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„Die Fed nähert sich unseres Erachtens schnell einem ‚neutralen‘ Zinssatz, während die EZB noch in den Startlöchern steht“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Robert A. Vanden Assem, Head of Developed Markets Investment Grade Fixed Income, und Steve Cook, Co-Head of Emerging Markets Fixed Income, PineBridge Investment, über die aktuelle Situation für Fixed Income-Investoren und die Renditechancen im Bereich Emerging Market-Debt.

Robert A. Vanden Assem (oben) und Steve Cook

IPE Institutional Investment: Rob, lassen Sie uns zuerst über das globale Umfeld sprechen. Die amerikanische Notenbank hat jüngst eine weitere Zinserhöhung angekündigt. Wie sehen Sie die aktuelle Fed-Politik?
Vanden Assem: Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung im Dezember ist definitiv gestiegen. Zumindest käme sie für uns nicht überraschend. In Bezug auf das nächste Jahr scheinen in den aktuellen Erwartungen des Bond-Markts noch keine zwei Zinserhöhungen eingepreist zu sein. Unseres Erachtens werden seit der Finanzkrise im Allgemeinen hohe Schulden zu einem generell niedrigeren Zinsumfeld führen. Deshalb rechnen wir mit weniger Zinserhöhungen, da die Fed zur Verlangsamung der Wirtschaft nicht mehr viele Zinserhöhungen benötigt.

IPE Institutional Investment: Was bedeutet der zurückhaltendere Fed-Ton für Bond-Investoren?
Vanden Assem: Dies dürfte letztendlich Investment-Grad-Investoren zu Gute kommen, für die der Aufwärtstrend bei den Zinsen in diesem Jahr von Nachteil war – insbesondere durch Verkäufe im längerfristigen Segment des Kreditmarkts. Der Anstieg der kurzfristigen Zinsen hat aufgrund der höheren US-Dollar-Absicherungskosten auch zu geringeren Käufen seitens ausländischer Investoren geführt. Deshalb gab es in diesem Jahr bisher generell einen merklichen Rückgang bei Unternehmensanleihen mit langer Duration. Wir sind diesbezüglich von einer künftigen Umkehr im Zuge einer neutraleren Zinspolitik der Fed überzeugt.

IPE Institutional Investment: Erwarten Sie künftig einen volatileren Markt?
Vanden Assem: Ja, angesichts der zahlreichen Probleme, mit denen die USA und die Welt derzeit konfrontiert sind, rechne ich mit einer höheren Volatilität. Grundsätzlich sehen wir den Markt dennoch in einer relativ guten Verfassung. Das größte Risiko für unsere Märkte ist eine übermäßig aggressive Fed-Politik.

IPE Institutional Investment: Können Sie Ihre aktuelle Positionierung kurz erläutern?
Vanden Assem: Infolge der in der Vergangenheit steilen Renditekurve haben wir uns schon seit längerer Zeit auf eine flachere Renditekurve eingestellt. Auf etwas längere Sicht erschien das in Anbetracht der vorausgegangenen starken Versteilerung recht naheliegend. Angesichts der dramatischen Abflachung der Renditekurve im vergangenen Jahr sind wir allmählich zu einer neutraleren Kurvenpositionierung übergegangen. Da sich die Fed einer von ihr als neutraler erachteten Zinshaltung nähert, rechnen wir mit einer steileren Kurve mit einer Drehung im Bereich der fünfjährigen Laufzeiten. Wir werden uns voraussichtlich in nicht allzu ferner Zukunft entsprechend positionieren.

IPE Institutional Investment: Wie sieht es mit der Qualität aus?
Vanden Assem: Was die Qualität betrifft, bevorzugen wir immer noch das BBB Segment, gehen aber selektiv vor. Interessant sind Unternehmen mit kräftigen Cash-flows und der Fähigkeit zur Reduzierung ihres Verschuldungsgrads. Wie schon erwähnt, müssen wir auch auf Kreditkurven und die entsprechende Positionierung achten. Aber letztendlich kommt es auf unser schon immer wichtigstes Kriterium an: die Einzeltitelauswahl.

IPE Institutional Investment: Wie sehen Sie den europäischen Markt im Vergleich zum US-Markt?
Vanden Assem: Es ist ein generell kleinerer Markt, der kräftig von der EZB unterstützt wird. In letzter Zeit verstärkten die Investoren aufgrund der gestiegenen Absicherungskosten ihr Engagement in Europa. Taktisch mag dies durchaus sinnvoll sein, aber aus etwas längerfristiger Perspektive favorisieren wir weiterhin den US-Markt. Er ist größer, liquider und die Fed nähert sich unseres Erachtens schnell einem „neutralen“ Zinssatz, während die EZB noch in den Startlöchern steht. Mit Blick auf das nächste Jahr rechnen wir jedoch mit einer eher zurückhaltenderen EZB, was Unterstützung bieten sollte.

