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„Die Bond-Liquidität steht im Blickfeld der Investoren“

Das stetig steigende Volumen in ETFs bereitet Investoren zunehmend die Sorge einer mangelnden Liquidität in Stressphasen, gerade am Bondmarkt. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach im Rahmen einer Veranstaltung der Deutsche Asset Management in Frankfurt mit Simon Klein, Leiter Vertrieb Passive Investments EMEA & Asien, Deutsche Asset Management, Stephan Kraus, verantwortlich für das ETF-Segment der Deutschen Börse, und Jörg Sengfelder, Institutional Trading, Flow Traders, über Ängste und Tatsachen.

IPE Institutional Investment: Börsennotierte Indexfonds haben 2015 enorme Zuflüsse gesehen und werden auch in diesem Jahr stark zulegen. Was sind die Wachstumstreiber für diese Produkte?
Klein: Die Dynamik im ETF-Markt ist ungebrochen. Ein Europa hat die Branche Rekordzuflüsse von 82 Mrd. US-Dollar gesehen. Ein Wachstumstreiber sind beispielsweise Renten-ETFs. Rund 40% der Zuflüsse in Europa gingen in diese ETF-Kategorie. Gerade hier sehen wir noch viel Potenzial. Denn professionelle Investoren haben erst einen kleinen Teil ihrer Rentenanlagen passiviert. Als Anbieter weiten wir daher unser Produktangebot gerade bei physischen Renten-ETFs weiter aus.
Kraus: Auch an den Börsen sehen wir einen klaren Trend zu ETFs. Sie sind aktuell eines der am stärksten wachsenden Handelssegmente der Deutschen Börse. Der Orderbuchumsatz in ETFs auf Xetra ist allein 2015 um 40% gestiegen.

IPE Institutional Investment: Der Anstieg des Volumens in Renten-ETFs bereitet Investoren Sorgen, die ETFs könnten gerade in Stressphasen nicht liquide sein. Wie sehen Sie das?
Sengfelder: ETFs können über den Börsenhandel eine zusätzliche und damit ein Mehr an Liquidität schaffen – auch bei Renten-ETFs. Das liegt vor allem in ihrer Produktstruktur begründet. Wenn Anleihen in einem ETF zusammengefasst sind, können sie direkt zwischen mehreren Investoren über den sogenannten Sekundärmarkt gehandelt werden. Dieser ist wesentlich transparenter bei der Kurs- und Preisfeststellung als beispielsweise der OTC-Markt für Bonds. Als Market Maker tragen wir besonders dazu bei, an der Börse Käufer und Verkäufer zusammenzubringen und so zusätzliche Liquidität zu schaffen. Die Praxis zeigt: Gerade in den letzten Jahren sind die ETF-Handelsumsätze an der Börse stark gestiegen.
Klein: Ich kann die Sorgen der Investoren gut verstehen. Grundsätzlich gilt, dass ETFs mindestens so liquide sind wie ihr zugrundeliegender Markt. Manchmal sind ETFs aber auch liquider. Das ist vom Bauchgefühl her sicher schwer nachzuvollziehen. Aber die Statistiken zeigen bis jetzt, dass in Stressphasen ETFs Schock absorbierend wirkten. Dazu ein Beispiel: Im Dezember 2015 gab es bei vor allem bei US-Dollar-High-Yield-Anleihen eine sehr angespannte Liquiditätssituation. Davon waren natürlich auch die entsprechenden High-Yield-ETFs betroffen. Insgesamt wurden am 11. Dezember US-Dollar-High-Yield-ETFs in Höhe von über 5 Mrd. Euro im Sekundärmarkt, sprich an der Börse, gehandelt. Nur rund 10% dieser Summe sind dann im Primärmarkt zurückgegeben worden. Das bedeutet, dass lediglich in dieser Höhe Markteilnehmer ETF-Anteile selbst gegen die High-Yield-Anleihen aus dem zugrundeliegenden Markt tauschen wollten. Fazit: Die High-Yield-ETFs waren zu jedem Zeitpunkt handelbar. Und: 90% des Handels hat an der Börse in den ETFs selber stattgefunden. Das ist die zusätzliche Liquidität zum zugrundeliegenden Markt selber.

