Hedgework: Herr Scharf, Sie widmen sich mit Ihrem Anlageangebot dem Gesundheitsmarkt, der an sich breit gefächert ist. Können Sie bitte einen kurzen Überblick geben, wie sich der Markt im Moment darstellt und wie es um die einzelnen Segmente bestellt ist?
Scharf: Den weltweiten Gesundheitsmarkt kann man in vier große Segmente einteilen: 1. Pharma, 2. Biotechnologie, 3. Medizintechnik und 4. Dienstleister, wozu auch die digitale Medizin gehört. Das ergibt ein sehr heterogenes und spannendes Investitionsfeld mit ganz unterschiedlichen Chance-Risiko-Profilen. Im laufenden Jahr liegt die Rendite des breiten Gesundheitsmarktes deutlich im Plus, getragen von allen vier großen Segmenten. Medizintechnik-Aktien sind zuletzt besonders gut gelaufen. Denn die Börse erwartet global mehr Investitionen der Krankenhäuser und weitere Innovationen. Ansonsten dominieren in diesem Jahr wieder die Themen Adipositas-Spritze und KI.
Hedgework: Welches sind Ihre bevorzugten Bereiche, und warum?
Scharf: In jedem Segment finden wir aussichtsreiche Unternehmen, daher investieren wir sehr breit, auch gemeinsam mit unserem Partner Medical Strategy. Ich persönlich finde die Medizintechnik besonders faszinierend, hier verschmelzen Technologie und Gesundheit immer mehr, und das hat großes Potenzial. Ein Beispiel sind OP-Roboter: Sie sind minimalinvasiv, hochpräzise und für Chirurginnen und Chirurgen eine große Unterstützung. Sie ermöglichen ein geringeres Infektionsrisiko und schlussendlich bessere Ergebnisse. Ein weiteres Beispiel ist KI in der Medizin: Dieses Feld ist nahezu grenzenlos und enorm vielversprechend, nicht nur in der Medizintechnik. Hörgeräte können mit gut trainierten KI-Modellen Lärm und Geräusche noch besser filtern, es gibt dadurch personalisierte Klangprofile, die auf die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben abgestimmt sind. Damit klingt alles natürlicher und angenehmer. Auch in der Radiologie ist KI vielfältig einsetzbar, sowohl für eine bessere Diagnostik als auch bessere Arbeitsabläufe. KI-Systeme können Röntgenaufnahmen, CT-Scans und MRT-Bilder sehr schnell analysieren, um Anomalien wie Tumore, Frakturen oder andere pathologische Veränderungen zu erkennen. Dies ermöglicht Radiologinnen und Radiologen schnellere und präzisere Diagnosen. Somit wird KI nicht nur die Medizin transformieren, sondern auch viele Geschäftsmodelle in der Gesundheitsbranche.
Hedgework: Nach den Wahlen in den USA – welchen Einfluss dürfte Donald Trump als neuer Präsident auf den Gesundheitsmarkt haben?
Scharf: Die Gesundheitspolitik war historisch oft ein sensibles Thema vor und während US-Präsidentschaftswahlen. Dieses Jahr war anders. Die Trump-Trades betrafen weniger die Gesundheitsaktien, sondern eher Autos, Stahl und Aluminium. Personalspekulationen, wie kürzlich über den möglichen neuen Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., betreffen auch den Gesundheitsmarkt. Wir spekulieren aber nicht, sondern schauen uns die konkreten politischen Maßnahmen an. Das ist die Basis unserer Investmententscheidungen. Wir bleiben davon überzeugt, dass unter anderem mit den zahlreichen vielversprechenden Medikamentenzulassungen und den technologischen Entwicklungen auch 2025 ein gutes Jahr für Gesundheitsinvestments werden kann. Der strukturelle Wachstumstrend des Gesundheitssektors ist nicht zuletzt durch die demografische Entwicklung ungebrochen.
Hedgework: Welche weiteren Einflussfaktoren sind für den Markt maßgeblich?
Scharf: Adipositas-Therapien bleiben auch 2025 ein spannendes Thema. Die GLP-1-Rezeptor-Agonisten, ursprünglich Medikamente gegen Diabetes, wirken in immer mehr Bereichen. Sie könnten nicht nur bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleber oder Schlaf-Apnoe helfen, sondern laut Studien auch das Fortschreiten von Demenz verlangsamen. Auch die Onkologie dürfte 2025 hoch interessant bleiben. Antikörper-Wirkstoff-Konjugate sind hier auf dem Vormarsch. Diese Medikamente greifen gezielt Krebszellen an, bringen den Wirkstoff direkt in die Krebszelle und schonen dabei gesunde Zellen. Die Chemotherapie wird zudem personalisierter. Darüber hinaus werden KI und andere Technologien den Gesundheitsmarkt weiter grundlegend verändern. Sie machen Behandlungen effektiver und schaffen neue Wachstumschancen.
