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„Das Risiko von Hedgefonds ist geringer als das von Aktien“

Alternative Risikoprämien hängen primär von der Strategie ab, die ein Fondsmanager verfolgt, erklärte Jan Viebig, CEO und Head of Alternative Investment der Harcourt Investment Consulting AG, im Interview mit unserem Kooperationspartner alternative investor information, welches wir in Auszügen veröffentlichen. Institutionelle Anleger können demnach diese alternativen Risikoprämien gut bei der Portfoliokonstruktion nutzen.

Dr. Jan Viebig

Hedgework: Das enorme Wachstum der Hedgefonds-Industrie hat dazu geführt, dass wir heute viel mehr über die Risiken der Hedgefonds wissen, als je zuvor. Welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse lassen sich für Hedgefonds nutzen?
Viebig: Die beiden wirklich neuen Erkenntnisse lauten: Erstens, das Risiko von Hedgefonds hängt, anders als das von traditionellen Anlagen, primär von der Strategie ab, die ein Hedgefonds verfolgt. Bei traditionellen Anlagefonds bestimmt die Anlageklasse rund 90% des Risikos. Zweitens, der Zusammenhang zwischen den Renditen von Hedgefonds und traditionellen Anlageklassen ist oftmals nichtlinearer Natur. Also sind traditionelle Risikomodelle nur bedingt geeignet, um das Risiko von Hedgefonds zu quantifizieren.

Hedgework: Wie essenziell sind diese Erkenntnisse für Anleger und Hedgefonds-Manager?
Viebig: Noch vor wenigen Jahren fiel es selbst Experten schwer, die Risiken von Hedgefonds einfach und klar zu erklären. Heute erkennen immer mehr Investoren, dass unter dem Begriff Hedgefonds völlig unterschiedliche Strategien wie Long/Short Equity-Strategien, Macro-Strategien, CTA-Strategien oder Relative Value-Strategien subsumiert werden. Fondsmanager und ihre Anleger wissen heute, dass mit einer bestimmten Strategie immer auch bestimmte strategiespezifische Risiken verbunden sind. Nur wer diese versteht, kann sie entsprechend steuern. Deshalb sind diese neuen Erkenntnisse so wichtig.

Hedgework: Wie definieren Sie das Risiko von Hedgefonds?
Viebig: Unter Risiko versteht man die Wahrscheinlichkeit, mit der in der Zukunft Gewinne und Verluste eintreten. Sind Renditen normalverteilt, dann kann man Wahrscheinlichkeitsverteilungen anhand von zwei Parametern, dem Mittelwert und der Standardabweichung, vollkommen beschreiben. Allerdings sind Renditen von Hedgefonds nicht normalverteilt. Deshalb macht es hier Sinn, sich neben der Volatilität auch höhere Verteilungsparameter wie die Schiefe und Kurtosis einer Verteilung anzusehen.

Hedgework: Wie hoch ist das Risiko von Hedgefonds?
Viebig: Wer sich das Risiko von breiten Hedgefonds-Indizes ansieht, erkennt schnell, dass das Risiko von Hedgefonds geringer ist als das von Aktien. Die Volatilität von breiten Hedgefonds-Indizes liegt seit den 1990er-Jahren bei ungefähr 6% pro Jahr, die von Aktien bei rund 16% pro Jahr. Der Value-at-Risk von Hedgefonds liegt bei breiten Hedgefonds-Indizes mit einer Konfidenz von 95% bei unter -2,5% pro Monat, bei Aktien aber bei rund -8% pro Monat. Das heißt, dass Anleger, die in Aktien investieren, in fünf von 100 Monaten mit höheren Verlusten als 8% rechnen sollten, wohingegen Anleger, die in ein breit diversifiziertes Hedgefonds-Portfolio investieren, in fünf von 100 Monaten mit einem Verlust von über -2,5% pro Monat rechnen sollten. Solche Betrachtungen sind hilfreich. Sie zeigen, dass Hedgefonds nicht so riskant sind, wie oftmals behauptet wird.

Hedgework: Funktionieren denn die traditionellen linearen Faktormodelle bei Hedgefonds, um das Risiko zu messen?
Viebig: Lineare Faktormodelle sind gut geeignet, um das Risiko von traditionellen Aktien- und Anleihenfonds zu analysieren. Bei Hedgefonds dagegen ist der Zusammenhang zwischen den Renditen von traditionellen Anlageklassen und denen von Hedgefonds oftmals nichtlinear. Deshalb wurden bessere Modelle entwickelt, die man als Asset-Based-Style-Faktormodelle (ABS) bezeichnet. Anhand solcher Modelle kann man die Rendite- und Risikocharakteristika von Hedge­fonds heute weitaus besser erklären als anhand von traditionellen Risikofaktormodellen.