IPE Institutional Investment: Im August 2015 waren Investoren durch einen „Flash-Crash“ in den USA verunsichert, hier haben auch ETFs kurzzeitig massiv an Wert verloren. Warum haben wir in Europa keinen Flash-Crash gesehen?
Kraus: Ein Flash-Crash wie in den USA ist auf Xetra nicht möglich. Die Deutsche Börse hat hier schon vor vielen Jahren mit der sogenannten Volatilitätsunterbrechung einen zentralen Schutzmechanismus im Xetra-Handel eingeführt. Wir hinterlegen jedes einzelne Wertpapier, ob Aktie oder ETF, mit Preiskorridoren. Liegt der nächste potenzielle Ausführungspreis eines Wertpapiers außerhalb dieser Korridore, wird der fortlaufende Handel in diesem Wertpapier durch eine Auktion unterbrochen. Diese Auktionen dauern mindestens zwei Minuten, so dass Handelsteilnehmer auf die neue Marktsituation reagieren und bestehende Orders anpassen oder neue Orders einstellen können. Sollte der neue Preis nach Auktionsende weiterhin außerhalb einer zuvor festgelegten Spanne liegen, verlängert sich die Volatilitätsunterbrechung und muss durch unsere Marktsteuerung manuell beendet werden.

IPE Institutional Investment: Hat sich die Zusammenarbeit der Market Maker mit ETF-Anbietern und Börsen in den vergangenen Jahren verändert?
Sengfelder: Das ETF-Ökosystem hat in den vergangenen Jahren einen Quantensprung gemacht. Aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre und der intensiven Zusammenarbeit können wir Investoren viel besser bedienen, sei es beim Creation/Redemption-Prozess, oder beim Handel mit ETF-Anteilen. Das hat nicht zuletzt zu deutlich rückläufigen Spreads geführt.
Kraus: Die verbesserte Zusammenarbeit kann ich nur bestätigen. So haben wir auf Xetra in den vergangenen Jahren die Liquiditätsbereitstellung in ETFs durch Market Maker über gezielte Anreizprogramme gefördert. Die sogenannten Designated Sponsors sind verpflichtet, verbindliche Quotes unter Beachtung bestimmter Mindestanforderungen wie maximaler Spread und Mindestquotierungsvolumen ins Orderbuch einzustellen. Nur wenn diese Anforderungen erfüllt sind, erhalten Designated Sponsors ihre Transaktionsentgelte rückerstattet. Darüber hinaus gibt es Sanktionsmechansimen, wenn die Maßgaben über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt werden.

IPE Institutional Investment: Worauf sollten Investoren bei der ETF-Liquidität achten?
Klein: Das Fondsvermögen eines ETFs stellt eine Indikation für seine Liquidität dar. Als verwaltende Gesellschaft achten wir darüber hinaus darauf, ETFs auf solche Indizes anzubieten, die möglichst liquide sind. Dazu stimmen wir uns immer sehr eng mit den unterschiedlichen Marktteilnehmern ab.
Kraus: Anleger erhalten für jeden ETF unsere Liquiditätskennzahl, das Xetra-Liquiditätsmaß, oder kurz, XLM. Dieser Wert hat gegenüber der reinen Betrachtung des Spread den Vorteil, zusätzlich auch die Orderbuchtiefe zu berücksichtigen. Seit der Einführung des XLM haben sich übrigens die impliziten Transaktionskosten bei den 20 liquidesten Aktien-ETFs um 86 Prozent reduziert. Das zeigt: je höher die Liquidität, desto stärker profitieren die Anleger. Zudem ist die Anzahl der Designated Sponsors für einen ETF wichtig - je mehr, desto besser. Auch ein Blick auf die Orderbuchtiefe, die Handelsaktivität und die Verfügbarkeit des Referenzmarkts sind wichtige Kriterien.

IPE Institutional Investment: Meine Herren, vielen Dank für diese Ausführungen!