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„Der Brexit war beinahe ein ‚non event‘ für die Emerging Markets“

Nicht zuletzt die Korrektur des Ölpreises hat vielen Volkswirtschaften in den Emerging Markets in der jüngeren Vergangenheit zugesetzt. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Nick Hardingham über die aktuellen Herausforderungen und Chancen im Bereich EM-Debt und diskutierte auch die Frage, ob der „Brexit“ nun eher positive oder negative Folgen für die Emerging Markets haben könnte.

Nick Hardingham

IPE Institutional Investment: Der Ölpreis scheint einen Boden gefunden zu haben und war die vergangenen Monate eher auf dem Weg nach oben. Ein gutes Zeichen für die Volkswirtschaften der Emerging Markets?
Hardingham: Grundsätzlich ja, mit dem gegenwärtigen Niveau vieler Rohstoffe, insbesondere dem Ölpreis, können die meisten Volkswirtschaften gut leben. Entsprechend konnten wir an den Kapitalmärkten feststellen, dass nicht mehr die internen Probleme derzeit die Kursentwicklung von EM-Aktien und -Anleihen bestimmen, sondern vielmehr die Notenbanken der Industriestaaten mit ihren Entscheidungen und Interventionen maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung haben.

IPE Institutional Investment: Insbesondere die Fed?
Hardingham: Ganz sicher ja, schließlich war sie ja auch der Auslöser der Korrektur. Der Markt wird hier genau schauen, wie die nächsten Schritte von Janet Yellen aussehen werden.

IPE Institutional Investment: Was ist derzeit wichtiger, die Währungsseite – also „hard currency“ vs. „local currency“ – oder die richtige Länderauswahl?
Hardingham: Historisch war sicher die Länderauswahl der entscheidende Maßstab. Zuletzt war allerdings die Währungsseite sehr volatil, falsche Entscheidungen dadurch unter Umständen sehr teuer. Wir selbst haben daher derzeit nur einen kleinen Teil unserer Investments in lokaler Währung, das Risiko bzw. die Unsicherheit ist derzeit sehr hoch. Für deutsche Investoren kann es dennoch interessant sein, einen gewissen Teil in lokaler Währung anzulegen, sollte der Euro weiterhin eher schwach tendieren.

IPE Institutional Investment: Wie gehen Sie selbst aktuell im Portfolio vor?
Hardingham: Wir setzten in unserem „Unconstrained Portfolio“ auf einen Total-Return-Ansatz mit einer Zielrendite von 8-10%. Dabei nutzen wir die komplette Bandbreite von Staatsanleihen bis Corporates und – wie schon ausgeführt – auch das komplette Währungsspektrum. Je nach Creditscoring der einzelnen Länder setzten wir einzelne Limits hinsichtlich Portfoliogröße. Dazu gibt es für uns intern drei Risikoklassen, in die wir die Volkswirtschaften eingruppieren. Dieses Risikomanagement halte ich für ganz wesentlich, um entsprechende Risiken klar zu begrenzen.

IPE Institutional Investment: Sie investieren dann aber über alle Risikokategorien?
Hardingham: Korrekt, es kommt letztlich auf das Risiko-Return-Profil an. So gibt es Länder wie Venezuela, die zwar durchaus risikobehaftet sind, aber im Gegenzug sehr gute Renditen offerieren.

IPE Institutional Investment: Bleibt die Währungsfrage und die Emittentenauswahl.
Hardingham: Richtig, hier analysieren wir genau, ob ein Investment in lokaler Währung ein zusätzliches Risiko bzw. zusätzliche Volatilität für unser Portfolio bedeutet und wie dies gegebenenfalls kompensiert wird. Derzeit sehen wir – wie schon angeführt – dies oftmals nicht und haben derzeit „Hard Currency“ höher gewichtet. Bei den Emittenten gehen wir ähnlich vor und schauen, ob das Rendite-Risiko-Profil von Quasi-Sovereigns und Corporates attraktiver ist als das der Staatsanleihen und gewichten letztlich entsprechend. Derzeit sind wir beispielsweise etwa 15-20% in Corporates gewichtet. Das ist etwas niedriger als unser langjähriger Durchschnitt.

IPE Institutional Investment: Liegt das an der Qualität?
Hardingham: Nein, es liegt eher auf der Bewertungsseite. Vieles ist hier einfach durch die zunehmend im Corporates-Markt tätigen Investoren recht teuer geworden.

IPE Institutional Investment: Brasilien wird derzeit immer gerne als „Gesicht“ der Schwierigkeiten von Emerging Markets herangezogen, sind auch Sie hier weiterhin skeptisch?
Hardingham: Brasilien hat unseres Erachtens weiterhin ein großes Fiskalproblem. Die Ausgaben des Staates passen nicht zur derzeitigen Einnahmensituation. Hier stehen wir am Anfang von schmerzhaften Einschnitten, wie das Beispiel Rio bereits zeigt. Wir haben derzeit zwar ein kleines Exposure im Inflation Linked Bonds Bereich in Brasilien, aber haben das Currency-Exposure komplett abgesichert. Ohne Neuwahlen mit einer breiten Regierungsmehrheit als Resultat sehe ich keinen starken Rebound in Brasilien.

IPE Institutional Investment: Letzte Frage Nick – sehen Sie den Brexit für die Emerging Markets an sich eher positiv oder negativ. Zumindest seitens der Fed dürfte in diesem Jahr durch weitere Zinserhöhungen kaum mehr Gegenwind für die Märkte kommen…
Hardingham: Der Brexit war beinahe ein „non event“ für die Emerging Markets, weil Großbritannien kein bedeutender Handelspartner für die Mehrheit dieser Länder ist. Beunruhigend für die Schwellenländer und die Assetklasse EM Debt wäre, wenn nun weitere Länder der EU, die regen Handel mit den Emerging Markets betreiben, dem Beispiel Großbritanniens folgen würden.

IPE Institutional Investment: Vielen Dank für diese Einblicke.