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Bondupdate: Rentenerträge: Rekordtief, Rekordfinsternis

Der Markt für globale Staatsanleihen legte in den letzten fünf Handelstagen zu, nachdem nach enttäuschenden US-Wirtschaftsdaten kaum noch jemand mit einer unmittelbaren weiteren Zinserhöhung der Fed rechnet. Die Nachwehen des US-Jobreports vom 3. Juni, der deutlich hinter den Erwartungen zurück blieb, haben mittlerweile auch die Benchmark-Zinskurve der 10-jährigen US-Staatsanleihen auf 1,61% gedrückt – auf den niedrigsten Wert seit 2012. In Europa ist die Rendite 10-jähriger deutscher Staatsanleihen auf 0% gesunken, ebenfalls ein neuer Negativrekord, der vor allem darauf zurückzuführen ist, dass sich immer mehr Anleger davor fürchten, dass in Großbritannien am 23. Juni für einen Austritt aus der EU gestimmt wird, und sie deshalb in die traditionellen sicheren Häfen flüchten.

Klaus Dahmann*

Die Inflationserwartungen sind auf beiden Seiten des Atlantiks gesunken, insbesondere aber in Europa. Dort sank die erwartete Fünfjahresinflation auf 1,3% und damit deutlich unter das EZB-Ziel von 2%. In den USA ist die 10-jährige Breakeven-Rate – die Differenz zwischen nominalen und inflations-adjustieren Realrenditen – von 1,71% Ende April auf aktuell 1,52% gefallen. Der Index für US-Staatsanleihen mit Laufzeiten von über 25 Jahren war mit einem Plus von 1,9% einer der Top-Performer der letzten Tage. Die Anlageklasse hat in den letzten 12 Monaten um fast 18% zugelegt, getrieben von schwachen US-Daten und der Nachfrage nach sicheren Häfen.

Aufsteiger
US-Unternehmensanleihen – Super Size Me: Höhere Spreads bei US-Unternehmensanleihen und fallende Renditen in Europa und Japan machen den US-Anleihemarkt relativ betrachtet attraktiver. Die Rendite von US-Staatsanleihen ist höher als die europäischer oder japanischer Papiere, da sowohl das Wachstum, als auch die Inflation in den USA höher ist. Dennoch heißt auch in den USA das höchste Gebot der Stunde Selektion. Denn sowohl bei den Gewinnen als auch bei den Einnahmen der US-Unternehmen deuten die Zahlen einen Rückgang an. Und auch der Verschuldungsgrad hat zugenommen. Investoren, allen voran unsere auf Anleihen spezialisierte Tochtergesellschaft Western Asset, sagen jedoch, dass die Anlageklasse mit einem Spread-Niveau von 143 Basispunkten über US-Staatsanleihen noch immer attraktiv ist. Der historische Schnitt – die Finanzkrise einmal ausgeklammert – liegt bei 132 Basispunkten.

Russland – Zinssenkungs-Optimismus: Russische Staatsanleihen sind in den letzten Handelstagen auf 1,18% geklettert. Das ist nach Peru das zweitbeste Ergebnis bei Staatsanleihen aus den Schwellenländern. Die russische Zentralbank hat ihren Referenzzinssatz in der vergangenen Woche von 11% auf 10,5% gesenkt, die erste Zinssenkung seit fast einem Jahr. Zudem sagten die Währungshüter, es gäbe Potenzial für weitere Zinssenkungen, da sich der Inflationsausblick verbessert habe. Den haben sie nämlich gesenkt und zudem die Wachstumsaussichten auf 1,3% angehoben. Russland, der weltgrößte Energieexporteur, versucht derzeit eine Rezession zu überwinden, die zum Teil aus dem niedrigen Ölpreis resultiert. Der russische Rubel hat seit Jahresbeginn im Vergleich zum US-Dollar 14,5% gut gemacht und ist nach dem brasilianischen Real damit die am zweitbesten performende Währung aus den Schwellenländern.

Absteiger
Europäische Unternehmensanleihen – nicht gerade ein Rosengarten: Die Kosten dafür, europäische Unternehmensanleihen vor Ausfällen zu schützen, sind in den letzten Handelstagen angestiegen – und das trotz der höheren Aufmerksamkeit für den Sektor nachdem die EZB in den Markt eingestiegen ist. Die europäische Zentralbank hat in der vergangenen Woche als Teil ihrer quantitativen Lockerungspolitik damit begonnen, in Euro denominierte Unternehmensanleihen außerhalb des Finanzsektors aufzukaufen. Zweck ist es, die Fremdkapitalkosten zu reduzieren und das Wachstum anzukurbeln. Die 0,8% Rendite der Anlageklasse in den letzten 30 Tagen liegt noch immer hinter der vergleichbarer US-Unternehmen zurück, da der Rückgang der Rendite hauptsächlich auf fallende Renditen bei Staatsanleihen zurückzuführen ist, die die Unternehmen als risikofreie Basis nutzen. Unternehmen in Europa sehen sich im Vergleich zu den USA mit einer immer herausfordernden Wirtschaft und weniger Liquidität am Anleihemarkt konfrontiert.

Inflation in Japan – Ist abwärts der einzige Weg?: Die Verbraucherpreise in Japan – frische Lebensmittel ausgeschlossen – fielen im April um 0,3%, verglichen mit dem Vorjahr. Dies war der zweite monatliche Rückgang in Folge. Und obwohl der Rückgang leicht unter den Erwartungen von 0,4% zurück blieb, zeigt er doch einmal mehr, dass es das Land nicht schafft, Inflation und Wachstum anzukurbeln – trotz eines geldpolitischen Stimulus in Rekordhöhe und den im Januar umgesetzten Negativzinsen. Nachdem Japan nun schon seit rund 20 Jahren mit der Deflation kämpft, glauben einige Anleger mittlerweile, dass Japan beim Thema geldpolitische Stimulation in naher Zukunft sogar noch einen draufsetzen könnte. Das Land kämpft nämlich nicht nur mit den eigenen Wachstumsproblemen, sondern zugleich mit den Auswirkungen eines maroden globalen Wachstums und anhaltend niedrigen Energiepreisen, die die Preise insgesamt in den Keller ziehen. Der Yen hat trotzdem im Vergleich zum US-Dollar seit Jahresbeginn um 13% zulegen können. Auch hier spielt die gestiegene Nachfrage nach sicheren Häfen eine wichtige Rolle, was die japanischen Hoffnungen, international gesehen wettbewerbsfähiger zu werden, dämpft.


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*) Klaus Dahmann ist Niederlassungsleiter und Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.