro im April schrumpfen lassen – gerade einmal die Hälfte des Emissionsvolumens im März. Jetzt erwarten Anleger eine regelrechte Angebotsflut am Montag nach der Präsidentschaftswahl in Frankreich. Die Stimmung im Sektor hat sich aber auch aufgrund stärkerer Wirtschaftsdaten verbessert: Die Produktionstätigkeit in der Eurozone stieg im April auf 56,7 – der schnellste Anstieg seit sechs Jahren. Bisher hatten Raffinerie- und Versicherungsunternehmen die Renditen der Assetklasse in diesem Jahr getrieben, wobei auch zyklischere Sektoren wie das Gaststättengewerbe und Maschinenkonstrukteure bei 4,6%, respektive 4,4% liegen. Die aktuelle Rallye hat die Renditen im europäischen High Yield-Segment seit Jahresbeginn auf 3,4% gepusht, womit sich die Lücke zu US-Papieren immer mehr schließt, die im selben Zeitraum vier Prozent Rendite einfahren konnten.

US-Wohnimmobilien - widerstandsfähig: Die Wirtschaftsdaten der USA waren wenig überzeugend. Das konnte US-Wohnimmobilien aber nicht von ihrer Rallye abbringen. Der S&P CoreLogic Case-Shiller Home Price Index stieg im Februar um 0,7% an. Mit Blick auf einen rollierenden Jahresverlauf sind es sogar 5,9% plus. Neue Immobilienverkäufe lagen im März annualisiert bei 621.000, was deutlich über den erwarteten 588.000 liegt. Das ist außerdem der höchste annualisierte Wert seit Juli letzten Jahres und der zweithöchste Zuwachs seit 2008. Dem Sektor geht es auch deshalb besser, weil die US-Verbraucher seit der Finanzkrise 2007-2008 ihre Schulden abbauen und die heimische Wirtschaft wieder wächst. Der Markit iBoox Broad Non-Agency Residential Mortgage-Backed Security Index legte in den letzten fünf Handelstagen um 0,6% zu, was seine Rendite der letzten zwölf Monate auf 25% , die der letzten drei Jahre sogar auf 54% ansteigen ließ.

Absteiger
Japanischer Yen – der Schwerkraft die Stirn bieten: Die japanische Wirtschaft fiel im Vergleich zum US-Dollar auf das niedrigste Niveau seit März. Auch hier waren die schwindenden geopolitischen Spannungen in Frankreich und Nordkorea Auslöser. Denn mit ihnen schwand auch die Nachfrage nach sicheren Häfen. Der Kurve des Yen verlief sehr nah an der der Benchmark-Rendite zehnjähriger US-Treasuries, die vermutlich der sicherste aller Häfen in Krisenzeiten ist. Die Korrelation zwischen beiden ist auch tatsächlich auf 0,7 angestiegen, der höchste Wert seit 2010. Trotz der weltweiten Stimmung: Einige Anleger glauben, dass der Yen auch aufgrund des geldpolitischen Anreizprogramms der Bank of Japan unter Druck steht, das Gouverneur Kuroda erst kürzlich zugesichert hat. Seit nunmehr zwei Jahrzehnten versuchen die Japaner ihre deflationäre Wirtschaft wiederzubeleben und einige Schlachten liegen wohl noch vor ihnen: Die Industrieproduktion fiel im März um 2,1%, während es für die Verbraucherpreise, ohne Nahrungsmittel und Energie, 0,1% abwärts ging. Grund hierfür war vor allem ein Rückgang bei Kommunikationsdienstleistungen.

Öl – ölig: Aktuell muss man für ein Barrel des schwarzen Rohstoffs nur noch 47 US-Dollar zahlen. Letzten Monat waren es noch 53 US-Dollar. Das liegt vor allem an den Sorgen, dass die gestiegene US-Schieferölproduktion die Kürzungen der großen Ölproduzenten mehr als aufhebt. Die Bohranlage Baker Hughes US Crude Oil Rotary hat die Produktion seit Mai letzten Jahres kontinuierlich erhöht – und zwar kurz nachdem der Ölpreis auf ein 15-Jahrestief von 24 US-Dollar gefallen war. Seit sich der Ölpreis wieder erholt, ist die Anzahl der Bohranlagen in den USA auf 697 gestiegen, nachdem sie im Mai letzten Jahres auf 316 gefallen war. Zudem blieb der Ölpreis auch vom Abschwung in China und der langsameren Erholung der US-Wirtschaft nicht unberührt. Der gezügelte Ölpreis hält zudem die Inflationserwartungen in Schach – und zwar weltweit.

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*) Klaus Dahmann ist Niederlassungsleiter und Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.