Foundation | Welcome

Menu


Bondupdate: Ist das Glas halb voll oder halb leer?

Insgesamt haben globale Anleihen in den letzten fünf Handelstagen überwiegend zugelegt. Das liegt daran, dass sowohl die sicheren Häfen als auch risikoreichere Anlagen in der Gunst der Anleger weit oben standen – je nach Sichtweise auf das Wasserglas. Die Pessimisten konzentrierten sich überwiegend auf Staatsanleihen und haben so die als weltweite Benchmark geltende Rendite zehnjähriger US-Treasuries von 2,47% in der vergangenen Woche auf aktuell nur noch 2,39% getrieben. Diejenigen, für die das Glas halb voll ist, haben hingegen weiterhin risikoreichere Sektoren wie High Yields unterstützt, deren Risikoprämien sich in den letzten fünf Handelstagen kaum verändert haben. Auffällig ist jedoch auch in dieser Woche, dass High Yields am unteren Ende der C-Ratings die beste Wertentwicklung hatten (bisher gab es eine Steigerung von 4,4% in diesem Jahr).

Klaus Dahmann

 

Sowohl die Pessimisten als auch die Optimisten haben gute Argumente für ihre Sicht der Dinge. Halb voll ist das Glas, weil die Inflation in den USA wieder anzieht. Außerdem sind die Wachstumsdaten in asiatischen Ländern wie Singapur, Malaysia und Taiwan stark. Und sogar der europäische Einkaufsmanagerindex, einer der verlässlichsten wirtschaftlichen Frühindikatoren, stieg im Februar höher als erwartet. Das Glas kann aber auch halb leer sein – vor allem da nicht sicher ist, ob US-Präsident Trump seine politischen Pläne tatsächlich umsetzen kann, wie die Zukunft Europas aussehen wird oder wie sich die steigenden Schulden und zunehmenden Kapitalabflüsse in China entwickeln werden.

Am Ende konnten doch die meisten Anlageklassen zulegen. Nur einige in US-Dollar denominierte Schwellenländeranleihen wie kolumbianische oder türkische Staatsanleihen waren die Ausnahme. Dem gleichen Beispiel folgend schlossen US-Dollar und Ölpreis die Woche unverändert. Der mexikanische Peso hat in den letzten fünf Handelstagen gegenüber dem US-Dollar ein Prozent zugelegt. Grund hierfür war die Ankündigung der mexikanischen Zentralbank, sie würde, wenn nötig eine Absicherung von bis zu 20 Mrd. US-Dollar an Währungsreserven aufbringen, um die heimische Währung zu verteidigen – ohne internationale Reserven anzutasten. Die Währung fiel damit erstmals seit der Präsidentschaftswahl im vergangenen November auf unter 20 Einheiten pro US-Dollar, nachdem der Peso auf ein Tief von 21,95 abgetaucht war. Ebenfalls abwärts ging es für den Euro und das britische Pfund. Hierfür waren die politischen Unruhen verantwortlich: Während in Frankreich die anti-europäische Kandidatin ihre Umfrageergebnisse verbessern konnte, hat im britische Oberhaus eine hitzige Debatte über den Brexit begonnen. Das britische Parlament muss letztendlich das Gesetz verabschieden, dass den Austritt der Briten aus der EU veranlasst.

Aufsteiger
Politische Risiken – Oh mein Gott: Als im britischen Oberhaus die Debatte um den Brexit begann, hat der französische Präsidentschaftskandidat Macron unweit von den Lords versucht, in London lebende Franzosen für sich zu gewinnen. Der unabhängige Kandidat versucht, trotz seiner laut Umfragen schwindenden Chancen als Sieger im März/April aus der Wahl hervorzugehen, wieder umzukehren und damit den Zulauf der anti-Euro Kandidatin Le Pen, der momentan eine 34-prozentige Gewinnchance vorhergesagt wird, zu begrenzen. Während Umfragen deutlich zeigen, dass die rechtsextreme Kandidatin in der zweiten Wahlrunde unterliegen könnte, hat ihr aktueller Aufstieg doch für Chaos an den Finanzmärkten gesorgt. Ihr möglicher Sieg würde die Nachhaltigkeit der Europäischen Union empfindlich stören – die ohnehin schon durch den Brexit angeschlagen ist. Der Aufschlag, den Anleger für französische Staatsanleihen gegenüber den traditionell felsenfesten deutschen Bunds zahlen müssen, ist auf 80 Basispunkte angestiegen – der höchste Wert seit 2012, dem Höhepunkt der europäischen Staatsschuldenkrise. Einige Anleger wurden von der politischen Auferstehung des moderaten rechten Kandidaten Fillon ermutigt. Seine Chancen sanken von 60% im Januar auf 15% Anfang Februar. Es gab Anschuldigungen, er habe seine Frau und seinen Sohn illegal beschäftigt. Er hat sich verteidigt und nun sind seine Gewinnaussichten wieder auf 33% gestiegen. Hierzu werden wir sicherlich noch mehr hören.