Hedgework: Wie dauerhaft sind diese Einflussfaktoren?
Scharf: Sie sind langfristig und transformieren den Gesundheitsmarkt strukturell. Der digitale Wandel im Gesundheitsmarkt ist immer noch am Anfang, aber die Potentiale werden mehr und mehr ersichtlich. Auch der Adipositas-Markt ist ein langfristiges Thema und sein Marktpotential wird auf über 120 Mrd. US-Dollar bis 2030 geschätzt. Ebenso langfristig und aussichtsreich sind die Erwartungen bei der smarten Chemotherapie. Auch hier gehen Schätzungen von ca. 120 Mrd. US-Dollar bis 2030 aus. Anlegerinnen und Anleger haben insofern viele Möglichkeiten, in den nächsten Jahren von diesen und anderen Trends zu profitieren.
Hedgework: Wie können Asset Manager wie Sie ihren Beitrag dazu leisten?
Scharf: Der Wandel des Gesundheitsmarktes verlangt aktives Fondsmanagement mehr denn je. Die Digitalisierung verändert die Wertschöpfungsketten in allen Sektoren, einschließlich der Gesundheitsbranche. Wir achten vor allem auf Unternehmen, die digitale Plattformen, Datenanalyse und KI in der Gesundheitsversorgung erfolgreich integrieren – und meiden jene, die den Anschluss verlieren. Auch den Wandel in der Onkologie und die neuen Einsatzgebiete der GLP-1 Medikamente verfolgen wir intensiv. Mit tiefgreifenden, naturwissenschaftlichen Analysen und Studienauswertungen können wir Chancen frühzeitig erkennen. Das kann passives Management nicht leisten.
Hedgework: Wie gehen Sie bei der Analyse Ihrer Investmentziele vor? Welche Kriterien sind ausschlaggebend?
Scharf: Wir denken fundamental und bottom-up, das heißt wir investieren langfristig in Unternehmen, nicht kurzfristig in Aktienkurse. Wichtige Kriterien sind für uns zum Beispiel Marktgröße und Wachstumspotential, Pipeline und Produktportfolio, Regulatorik, Wettbewerbsvorteile, Innovationscharakter, finanzielle Kennzahlen und selbstverständlich die Bewertung. Wir investieren dort, wo Chancen zu Bewertungen passen.
Hedgework: Sie persönlich sind auch in die Entwicklung neuer Anlageideen eingebunden. Verraten Sie uns, was Sie zurzeit auf der Agenda haben?
Scharf: Mich fasziniert aktuell KI in der Reproduktionsmedizin. Das Durchschnittsalter bei der ersten Geburt hat sich in den entwickelten Ländern seit 1980 von rund 24 Jahren auf über 30 Jahre erhöht, was den Kinderwunsch oft erschwert. KI-Unterstützung kann dabei helfen, Kinderwunschbehandlungen sicherer, erfolgreicher und weniger belastend zu gestalten.
Hedgework: Wie können also alles in allem Anleger von den Chancen des Healthcare-Sektors profitieren?
Scharf: Um das gesamte Potential dieser Trends zu nutzen, sei es bei Adipositas-Medikamenten, neuen Krebstherapien, KI-basierter OP-Robotik und vielem mehr, ist aktives Fondsmanagement unverzichtbar. Unsere verschiedenen Gesundheitsfonds bieten dafür unterschiedliche Strategien. Unser größter Fonds, den wir gemeinsam mit unserem Partner Medical Strategy managen, investiert breit in die verschiedenen Subsektoren des Gesundheitsmarktes und deckt somit all diese Trends ab. Während Medical Strategy auf Pharma und Biotechnologie spezialisiert ist, fokussiert sich die apoAsset hier auf Medizintechnik, Dienstleister und Digital Health. Damit eröffnen wir Anlegerinnen und Anlegern einen direkten Zugang zu den vielversprechenden Potenzialen des Healthcare-Sektors. Lassen Sie es mich so sagen – getragen vom demografischen Wandel, der weitgehenden Konjunkturunabhängigkeit und bahnbrechenden medizinischen Fortschritten bietet der Wachstumsmarkt Healthcare außergewöhnliche Chancen.
Hedgework: Vielen Dank für diese Einblicke.
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Andreas Scharf ist seit 2020 als Investment Analyst Healthcare und Portfoliomanager bei der Apo Asset Management GmbH (apoAsset) tätig. Der studierte Betriebswirt und Master of Science in Finance ist unter anderem für die Analyse von Unternehmen und Märkten des Gesundheitssektors sowie für die Entwicklung neuer Anlageideen und die Weiterentwicklung von Investmentprozessen zuständig. Zuvor war Andreas Scharf bei der Lang und Schwarz AG. Dort verantwortete er unter anderem das Market Making für deutsche Aktien, die Entwicklung und Implementierung von Preisstrategien durch entsprechende Programmierung sowie Markt- und Industrieanalysen.