Hedgework: Können Sie das Prinzip der ABS-Faktormodelle kurz erläutern?
Viebig: ABS-Faktormodellen konstruiert man mittels Spread-Faktoren, Volatilitäts-Faktoren und regelbasierten Faktoren, um die nichtlinearen Zusammenhänge zwischen den Renditen von Hedgefonds und den Renditen traditioneller Assetklassen angemessen zu erfassen. Beim Einsatz von ABS-Faktormodellen werden nichtlineare Zusammenhänge durch eigens konstruierte Faktoren erfasst und dabei gleichzeitig die lineare Struktur des Modells gewahrt. Durch die Verwendung von eigens konstruierten, strategiespezifischen Faktoren steigt der Erklärungsgehalt der Modelle. Durch die Wahrung der linearen Struktur bleibt die gute Interpretierbarkeit des Faktormodells erhalten. Daher sind solche Modelle für den Einsatz in der Praxis so gut geeignet.Der Erklärungsgehalt linearer Faktormodelle ist im Falle von Hedgefonds geringer als bei traditionellen Anlagefonds, da die Zusammenhänge zwischen den Renditen von Hedgefonds und den Renditen traditioneller Anlageklassen oftmals nichtlinear sind.

Hedgework: Wie kann ein Fondsanbieter diese einsetzen?
Viebig: Die Erkentnis, dass das Risiko von Hedgefonds von der Strategie abhängt und die Zusammenhänge zwischen traditionellen Assetklassen und Hedgefonds oftmals nichtlinear sind, kann man zur Risikomessung und Risikosteuerung von Fund-of-Hedgefonds und Advisory-Mandaten einsetzen und zur Konstruktion von alternativen Investmentstrategien, die heute oftmals in kosteneffizienter, liquider und transparenter Form im UCITS-Format aufgelegt werden.

Hedgework: Wie erkennt ein Investor einen risikoreicheren Hedgefonds? An der Volatilität oder eher an der Strategie?
Viebig: Anleger sollten sich die Risikokennzahlen von Hedgefonds genau ansehen, bevor sie in solche Strategien investieren. Zu den wichtigsten Risikokennzahlen zählen die Volatilität, die Schiefe, die Kurtosis sowie Value-at-Risk-Kennzahlen. Ferner sollte man darauf achten, dass der Leverage – das heißt der Grad der Fremdfinanzierung – angemessen ist. Je riskanter die Strategie ist, desto geringer sollte der Fremdfinanzierungshebel sein. Entscheidend aber ist, dass man vor der Investition die strategiespezifischen Risiken gut kennt. Auch bei Hedgefonds gilt: Eine Prämie über dem risikolosen Zinssatz kann man nur erzielen, wenn man Risiken eingeht.

Hedgework: Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen, welche Innovationen erwarten Sie von der Hedgefonds-Branche in den nächsten Jahren?
Viebig: Innovation ist ein Wesensmerkmal der Hedgefonds-Industrie. Momentan entstehen viele innovative quantitative Strategien, die von der besseren und schnelleren Verfügbarkeit von ­Daten und leistungsstarken Computern profitieren. Ein großes Wachstum erleben wir derzeit zudem in Liquid Alternatives, das sind Strategien, die in liquider und kosteneffizienter Form aufgelegt werden. Hier besteht die Innovation darin, dass man Investoren einen besseren Zugang zu alternativen Risikoprämien gibt, wie beispielsweise über die RDS-Strategien.

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Dr. Jan Viebig, CFA, ist seit September 2012 bei der Harcourt Investment Consulting AG als CEO und Head of Alternative Investments tätig. Er ist zudem Mitglied des Management Committee und des Investment Committee. Zuvor arbeitete er von 1999 bis 2009 bei DWS und leitete anschließend von 2010 bis 2012 als Head of Emerging Markets Equities bei Credit Suisse in Zürich das Investment Team. Harcourtist Teil von Vontobel und kombiniert die Expertise einer unabhängigen Schweizer Privatbank mit der Innovationskraft eines aktiven internationalen Vermögensverwalters. Innerhalb des „Multi Boutique“-Ansatzes von Vontobel Asset Management hat sich Harcourt auf die Verwaltung alternativer Anlagen spezialisiert.

Hinweis: Der Beitrag stammt von unserem Kooperationspartner alternative investor information (altii). Das Unternehmen betreibt die website <link http: www.altii.de>www.altii.de, die institutionelle Investoren über Alternative Investments, Fonds und Fondsmanager informiert. Das Magazin „alternative investor information“ wendet sich ebenfalls ausschließlich an institutionelle Anleger. Das aktuelle Heft können Sie unter <link http: www.altii.de>www.altii.de herunterladen. IPE Institutional Investment ist Kooperationspartner und Gesellschafter der altii GmbH.