IPE D.A.CH: ESG/SRI war das große Thema bei institutionellen Investoren im Jahr 2019 – würden Sie dieser Aussage zustimmen?
John: Absolut ja, es ist definitiv gerade viel Bewegung in diesem Themenkomplex, auch wenn die Taxonomie nochmals aufgeschoben wurde. Das Thema wird uns so oder so in 2020 auch sehr stark beschäftigen, zumal wir erst am Anfang der Entwicklung stehen. Ansonsten ist natürlich das Zinsumfeld weiterhin der große Block, um den sich vieles dreht. Insgesamt wird es für institutionelle Anleger – ungeachtet vom genauen Rechnungszins und anderer Faktoren – in Summe immer schwieriger die zugesagten Verpflichtungen zu erfüllen.
IPE D.A.CH: Welche Reaktion der Anleger sehen Sie?
John: In den letzten Jahren wurde das Risiko in der Kapitalanlage weiter erhöht, im Moment wird das Thema Illiquidität und Komplexität präferiert. Wenn Sie die Kapitalflüsse genauer anschauen, so ist klar zu erkennen, dass sehr viel Geld in Private Markets geht. Die Renditen sind etwas höher und man kann auch noch Investmentgrade-Qualität mit teilweise vernünftigen Kupons erhalten.
IPE D.A.CH: Stehen wir hier schon kurz vor dem Peak oder ist das erst der Anfang?
John: Hier stehen wir ganz klar erst am Anfang der Entwicklung. Hier lohnt sich auch der Blick ins Ausland, wo beispielsweise in den USA viele große institutionelle Anleger wie Pensionsfonds und Versicherungen bereits sehr lange in hohem Maße in Private Debt engagiert sind. Letztendlich bilden wir hier nur diese Entwicklung nach, es ist definitiv keine Modeerscheinung.
IPE D.A.CH: Inwieweit hat der Renditedruck das Thema EMD angeschoben?
John: Viele Institutionelle haben hier lange gezögert, eine Allokation in EMD aufzubauen. Insofern dürfte die Assetklasse durchaus noch Wachstumspotenzial im deutschen Markt haben. Es gibt auch Anleger, die diese Anlageklasse strategisch neu dazu nehmen. Gegenüber dem Trend in Private Debt spielt dies allerdings eine deutlich untergeordnete Rolle.
IPE D.A.CH: Insgesamt also raus aus Core-Anlagen und hin zu Spezialitäten?
John: Das kann man tendenziell so formulieren. Höherrentierliche Spezialthemen werden gesucht, bei Core-Anlagen ist man eher geneigt zu passivieren oder gar abzubauen. Ansonsten sind maßgeschneiderte und auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Investmentkonzepte weiterhin gefragt.
IPE D.A.CH: Seit mittlerweile gut einem Jahr sind Sie mit einem eigenen Büro für den deutschsprachigen Markt am Standort Frankfurt vertreten. Wie lief 2019 für Insight Investment?
John: Wir sind zufrieden, die Idee nach Frankfurt zu gehen am Ende auch umgesetzt zu haben. Die Entscheidung ist über mehrere Jahre gereift – noch vor jeglicher Brexit-Diskussion. Das Büro in Frankfurt hat definitiv im Kundenkontakt einiges leichter gemacht und damit das Geschäft auch ein gutes Stück weiter angeschoben. Je nach Neugeschäft und Wachstum ist auch ein entsprechender weiterer Ausbau geplant.
IPE D.A.CH: Ist Ihnen ein bestimmte Investorengruppe 2019 besonders aufgefallen?
John: Bei den Fiduciary Managern haben wir definitiv eine erhöhte Aktivität gesehen. Das Thema ist ja bereits länger im Markt, hat dieses Jahr aber deutlich an Fahrt zugenommen. Ansonsten haben wir auch mehr Aktivität aus dem kirchlichen Bereich gesehen, aber insgesamt war das Geschäft über die Investorengruppen sehr ausgeglichen.
IPE D.A.CH: Wir haben bei unserem letzten Gespräch über den Trend Buy-and-Maintain gesprochen. Hat sich dies weiterentwickelt?
John: Definitiv, Buy-and-Maintain-Mandate haben deutlich zugenommen. Diese ersetzten in der Regel den auslaufenden Teil des Direktbestandes an Festverzinslichen der Investoren. Das wieder anzulegende Kapital wird aus Mangel an Renditen von sonst üblichen Anlagen, wie Staatsanleihen oder Pfandbriefe in dieser Kategorie, häufiger an externe Asset Manager vergeben. Das Thema dürfte meines Erachtens auch noch weiter an Fahrt gewinnen, gerade wenn die Zinsen am mittleren bzw. längeren Ende etwas höher stehen sollten. Der Vorteil solcher Buy-and-Maintain-Mandate ist, dass kundenspezifische Anforderungen, z. B. bei Kreditqualität, Duration, Zielrendite sowie ESG-Kriterien, berücksichtigt werden können.
IPE D.A.CH: Was steht bei Ihnen 2020 bei den Themen auf der Agenda?
John: Nachhaltigkeit, Secured Finance und Buy-and-Maintain sind für uns die drei großen Themen für 2020. Dazu kommen kundenspezifische Konzepte die von allgemeinen Risiko-Overlay-Management über effizientere Neuaufstellung von Fixed Income-Portfolios bis hin zur Implementierung von kundenspezifischen Nachhaltigkeitskriterien reichen können.
IPE D.A.CH: Ich habe das Interview mit dem Punkt ESG/SRI angefangen, damit möchte ich auch schließen: gibt es hier eine „lesson learnt“ im Umgang mit dem Thema, die wir mit ins neue Jahr nehmen können?
John: Aufgrund der Vielzahl an Regulierungsinitiativen kann man sicher festhalten, dass das Thema wie schon eingangs erwähnt an Fahrt gewonnen hat. Es ist klar, dass die Kapitalmarktteilnehmer auch einen Beitrag zum Thema leisten müssen. Gleichzeitig darf aber nicht das originäre Ziel der Treuhänder, in vielen Fällen ist das die Erfüllung von Pensionszusagen, unterminiert werden. So können z. B. ESG-Ausschlusskriterien das Investmentuniversum verkleinern und so zu einer höheren Volatilität führen.
IPE D.A.CH: Das heißt, eine Durchsetzung bei der Regulierung über indirekte Methoden wäre besser?
John: Ja, indirekte Nachhaltigkeits-Ansätze wie integrierte ESG-Prozesse, Offenlegung und Berichterstattung sowie Engagement bieten die notwendige Flexibilität zu mehr Nachhaltigkeit. Das ist allemal besser als kategorische Ausschlüsse.
IPE D.A.CH: Herr John, besten Dank für diese Einblicke!