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„Das derzeitige Level der Credit-Spreads impliziert eine etwa 25%ige Default-Wahrscheinlichkeit für High Yields“

Während ein Teil des Marktes noch immer tickende Zeitbomben im Creditbereich sieht, gibt es durchaus viele Investoren die angesichts der rekordverdächtigen Spreads in fast allen Segmenten auf die Käuferseite gewechselt sind. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Gregoire Pesques und Andreas Mittler von der Société Générale Asset Management (SGAM) über Einstiegschancen und Risiken im Markt.

IPE Institutional Investment: Wie kann man am besten beschreiben, was 2008 an den Credit-Märkten passiert ist?
Pesques: Mit dem Beginn der US-Subprime Krise waren hoch geleveragte Produkte gezwungen zu deleveragen. Davon betroffen waren nicht nur SIVs und strukturierte Produkte, sondern auch Banken. Die Abwicklung der CIVs hatte substanziellen Einfluss auf die Finanzmärkte und Solvabilität der Banken. Der Default von Lehman legte das systemische Risiko offen und schwächte das Vertrauen in das Finanz- und Interbankensystem. Zentralbanken, Aufsichtsbehörden und Regierungen waren gezwungen zu intervenieren um das Vertrauen und die Liquidität wiederherzustellen, und die Ausweitung des Credit-Crunches außerhalb des Finanzsektors zu einzuschränken.

IPE Institutional Investment: Quer durch alle Bereiche sind die Spreads auf historische Hochs gestiegen, welche Kursbewegungen haben Sie am meisten überrascht?
Pesques: Am meisten überrascht war ich von den Spreadausweitungen des Euribor OIS. Viele Papiere von guter Qualität erreichten sehr hohe Niveaus, hauptsächlich aus Gründen der Illiquidität und Korrelation. In einer Phase in der gilt: „Cash is King“ investiert niemand in Papiere mit niedrigem absoluten Ertrag. In der Folge davon litten Papiere mit der besten Qualität am meisten und blieben unattraktiv. Der Euro Credit Markt ist normalerweise sehr liquide. Alle Banken sind gewöhnlich sehr stark involviert und stellten Preise mit lediglich 2 bps Bid/Ask-Spread. Es wird lange dauern, bis die Creditmärkte sich auf diese Liquiditätsniveaus erholen werden. Bond-Spreads spiegeln jetzt on the run / off the run Emissionen wider und die Kreditstrukturkurve wird nicht gleichmäßig, sondern glockenförmig ausgeprägt sein. Anomalien werden vorübergehend weiter bestehen und Ungleichgewichte an den Märkten reflektieren.
Mittler: Es ist auffällig, dass Neuemissionen derzeit weitaus höhere Spreads bieten, als Papiere auf dem Zweitmarkt. Liquidität ist knapp und wird mit hohen Prämien bezahlt. Dies drückt sich auch durch die derzeit negative Basis, der Differenz  zwischen Credit Default Swaps (CDS) und Anleihen des selben Ausstellers mit vergleichbarer Laufzeit, aus.

IPE Institutional Investment: Welche Wahrscheinlichkeit billigen Sie dem Szenario für die Wirtschaft zu, das die Credit-Märkte aktuell einpreisen?
Pesques: Wenn wir darauf vertrauen, dass die Credit-Spreads ein guter Indikator für Ausfallwahrscheinlichkeiten sind, bedeutet das derzeitige Level eine etwa 25%ige Default-Wahrscheinlichkeit für High Yields (in den 30er Jahren bewegten wir uns bei ca. 15%!) und 5% bei Investment Grade. Die Spreads spiegeln nicht nur die Ausfallwahrscheinlichkeit wider, sondern enthalten auch eine Liquiditätsprämie. Auch wenn wir annehmen, dass sich die Kreditqualität weiter verschlechtert und die Anzahl der Fallen Angels und Defaults hoch sein wird, sind die Opportunitätskosten nicht in Credit investiert zu sein, aufgrund der stark gesenkten Zentralbankzinsen und gefallenen Renditen der Bundesanleihen sehr hoch. Darüber hinaus bietet die im Hinblick auf die Wirtschaft notwendige aber dennoch sehr hohe Neuverschuldung der europäischen Staaten einigen Anlass zur Besorgnis hinsichtlich der Bonität einzelner Länder.

IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns über Ihre Favoriten sprechen. Was spricht insbesondere für Corporates und auf welche Sektoren sollte man achten?
Pesques: Wir empfehlen ein Normalisierungs-Szenario. Senior-Debt des Finanzsektors und die defensivsten Industriewerte sind attraktiv. Wir denken, es ist etwas zu früh um Exposure zu den eher Zyklischen Sektoren aufzubauen.

