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BondUpdate: Notenbanken – Lockerung voraus?

Die Europäische Zentralbank (EZB) stand am Tag vor der Leitzinsentscheidung der Fed vom 19. Juni kurz im Rampenlicht: Sie verkündete ihre Bereitschaft, den Leitzins von aktuell -0,40% noch weiter in den negativen Bereich zu drücken, um bei Bedarf die schwächelnden Volkswirtschaften der Eurozone zu stärken. Der EZB-Vorsitzende Draghi wies zusätzlich auf die Möglichkeit hin, sein bereits abgeschlossenes Anleihe-Ankaufs-Programm wiederaufzunehmen.

Stephan Bannier

Dabei hat die EZB lediglich das gemacht, was die Fed bereits verbal vorbereit – den Umkehrschwung zu einer unterstützenden Zinspolitik. Jüngste Äußerungen des Vorsitzenden Powell dürften eine Reihe von Zinssenkungen – über den FOMC-Zinsentscheid vom 19. Juni hinaus – wahrscheinlicher werden lassen. Für die Fed liegen die Beweggründe ganz klar in einer fortlaufend unter dem Ziel liegenden US-Inflation – trotz einer Arbeitslosenquote auf Rekordtief – und den anhaltenden Handelsstreitigkeiten mit China, der Europäischen Union (EU), Kanada und Mexiko.

Die Finanzmärkte scheinen überdies anzunehmen, dass die Inflation noch niedriger ausfallen wird; die Breakeven-Inflationsrate (5 Jahre auf 5 Jahre) liegt bei 1,50% (Quelle: Bloomberg, 18. Juni, 11.10 Uhr New Yorker Zeit). Sie spiegelt die Erwartungen wider, die in den Markt für 5-jährige US-Staatsanleihen und deren inflationsbereinigte Pendants eingepreist sind. John Bellows von Western Asset stellte zuletzt fest, dass der Markt sich bei der Zinsentwicklung vielleicht selbst überholt hat, aber dass die Richtung zumindest stimmt.

Inflation und Zinsen in den USA: Neue ökonomische Realität?



Quelle: Bloomberg, Stand: 17. Juni 2019. Die vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für zukünftige Ergebnisse dar. Diese Informationen dienen nur der Veranschaulichung und spiegeln nicht die Wertentwicklung einer tatsächlichen Investition wider

Im Abseits: Der Euro
In der Welt des Devisenhandels ist der Gewinn einer Währung der Verlust einer anderen. So auch beim US-Dollar und dem Euro am 18. Juni, als der Euro gegenüber dem Dollar um 6 Basispunkte fiel, nachdem EZB-Präsident Mario Draghi auf der Jahreskonferenz der Bank in Sintra, Portugal, seine Grundsatzrede zu anstehenden Zinssenkungen hielt. Die unmittelbare Bewegung beim Euro war unter dem Gesichtspunkt der relativen Zinsdifferenz nachvollziehbar, ebenso wie der Rückgang bei den Renditen 10-jähriger Bundesanleihen, welche um 7 Basispunkte auf -0,322% nachgaben - ein neuer Negativrekord.

Konsequenterweise stieg der US-Dollar gegenüber dem Euro - um rund fünf Basispunkte. Interessanterweise stieg der Kassakurs für den handelsgewichteten Dollar im Zuge dieser Nachrichtenlage um 0,41% und führte seinen nun 5-tägigen Anstieg auf insgesamt 1,21% fort.

Im Aufschwung: Europäische Staatsanleihen
Mit dieser Ankündigung wurde EZB-Präsident Draghi seinem Spitznamen „Super Mario" ein weiteres Mal gerecht, und er machte deutlich, dass weitere Zinssenkungen für die EZB die „Waffen der Wahl" seien, um die wirtschaftliche Trägheit zu bekämpfen.

Damit änderte er den Marktkonsens darüber, was nach seiner ereignisreichen 10-jährigen Amtszeit als Präsident, die am 31. Oktober 2019 enden wird, kommen mag. Die Märkte in Europa und anderswo nahmen ihn beim Wort und trieben die Renditen südwärts. Die Rendite auf 2-jährige Staatsanleihen in Deutschland fiel um 7 Basispunkte und lag kurzzeitig nur noch bei -0,766% - mehr als fünf Standardabweichungen entfernt von der eigenen Preisspanne über die letzten 90 Tage. Sogar die 30-jährige Staatsanleihe Italiens reagierte ähnlich und fiel um 14,9 Basispunkte auf 3,144% (etwas mehr als 3 Standardabweichungen).

Obwohl unklar ist, was die Zukunft für die EZB nach der Übergabe der Zügel durch Draghi bringt, bleibt festzuhalten, dass die dramatischen Aussagen Draghis auf der EZB-Jahrestagung wahrscheinlich nicht sonderlich stark vom Konsens der EZB-Mitglieder abgewichen sein dürften. Der zukünftige Kurs der EZB dürfte damit gesetzt sein.

Quelle für alle Daten: Bloomberg, sofern nicht anders angegeben.

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*) Stephan Bannier, CFA, ist Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.