IPE Institutional Investment: Womit ist 2019 im Bereich Emerging-Market-Debt nach den Marktturbulenzen in diesem Sommer zu rechnen?
Cook: In erster Linie bin ich fest davon überzeugt, dass bei einer Betrachtung von Emerging Market-Debt (EMD) als Anlageklasse und potenzielle Anlagechance oft eine eindeutig falsche Vorstellung vorliegt. Viele Investoren halten EMD immer noch für eine homogene Anlageklasse. Dabei gibt es so viele verschiedene Faktoren und verschiedene Länder, die es ganz genau zu analysieren gilt. Sie erwähnten die Marktturbulenzen dieses Sommers. So tendierten beispielsweise die US-Dollar-Kreditmärkte, wenn man von Brasilien, Russland, der Türkei und Argentinien absieht, bei den Spreads insgesamt seitwärts. Trotz allem sind die Grundlagen in den Emerging Markets weiterhin gut.

IPE Institutional Investment: Haben Sie denn in der Verkaufshysterie gute Gelegenheiten wahrnehmen können?
Cook: Definitiv! Die Spreads türkischer Unternehmensanleihen sind gegenüber den Spreads auf High-Yield-Unternehmensanleihen durchschnittlich auf über 750 Bps gestiegen, und hier können aktive Investoren einen Mehrwert erzielen. Aktuell liegen wir wieder bei 350 Bps.

IPE Institutional Investment: Ist jetzt aber generell nicht etwas mehr Vorsicht angesagt?
Cook: Ja, alles in allem beherzigen wir das auch. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, das schnell wieder abgewürgte Thema des synchronisierten globalen Wachstums im ersten Halbjahr 2018…, es ist Zeit für eine defensivere Positionierung. Dennoch bietet der Markt immer noch interessantes Wertpotenzial.

IPE Institutional Investment: Ist China die größte Gefahr für die Emerging-Markets-Story?
Cook: Die chinesischen Behörden haben immer noch genügend Schlagkraft, um auf alle Eventualitäten zu reagieren. Deshalb dürfte dort wohl eher mit einer stärkeren Marktvolatilität zu rechnen sein, aber nicht mit einer harten Landung.

IPE Institutional Investment: Reagieren die Emerging Markets immer noch so empfindlich auf Rohstoffpreise?
Cook: Nein, nicht mehr – zumindest nicht pauschal. Natürlich gibt es Länder, die von einem bestimmten Niveau der Rohstoffpreise abhängig sind, aber das wirkt sich nicht mehr so stark aus. Dies gilt auch für die Beziehungen zu den USA und zum US-Dollar. In den 1990er Jahren waren viele EM-Volkswirtschaften ganz klar auf externe Finanzierung und Auslandsschulden angewiesen, während die Außenverschuldung heutzutage nur noch 11% der Gesamtfinanzierung ausmacht. Der Löwenanteil entfällt inzwischen auf die lokalen Märkte – auf lokale Banken, Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds. Deshalb sind die Auswirkungen von Schwäche- oder Stärkephasen des US-Dollars jetzt eher begrenzt. Diese Ausrichtung auf den Heimatmarkt reduziert die Volatilität, vor allem auf den US-Dollar-Märkten.

IPE Institutional Investment: Sie rechnen also nicht mit Ansteckungseffekten durch ein Land wie Argentinien?
Cook: Nein, davon gehe ich nicht aus. Die Wahrscheinlichkeit wird immer geringer. Die lokalen Märkte sind stark und können etwaige Auswirkungen einer potenziellen Ansteckung von anderen Ländern verkraften. Es könnte allerdings etwas mehr Volatilität geben, aber dies bietet oftmals Kaufgelegenheiten. EMD birgt als Anlageklasse nach wie vor gewisse Risiken, doch wenn Sie diese verstehen, vor allem nach einer Phase der Spreadausweitung, zahlt sich das häufig aus.

IPE Institutional Investment: Was sagen Sie zum Handelsvolumen während der letzten Marktkorrektur?
Cook: Es war tatsächlich ziemlich gering. Da es noch nicht einmal zum Abfluss institutioneller Gelder aus Emerging-Market-Debt kam, basierte die Korrektur eindeutig nicht darauf, dass die Investoren in Scharen aus der Anlageklasse flüchteten, um anderswo nach Chancen zu suchen.

IPE Institutional Investment: Steht die Anlageklasse EMD – oder generell Emerging Markets – heutzutage auf der Agenda der meisten institutionellen Investoren?
Cook: Eindeutig häufiger als vor zehn Jahren, aber die Allokationen bleiben relativ bescheiden, und der Großteil globaler Investoren ist in EMD untergewichtet. Die Story der Emerging Markets ist in kurzen Worten schwierig zu erklären. Die Anlageklasse wird inzwischen besser verstanden, und es besteht ein gestiegenes Interesse seitens institutioneller Investoren. Die auf US-Dollar lautenden EM-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating sind derzeit weniger volatil als BBB Titel auf dem US-Markt. Alles in allem ist EMD deutlich weniger volatil, als man den Schlagzeilen zufolge meinen könnte.

IPE Institutional Investment: Was für Renditen können EMD-Investoren in den nächsten Jahren erwarten?
Cook: Wir haben ein gemischtes Produkt, das in allen drei wichtigen Segmenten investiert: Unternehmens- und Staatsanleihen in Lokalwährung und US-Dollar. Im Moment ist es defensiv positioniert, aber die Rendite liegt dennoch bei durchschnittlich 6 bis 7%. Unseres Erachtens im aktuellen Umfeld kein schlechtes Angebot in puncto Wertbeitrag.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einblicke und Einschätzungen.