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„Die für uns entscheidende Bruchstelle im Euroraum ist Italien“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Brian Singer, Head of Dynamic Asset Allocation Strategies bei William Blair, über die aktuelle Marktsituation und warum Italien derzeit die größte Baustelle im Euroraum darstellt.

Brian Singer

IPE Institutional Investment: Herr Singer, wo lauert derzeit die größte „politische Gefahr“ in Europa für die Märkte, nachdem die französische Wahl „markttechnisch“ positiv gelaufen ist?
Singer: Ich sehe die Hauptgefahr derzeit in Italien. Le Pen war von den Marktteilnehmern nie mit einer großen Wahrscheinlichkeit als Gewinnerin der Wahl in Frankreich eingepreist. Dazu kommt: selbst wenn Le Pen gewonnen hätte, so gab es stets das Vertrauen darauf, dass die Mehrheit der französischen Bevölkerung bei einem Referendum nicht auf einen „Frexit“ gesetzt hätte.

IPE Institutional Investment: Bleibt Italien…
Singer: Die Zukunft der EU und damit auch des Euro wird sich in Italien entscheiden. Die Niederlande und Frankreich waren zwar Wahlen, die den Anti-Europäern gefühlt Wind aus den Segeln nehmen müssten, aber die EU bleibt fragil. Die für uns entscheidende Bruchstelle im Euroraum ist Italien.

IPE Institutional Investment:
Seit dem Renzi-Referendum am 4. Dezember ist es in der Tat still um das Land geworden.
Singer: Die Stille ist allerdings trügerisch. Die politische Kaste in Italien schleppt sich weiterhin ohne echten Reformwillen voran. Dem Land geht es immer schlechter, die Wettbewerbsfähigkeit bleibt im globalen Vergleich zunehmend auf der Strecke. Hier sehe ich echte Probleme auf Europa als Ganzes zukommen. Nicht unbedingt kurz- aber definitiv mittelfristig.

IPE Institutional Investment:
Was heißt dies nun für die Allokation der Anleger?
Singer: International sieht das wirtschaftliche Umfeld nicht schlecht aus, auch Europa konnte hier in den vergangenen Jahren solide zulegen. Da Kapital in den letzten Jahren eher aus Europa in die USA geflossen ist und sich dieser Trend langsam umdreht, sollte man Europa trotz aller angesprochenen Probleme auf der Agenda haben.

IPE Institutional Investment: Wie sehen Sie insgesamt das Thema „Globalisation“ unter US-Präsident Donald Trump?
Singer: Die USA bemühen sich unter Trump tatsächlich, hier entsprechende Brücken einzureißen, wie man bei den Handelsabkommen bereits bemerken konnte. Auf der anderen Seite bemüht sich insbesondere China, hier verstärkt einzuschreiten und umgarnt beispielsweise die Länder in Lateinamerika. Zu einer echten Abschottung der USA wird es unserer Ansicht nicht kommen, aber dennoch, die Globalisierung als Thema wird künftig langsamer vorangehen.

IPE Institutional Investment: Was bleibt stattdessen?
Singer: Wir werden wesentlich mehr Vereinbarungen auf regionaler Ebene sehen, z.B. innerhalb der Emerging Markets. Oder denken Sie an China. Die infrastrukturell bessere Anbindung von Städten mit teils über 20 Mio. Einwohner kann für mehr Handel sorgen, als manches Abkommen.

IPE Institutional Investment: Wie stehen Sie insgesamt zu Emerging Markets?
Singer: Emerging Markets Aktien sind grundsätzlich attraktiv bewertet. Die Tendenz zu Zinserhöhungen bei den Notenbanken, getrieben von der Fed, dürfte allerdings die Volatilität an den Emerging Markets durchaus erhöhen. Dafür steht gerade auch auf der Corporate Debt-Seite zu viel Volumen aus. Man muss als Investor sicher Markt für Markt abklopfen. Die Gefahr einer echten Krise sehe ich allerdings nicht, dafür sind die Fundamentaldaten aus den Emerging Markets insgesamt einfach zu stark.

IPE Institutional Investment: Wie haben Sie sich in Summe positioniert?
Singer: Wichtig ist angesichts des skizzierten Umfelds eine dynamische Allokation mit entsprechender Downside-Protection. Dann können Sie sich auch Märkten wie Spanien zuwenden, wo wir die Aktienseite sehr mögen. Auch Italien ist trotz aller genannten Probleme derzeit für uns durch die niedrige Bewertung interessant. Ebenso zeigt sich UK mit interessanten Investmentchancen oder auch Aktien aus den Emerging Markets. Sie müssen nur den Fuss auf der Bremse bereithalten.

IPE Institutional Investment: Hilft bei den Emerging Markets die Währungsseite? Viele sehen hier Potenzial für eine Aufwertung.
Singer: Auch wir sehen grundsätzlich die Währungen der Emerging Markets als zu günstig gegenüber den Developed Markets. Derzeit wird dies an den Märkten allerdings noch nicht gespielt, eine entsprechende Aufwertung kann daher noch dauern. Wir selbst sind bei klaren Positionen im Währungssektor derzeit eher vorsichtig und haben keine großen Über- bzw. Untergewichtungen vorgenommen.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einschätzungen.