Argentinien – Rückenwind vom Index: Einige ausgewählte lokale argentinische Staatsanleihen dürfen sich ab dem 28. Februar über zusätzliche Nachfrage freuen. Dann nämlich werden sie Teil des breit akzeptierten JP Morgan Global Bond Index (GBI) für lokale Schwellenländer-Staatsanleihen. Die Aufnahme ist ein Zeichen dafür, dass die Papiere die Kriterien der Benchmark erfüllen. Die argentinischen Behörden dürfte es freuen. Sie versuchen schon seit Langem wieder ausländische Investoren zu gewinnen, die nach der Pleite 2001 in Scharen das Land verlassen haben. Letztes Jahr konnte der Fiskus eine Übereinkunft mit den betroffenen Kreditgebern schließen, was den Weg für die erste in US-Dollar denominierte Emission seit über zehn Jahren geebnet hat. Das Land wird eine Gewichtung von einem Prozent am GBI EM Broad Diversified Index haben, was immer noch weit weg vom möglichen maximalen Anteil von zehn Prozent ist, den Brasilien, China, Indien oder Mexiko halten. Der argentinische Peso spiegelt jedoch die verbesserten Aussichten bereits wider: Aktuell handelt er bei 15,5 Einheiten pro US-Dollar. Anfang des Jahres waren es noch 16 Einheiten.

Absteiger
Renditen werden real: Nach dem Wahlsieg von Donald Trump sind die Inflationserwartungen in den USA in die Höhe geschossen – analog zur reflationären Rhetorik, die zweistelliges Wirtschaftswachstum versprach. Drei Monate später sind die Inflationserwartungen noch immer hoch, doch die realen Renditen – die Differenz zwischen den nominalen Renditen und den Inflationserwartungen – gehen zurück. Mit anderen Worten: Einige Anleger preisen die Aussichten eines schnelleren, langfristigen realen Wachstums, das nicht selten anhand der realen Rendite gemessen wird, nicht im vollen Umfang ein. Unsere Tochtergesellschaft Brandywine Global geht beispielsweise davon aus, dass Trump sich ausschließlich auf die einfachen politischen Maßnahmen – die „low hanging fruits“ – konzentriert hat, er aber letztendlich die Rückendeckung vom Kongress braucht, um eine wirkungsvolle und anhaltende Veränderung der US-Wirtschaft herbeizuführen. Brandywine Global glaubt zudem, dass das US-Wirtschaftswachstum im ersten Quartal vermutlich näher an den 1,9% vom vierten Quartal 2016 liegen wird als an den 3,5% im dritten Quartal. Denn der starke US-Dollar könnte die Exporte treffen und damit die finanzielle Situation verschärfen, sagt Brandywine. In Japan und Deutschland freut man sich hingegen über die positiven realen Renditen. Dort sind die Währungen laut des Real Effective Exchange Rate Index des internationalen Währungsfonds unterbewertet. Der US-Dollar ist laut des Index übrigens die am stärksten überbewertete Währung der Industrienationen.

Kapitalabflüsse aus China: Auch in den vergangenen fünf Handelstagen zogen Investoren Geld aus China ab. Dieses Mal war einer der Gründe wohl ein Report, in dem es um eine neue Bestimmung geht, die den Einsatz von Hebeln an den Kreditmärkten beschränken soll. Weniger Schulden könnten die Nachfrage nach Anleihen reduzieren und damit die Preise nach unten drücken. Außerdem machen sich Anleger sorgen über den Yuan, der in den letzten fünf Handelstagen im Vergleich zum US-Dollar nachgegeben hat und damit in den letzten zwölf Monaten insgesamt 5,3% verloren hat. China verkündet hingegen, dass sowohl die Verbraucher- als auch die Herstellerpreise im Januar höher als erwartet gestiegen sind. Und auch die Exportzahlen fielen besser aus als vorhergesagt.

---
*) Klaus Dahmann ist Niederlassungsleiter und Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.