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Bondupdate: Narben und Streifen

Die weltweiten Anleihemärkte haben in den vergangenen fünf Handelstagen ihre ganz eigene Halloween-Party gefeiert – nicht zuletzt auch aufgrund der Unsicherheit, die vor den US-Präsidentschaftswahlen am 8. November herrscht, den leicht verbesserten Wirtschaftsdaten und dem fallenden Ölpreis. Flach war das neue Aufwärts in einer Woche, in der es lediglich US-Treasuries, US-Bankdarlehen und niedriger gerateten asiatischen Unternehmen gelungen ist, Verluste zu vermeiden.

Klaus Dahmann

ETFs haben Gelder aus dem Anleihesegment abgezogen, insbesondere aus Unternehmensanleihen. Hingegen gab es weiter Zuflüsse bei inflationsgeschützten Anleihen, Mortgage Backed Securities, Darlehen und Staatsanleihen. Das Meeting der Fed am 2. November hatte keine Auswirkungen auf die US-Leitzinsen. Trotzdem sind die Erwartungen eines erneuten Zinsanstiegs der Fed im Dezember gestiegen, was Anleger aber nicht davon abhält, nach wie vor auf die traditionellen sicheren Häfen ‚Staatsanleihen’ für ein Gefühl von Sicherheit zu setzen.

Doch statt Ruhe in den sicheren Häfen zu finden, fanden sich Anleger mit US-Treasuries diese Woche eher an eine Achterbahnfahrt erinnert: Gestützt von einem starken Einkaufsmanagerindex vergangene Woche stieg die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen auf 1,85%, fiel jedoch nach der Ankündigung, es werde weitere offizielle Ermittlungen gegen Hillary Clinton geben, zurück auf 1,79%. Die Rendite ging auch deshalb weiter zurück, weil einige Investoren sich die Frage nach der Nachhaltigkeit des US-Wachstums im dritten Quartal von 2,9% stellten. Denn die starken Soja-Exporte haben vermutlich mehr mit der Ernte in Brasilien und Argentinien zu tun, als mit der Stärke der US-Wirtschaft, sind einige Anleger überzeugt. Und um der ohnehin düsteren Stimmung noch die Krone aufzusetzen, sank der Ölpreis von 50 US-Dollar vergangene Woche auf nur noch 45,9 US-Dollar pro Barrel. Grund hierfür waren Sorgen darüber, dass die geplanten Produktionsrückgänge doch nicht kommen oder nur geringen Einfluss haben werden. Auf der anderen Seite kam ausnahmsweise etwas Optimismus aus China und Europa: Der chinesische Einkaufsmanager-Index stieg auf 51,2 und damit auf einen Wert, der normalerweise mit wirtschaftlicher Stabilität einhergeht. Die Eurozone verbuchte bereits den dritten Monat in Folge steigende Verbraucherpreise – etwas, was wir zuletzt im April 2015 erlebt haben. Zudem hat der Euro gegenüber dem US-Dollar an Boden gutmachen können.

Aufsteiger
Fundamentaldaten der Schwellenländer – wo sind die großen Defizite hin? Während die Industrienationen Probleme damit haben, ihre Volkswirtschaften wieder anzukurbeln, gehen einige Anleger bereits davon aus, dass die Schwellenländer dank ihrer verbesserten Fundamentaldaten künftig das globale Wachstum antreiben werden. Ein Bespiel ist das Leistungsbilanzdefizit in den traditionellen Schwellenländern wir Brasilien, Südafrika, Indonesien oder Polen, das sich deutlich verbessert hat. Damit sind diese Länder wesentlich weniger von Fremdkapital abhängig, wenn es darum geht, ihre Importe und Exporte auszubalancieren. Dieser Fortschritt hat unter anderem auch dazu geführt, dass sich lokale Kreditmärkte entwickeln konnten, womit ihre Widerstandsfähigkeit bei Schwankungen in den Industrienationen – beispielsweise bei US-Zinsschritten oder einem starken US-Dollar – zunimmt. Das zeigt auch ein Blick auf Daten dieser Woche: Während sich die meisten Unternehmens-Spreads weiteten, verengten sich die von Unternehmensanleihen aus den Schwellenländern und erreichten das niedrigste Niveau seit Juni 2015. Es ist sogar möglich, dass dieses das erste Jahr seit 2009 wird, in dem der Verschuldungsgrad von Unternehmen aus den Schwellenländern sinkt. Das Verhältnis Schulden zu Unternehmenswert des MSCI EM Index hat aktuell noch einen Wert von 0,53 und ist damit im Vergleich zu seinen 0,58 im vergangenen Jahr gesunken.

