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BondUpdate: US-Zinsen – optimistische Verbraucher vs. pessimistische Notenbank

Die allgemeine Marktmeinung, dass die US-Notenbank im Jahr 2019 drei Zinserhöhungen vornehmen würde, scheint sich fast vollständig in Luft aufgelöst zu haben. Einige Beobachter weisen vielmehr darauf hin, dass der nächste Schritt der Notenbank eventuell sogar eine Zinssenkung sein könnte, um eine möglicherweise nachlassende Wirtschaft zu unterstützen.

Stephan Bannier

Ein Faktor, der die Richtung vorgeben könnte, ist die Stimmung der Verbraucher. Wenn sich das Vertrauen in die Wirtschaft von dem im vierten Quartal 2018 gesehenen Rückschlag erholt, werden die optimistischen Wachstumsprognosen, welche in dem jüngsten US-Budgetvorschlag eingebettet sind, wahrscheinlicher. Damit könnten die Zinsen den Ende 2018 aufgegebenen Aufwärtspfad wieder aufnehmen - eine kritische Angelegenheit für Halter von Anleihen weltweit.

Für die Verbraucher in den USA könnte die weitere Entwicklung bei den Zinsen auf Kreditkartenverbindlichkeiten entscheidend sein. Diese Zinssätze liegen nahe den Höchstständen - über die letzten 20 Jahre gesehen - wie die Grafik von Brandywine Global unten zeigt. In diesem Zusammenhang wird das weitere Vorgehen der US-Notenbank wichtig sein. Wenn es – wie von einigen Ökonomen nach der Dezember-Veröffentlichung der Median-Schätzungen („Dot Plot“) diskutiert – zu keiner Zinsanhebung im Jahr 2019 kommen würde, dann könnte das die Zinslast der Verbraucher auf ihre Kreditkartenschulden spürbar reduzieren.

Hinzu kommt der kürzlich angekündigte inflationsbereinigte Lohnanstieg von 1,9% im Februar gegenüber dem Vorjahresmonat. Am Ende könnten die Aussichten für das Konsumverhalten sogar positiver ausfallen, als viele aktuell glauben.

Zinssätze bei Kreditkarten: Ein 20-Jahreshoch



Chart mit freundlicher Genehmigung von Brandywine Global. Quelle: Brandywine Global und Halver Analytics. Die vergangene Wertentwicklung stellt keine Garantie für zukünftige Ergebnisse dar. Diese Informationen dienen nur der Veranschaulichung und spiegeln nicht die Wertentwicklung einer tatsächlichen Investition wider.

Im Aufschwung: Optimismus bei kleineren Firmen in den USA
Im Februar stieg der „Optimismus-Index“ der National Federation of Independent Businesses (NFIB) auf 101,7 gegenüber dem Zweijahrestief von 101,2. Das ist jedoch eher eine Verschnaufpause als eine vollständige Trendwende: Der Index erreichte seinen Höchststand mit 108,8 Punkten vor einem halben Jahr (am 31. August 2018).

Der Bericht machte den zeitweiligen Stillstand der US-Regierung für die sinkenden Zahlen gegen Ende des vergangenen Jahres verantwortlich und stellte fest: „Jetzt, da die Regierung finanziert ist und sich die Verbraucherstimmung erholt hat, sollten die Eigentümer wieder zum Tagesgeschäft übergehen können.“

Allerdings waren nur zwei Teilkomponenten des Gesamtindex rückläufig, nämlich die Pläne zur Einstellung und zur Ertragsentwicklung. Dies deutet darauf hin, dass sich die Stimmung unter den NFIB-Mitgliedern noch nicht wieder vollends gefestigt hat.

Im Abseits: Die Türkei in der Rezession – Erstmals seit einem Jahrzehnt
Das Türkische Statistische Institut berichtete, dass das Wirtschaftswachstum im vierten Quartal um 2,4% schrumpfte und damit den eher trüben Trend des Vorquartals (Q3) fortsetzte. Dieses wies bereits eine im Vergleich zum zweiten Quartal um -1,6% geringere Wirtschaftsleistung aus. Die Entwicklung erfüllt damit die am weitesten verbreitete Kriterien zur Bestimmung einer Rezession: zwei aufeinander folgende Quartale mit negativem Wirtschaftswachstum. Zum Ende des vierten Quartals schrumpfte die Wirtschaft im Vergleich zum Vorjahr um ganze 3%. Das letzte Mal war die Türkei im Jahr 2008 mit einer Rezession konfrontiert. Zu diesem Zeitpunkt stand jedoch auch der Rest der Welt vor großen Herausforderungen.

Obwohl enttäuschend, war der Rückgang keine Überraschung. Der Gesamtnennwert der Kredite in der Wirtschaft ist seit diesem Sommer - als die Währungskrise des Landes und der Konflikt mit den USA über Handel und Politik gegenüber Syrien ausgebrochen sind - um über 11% gesunken. Die türkische Lira hat seit Ende 2018 gegenüber dem US-Dollar um etwa 3% und in den letzten 12 Monaten um rund 30% abgewertet. Im Vergleich: Von den wichtigsten Schwellenländer-Währungen hat sich nur der argentinische Peso schlechter entwickelt. Die fünfjährigen Anleihen der Türkei in US-Dollar weisen aktuell eine Rendite von 6,297% auf; nur die Ukraine, Argentinien und Venezuela sind mit 8,9%, 9,9% bzw. 35,7% schlechter.

Es ist erwähnenswert, dass Präsident Recep Tayyip Erdogan seit dem Ende der Währungskrise weitgehend aufgehört hat, die Zentralbank zu kritisieren. Aber sein Druck zur Senkung der Zinsen könnte wieder zunehmen, nachdem das Wachstum negativ geworden ist.

Quelle für alle Daten: Bloomberg, Stand: 7. März 2019, sofern nicht anders angegeben.

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*) Stephan Bannier, CFA, ist Country Head Deutschland und Österreich bei Legg Mason. An dieser Stelle geben die Anlageexperten von Legg Mason regelmäßige Einschätzungen zu den aktuellen Entwicklungen an den globalen Bondmärkten ab.