IPE Institutional Investment: Welche Rolle spielt die Duration in diesem Zusammenhang noch?
Pesques: Das Wichtigste ist, die richtigen Credits auszuwählen um die Rendite der Portfolios zu schützen.
Mittler Der Markt zeigt eine interessante Struktur der Kreditkurve (Abb 1, sh. Anhang). Die Spreads sind im kurzfristigen Bereich am höchsten. Im vergangenen Jahr lag der Großteil der Emissionen im Bereich zwischen einem und fünf Jahren. Nimmt man Beispielsweise den Lehman Corporate Bond Index 1-3 Jahre, so ist festzustellen, dass dieses Segment der Assetklasse in einem rollierenden 1.Jahres-Zeitraum auch in Perioden von Spreadausweitungen eine positive absolute Performance auswies (Abb. 2, sh. Anhang).

IPE Institutional Investment: Ein anderes Segment, das extrem unter die Räder gekommen ist, ist der High Yield Markt. Wie ist hier Ihre Einschätzung?
Pesques: Der High Yield Markt erfuhr eine massive Korrektur von minus 35% im vergangenen Jahr. Ich bin seit 1995 in diesem Markt tätig und habe ihn nie zuvor in einer solchen Verfassung hinsichtlich Illiquidität und Ungleichgewicht erlebt. Das resultiert teilweise aus dem Leveraged Loan Markt, der unter dem Deleveraging großer Investoren und der derzeitigen Schwäche des Bankensektors leidet. Refinanzierungen dürften schwierig sein, Ausfälle hoch und Recovery Rates niedrig. Jedoch halten wir den Markt bei Preisen von 55% für attraktiv.

IPE Institutional Investment: Welche Rolle spielt bei den „Preisanomalien“ die Illiquiditätsprämie des Segments?
Pesques: Wie bei Investment Grade spielt die mangelnde Liquidität auch bei den Spreads im High Yield Segment eine wichtige Rolle. Vergleicht man die CDS- und Cash-Märkte an, kann man in etwa sagen, dass 2/3 des Spreads auch das Kreditrisiko und 1/3 auf die Illiquidität zurückzuführen sind.
Mittler: Um die Liquiditätsprämie voll einzufangen, arbeiten wir gerade mit einigen Kunden an einem Fonds mit buy-and-hold Strategie. Der entscheidende Faktor ist natürlich auch hier die Titelauswahl.

IPE Institutional Investment: Immer wieder werden auch Convertibles als Tipp für 2009 genannt, wie ist Ihre Meinung zu diesem Marktsegment?
Pesques: Ich glaube an den Convertible Markt. Wir verwalten Credits und Convertibles im gleichen Team und das hat sich als sehr hilfreich für beide Teile erwiesen. Convertible Bonds wurden Ende 2008 insbesondere von der Lehman-Insolvenz und dem massiven Deleveraging von Hedgefonds getroffen. Convertible Arbitrage Strategien waren in 2008 eine der schlechtesten Gruppen des Hedgefonds Universums. Die Abschläge aufgrund der Hedgefonds Zwangsverkäufe waren im September/Oktober letzten Jahres am höchsten und sind jetzt immer noch auf interessanten Niveaus. Viele dieser Investoren bewegten sich weg von Arbitrage-Strategien sind jetzt long-only. In Anbetracht hohen Refinanzierungsbedarfs werden die Unternehmen alle Finanzierungsquellen ausschöpfen, so auch den Convertible Bond  Markt. Auch erhöhte M&A-Aktivität würde den Markt für Wandelanleihen weiter beleben.
Mittler: Darüber hinaus haben Wandelanleihen durch Ihr konvexes Profil einen sehr charmanten Effekt im Portfolio. Die Optionen der Wandelanleihen sind äußerst niedrig bewertet und der Markt hat die große Deleveraging-Phase abgeschlossen.

IPE Institutional Investment: Wovon sollten Anleger nach wie vor die Finger lassen?
Mittler: Von gehebelten Credit-Produkten und Strukturen, deren Payout-Profil schwer nachzuvollziehen ist. Daneben ist das Kontrahentenrisiko wieder stärker in das Bewusstsein der Anleger vorgedrungen.
Pesques: ...und von Jobs im Credit-Bereich, dort altert man derzeit sehr schnell.

IPE Institutional Investment: Vielen Dank für das Gespräch, wir werden den Markt im Auge behalten.