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„Das Thema der alternativen Risikoprämien wird seinen Weg in die institutionellen Portfolios finden“

Trotz der jüngsten Aufwärtskorrektur bei Staatsanleihen liegen die Zinsen am Rentenmarkt noch weit abseits der für institutionelle Anleger notwendigen Renditen. Entsprechend hoch bleibt der Druck, außerhalb des klassischen Investmentuniversums nach Renditequellen zu suchen. Vor diesem Hintergrund sind insbesondere auch alternative Risikoprämien als Renditequelle stärker in den Fokus gerückt. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Dr. Thorsten Neumann, Managing Director Quant & Risk Management bei Union Investment, wie diese im Rahmen einer Asset Allocation im aktuellen Umfeld genutzt werden können.

Dr. Thorsten Neumann

IPE Institutional Investment: Herr Dr. Neumann, wo und wie kam das Thema der alternativen Risikoprämien auf die Agenda in der institutionellen Anlage?
Dr. Neumann: Man muss zunächst einmal festhalten, dass die grundsätzliche Idee und die entsprechenden Strategien, in die investiert wird, beileibe nicht neu sind. Die Frage ist eher, warum das Thema nun so starke Aufmerksamkeit auf sich zieht. Hier ist sicher das aktuelle Niedrigzinsumfeld der Haupttreiber.

IPE Institutional Investment: Wie würden Sie alternative Risikoprämien als Investmentthema in einem Satz zusammenfassen?
Dr. Neumann: Wir verstehen darunter Investmentstrategien, deren Ertrag wesentlich aus systematisch erzielbaren Risikoprämien resultiert, die aber zu klassischen Risikoprämien aus Aktien und Renten geringe Korrelationen aufweisen. Meist sind diese Investmentstrategien regelbasiert und investieren in Form von strategischen Long-Short-Positionen innerhalb der klassischen Märkte.

IPE Institutional Investment: Ein Beispiel dazu wäre?
Dr. Neumann: Ein schönes Beispiel ist die sogenannte Size-Strategie, die versucht, die Renditedifferenz zwischen den Aktien von Unternehmen mit hoher und niedriger Marktkapitalisierung auszunutzen. Entsprechendes versuchen Momentum-Strategien mit Renditeunterschieden zwischen Aktien mit zuletzt starker und schwacher Wertentwicklung. Die Risikoprämie wird dann über das gleichzeitige Eingehen von Long- und Shortpositionen vereinnahmt.

IPE Institutional Investment: Angesichts des bereits angesprochenen Niedrigzinsumfelds gilt der Spruch „Ertrag braucht Risiko“ – wie viel Risiko geht der Anleger mit einer entsprechenden Strategie ein?
Dr. Neumann: Dadurch, dass Sie das Marktrisiko quasi ausschalten, ist die Risikoposition auf die Long/Short-Position begrenzt. Wie Prof. Wiedemann von der Universität Siegen in seiner Risikomanagement-Studie für uns untersucht hat, sind die Renditeeigenschaften stabil, und es konnten je nach Strategie im Zeitraum 2003 bis 2014 zwischen 1,12 und 3,61% jährliche Überschussrendite erzielt werden.

IPE Institutional Investment: Welche Rolle spielt das Thema Diversifikation?
Dr. Neumann: Diversifikation ist sicher ein zweiter wesentlicher Faktor, warum Anleger sich diese alternative Assetklasse genauer ansehen. Hier zeigt die Studie von Prof. Wiedemann, dass die beschriebenen alternativen Risikoprämien die Volatilität in einem Multi-Asset-Portfolio schon bei einer 10%igen Beimischung deutlich reduzieren können.

IPE Institutional Investment: Welche Bedeutung hat die Liquidität für Anleger bei dieser Strategie?
Dr. Neumann: Eine ganz wesentliche! Wir sprechen hier nicht von illiquiden Assets, die nur mühsam oder kurzfristig gar nicht veräußert werden können.

IPE Institutional Investment: Wo siedeln Sie alternative Risikoprämien in der Asset Allocation an?
Dr. Neumann: Ich sehe das Thema zunächst einmal als eigene Assetklasse innerhalb der Asset Allocation. Es handelt sich dabei nicht um klassische Risikoprämien, die separat anzusehen sind. Die Diskussion darüber macht es für Investoren mitunter auch schwierig, da sich intern die Frage stellt, wo das Thema genau anzusiedeln ist. Dies ist ein Lernprozess, der sicher auch nicht kurzfristig abzuschließen ist. Das Thema wird seinen Weg in die institutionellen Portfolios finden.

IPE Institutional Investment: Manche Investoren sprechen in diesem Zusammenhang von einem Rentensubstitut, da niedrige Zinsen damit kompensiert werden sollen…
Dr. Neumann: Das halte ich für sehr gefährlich! Wir sprechen hier von ganz anderen Risiko-Ertragsquellen, die sich anders verhalten als Renteninvestments, aber ein ähnliches Ertrags-Risiko-Verhältnis haben können.

IPE Institutional Investment: Wo sehen Sie bislang die breiteste Umsetzung des Themas?
Dr. Neumann: Das Thema kommt zunächst einmal aus Skandinavien bzw. den Niederlanden. Wir stehen in Deutschland sicher noch in einer früheren Phase, aber sehen zunehmendes Interesse über alle Investorengruppen.

IPE Institutional Investment: Wohin kann das Thema sich entwickeln?
Dr. Neumann: Langfristig, so meine ich, werden wir nicht mehr von klassischen und alternativen Risikoprämien sprechen, sondern von einem Pool an Risikoprämien, aus dem sich der Investor bedienen kann. Die Kunst wird es sein, hieraus dynamische Konzepte in der Asset Allokation zu bauen, die insbesondere auch Risiken wie einen plötzlichen Zinsanstieg adäquat berücksichtigen und entsprechend hedgen können.

IPE Institutional Investment: Abschließende Frage: Welche Rolle spielt das Thema bislang bei den Consultants?
Dr. Neumann: Das Thema müsste meines Erachtens deutlich stärker vorangetrieben werden. Ohne jetzt eine Bestandsaufnahme am Markt gemacht zu haben, ist mein Eindruck, dass die Branche dabei nur langsam vorankommt. Ich sehe eher viele Investmentbanken am Markt, die insbesondere für die Strukturierungseinheiten neues Geschäft sehen.

IPE Institutional Investment: Herr Dr. Neumann, vielen Dank für diese interessanten Einblicke.