Die Schwellenländerstars der Woche – Auf gen Osten: Schwellenländer in Europa, dem nahen Osten und Afrika (EMEA) überzeugten in den vergangenen fünf Handelstagen mit der besten Performance unter den Staatsanleihen aus Schwellenländern. Grund hierfür waren vor allem die osteuropäischen Schwellenländer, von denen man annimmt, dass sie von einem Anziehen des Wachstums in der Eurozone profitieren werden. Das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone stieg im dritten Quartal um 0,3% und hielt damit das Niveau des vorherigen Quartals. Anleihen der Region haben von der lockeren Geldpolitik profitiert: Die aktuellen Zinsschritte in allen osteuropäischen Länder gingen allesamt nach unten. Im Vergleich: Einige der Schwellenländer, die um die Gunst der Investoren buhlen, mussten die Zinsen anheben, um ihre Währungen zu schützen. Dies gilt insbesondere für Lateinamerika, wo die Zentralbanken in Chile, Kolumbien, Mexiko, Peru und Uruguay aktuell die Zinsen anhoben. Die niedrigeren Zinsen in Osteuropa haben auch dafür gesorgt, dass die Region im Vergleich zu den Nachbarn der Eurozone wettbewerbsfähig bleibt – vor allem, weil die Wirtschaftsaussichten des alten Kontinentes nun wieder besser sind. Die Inflationserwartungen für die Eurozone haben mit 1,48% in dieser Woche einen neuen Höchststand seit Juni erreicht.

Absteiger
Ist das Wachstum in Europa real? Fragen wir die realen Renditen: Die Inflationserwartungen in Europa sind gestiegen – und das, obwohl die Inflation stur auf niedrigem Niveau verharrt. Das letzte Mal, dass die Region das Inflationsziel der Währungshüter von zwei Prozent erreichte, war im Januar 2013. Dieses gemütliche Tempo lässt einige Investoren nun den Anstieg der nominalen Renditen in Frage stellen, der ja hauptsächlich von den Inflationserwartungen – gemessen an der Breakeven-Inflationsrate, die Differenz zwischen nominalen und Inflations-adjustierten realen Renditen – getrieben wurde. Die reale Rendite zehnjähriger deutscher Staatsanleihen blieb niedrig, während die Inflationserwartungen gleichzeitig durch die Decke gingen. Der Anstieg der Breakeven-Inflationsrate rührt daher, dass der Euro seit April im Vergleich zum US-Dollar schwächer wurde, was US-Importe nach Europa teurer werden ließ. Außerdem haben die Spekulationen, die EZB könne mit Blick auf künftiges Wachstum ihr geldpolitisches Anreizprogramm im Zaum halten, ihr Übriges beigetragen. Dennoch sagen einige Anleger die Rendite zehnjähriger Bunds sei mit 0,13% – dem höchsten Stand seit Juni – kaum zu rechtfertigen.

Italien – erneute Referendumsangst: Ganze 22 Basispunkte konnte die Rendite zehnjähriger italienische Staatsanleihen gut machen und stieg die letzten fünf Handelstage auf 1,68%. Trotz der Sorgen um das italienische Referendum zur politischen Reform am 4. Dezember ist das der höchste Anstieg innerhalb Europas. Aktuelle Umfragen legen nahe, dass die Italiener den Plan von Premier Matteo Renzi, das politische System im Land neu und effizienter zu gestalten, ablehnen werden. Ein „No“ könnte als Echo der Brexit-Entscheidung von Juni und damit als Triumph der populistischen Parteien beziehungsweise als Ablehnung des Status Quo gewertet werden. Anders als in den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Japan sind die Inflationserwartungen für Italien im vergangenen Monat gefallen. Der Renditeunterschied zwischen zehnjährigen italienischen und spanischen Staatsanleihen ist mittlerweile auf dem höchsten Stand seit 2012.

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*) Klaus Dahmann ist Niederlassungsleiter und Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.