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BondUpdate: US-Wachstum – Lehren aus den Schwellenländern

Die US-Wirtschaft beeinflusst maßgeblich das Schicksal vieler Schwellenländer (EM). Da jedoch die Verschuldung von Staat und Unternehmen in den USA zunimmt, stellt sich die Frage, ob die Art, wie diese Nationen mit ihrer eigenen ansteigenden Verschuldung und den Handelsungleichgewichten umgehen, nicht auch nützliche Lehren für die USA geben könnte.

Stephan Bannier

Diese Fragestellung hat durch die Debatte über die Idee der Modernen Geldtheorie (MMT) durchaus an Bedeutung gewonnen. Diese Theorie besagt, dass kein Land, das seine eigene Währung druckt, jemals wirklich insolvent werden kann, so dass die Sorgen um die Staatsverschuldung quasi unbegründet sind. Im Prinzip sollten die Regierungen also für die Maximierung der Beschäftigungslage Geld ausgeben und sich nicht weiter um Defizite und Schuldenstände sorgen.

Gegenbeispiele gibt es in den Schwellenländern jedoch auch; mit der Türkei, Argentinien und Venezuela zum Beispiel, die sich den Weg aus der Verschuldung mit der Notenpresse freidrucken wollten – mit eher unglücklichem Ausgang. Brandywine Global schlägt in einem kürzlich erschienenen Artikel vor, dass Leistungsbilanzdefizite, d.h. die Nettoabflüsse von Geldmitteln, tatsächlich zu Defiziten bei der Investitionsfinanzierung führen können. In den USA wird dieser Rückgang jedoch zumindest vorerst durch den Anstieg bei der Unternehmensverschuldung mehr als ausgeglichen. Länder wie die Türkei befinden sich allerdings in einer schwierigeren Ausgangslage, denn die Unternehmen in der Türkei und ein Großteil ihrer übrigen Wirtschaft sind von ausländischen Investitionen abhängig, was die Notenpresse zu einem zweischneidigen Schwert macht.

US-Unternehmensschulden (außer Finanzsektor) und der Höhe des Leistungsbilanzdefizits



Chart mit freundlicher Genehmigung von Brandywine Global. Quelle: Haver Analytics, Stand: 31.3.2019. Die vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für zukünftige Ergebnisse dar. Diese Informationen dienen nur der Veranschaulichung und spiegeln nicht die Wertentwicklung einer tatsächlichen Investition wider.

Im Aufschwung: Die Türkische Lira
Die türkische Währung stieg am Montag, den 1. Juli, um erstaunliche 2,26% gegenüber dem US-Dollar und war damit in der letzten Woche die mit Abstand stärkste Schwellenländer-Währung. Eine Ursache dafür: eine Änderung der Vorschriften durch die Zentralbank über die Fremdwährungsreserven der Banken.

Die derzeitige Obergrenze für Fremdwährungsbestände von Banken beträgt 30% und diese Bestände sind zudem anrechenbar auf die geforderte Mindestreservepflicht einer Bank. Eine Senkung dieser Obergrenze würde dazu führen, dass die Banken Lira kaufen, was wiederum das Angebot am Markt schrumpfen und die Summe an verfügbaren Fremdwährungen erhöhen würde. Ein Teil des Anstiegs der Lira hat also mit der erwarteten Verknappung zu tun.

Weitere mögliche Gründe für den Aufschwung sind eine angebliche Lockerung der US-Sanktionen, welche wegen des Erwerbs russischer Flugabwehrraketen durch die Türkei verhängt wurden, und eine mögliche Ausweitung der verfügbaren Finanzmittel der Türkei.

Leider würden diese Mittel von der türkischen Zentralbank stammen, was die Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ) veranlasste, die Türkei als Beispiel dafür zu benennen, warum die Unabhängigkeit einer Zentralbank so wichtig ist. „Man sieht, wie die Regierung die Autonomie der Zentralbank untergräbt und gleichzeitig erkennt man die negativen Folgen, die sich daraus ergeben", sagte der BIZ-Generaldirektor Agustin Carstens.

Im Abseits: Verarbeitendes Gewerbe in der Eurozone
Während die US-Marktbeobachter sich noch über eine hypothetische Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in den USA Sorgen machen, ist das verarbeitende Gewerbe in der Eurozone bereits einen Schritt weiter: Dort ist der aggregierte PMI-Wert schon im Januar 2019 unter das Expansions-/Kontraktionsniveau von 50 gefallen und verharrt seither im Bereich von 44-45. Der letzte Stand zum 30. Juni betrug 45,0.

Der britische PMI-Wert für das verarbeitende Gewerbe lag zum 30. Juni bei 48,0, während die USA in der letzten Zeit einen nur ganz leicht expansiven Wert von 50,6 zeigten. Selbst China drehte leicht unter die 50 mit 49,4.

Marktteilnehmer geben die Schuld für die rückläufige Handelstätigkeit für Industrieerzeugnisse in der Eurozone dem Handels- und Zollkonflikt, welcher dieses Jahr dominiert. Wenn die jüngste Runde der Handelsgespräche zwischen China und den USA Früchte tragen und die Lage sich nicht verschlimmern würde, könnte vorsichtiger Optimismus angebracht sein.

Quelle für alle Daten: Bloomberg, Stand: 25. Juni 2019, sofern nicht anders angegeben.

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*) Stephan Bannier, CFA, ist Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.