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„Die Hedgefonds-Branche kann mit dem Thema der ‚Liquid Alternatives‘ global punkten“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Dr. Jan Viebig, Head of Alternative Investments bei Vontobel Asset Management, über die Trends in der Hedgefonds-Branche und das Thema „Liquid Alternatives“, das in den USA bereits auf der Agenda vieler Institutionen steht.

Dr. Jan Viebig

IPE Institutional Investment: Herr Dr. Viebig, wie zufrieden sind Sie mit der Wahrnehmung der Hedgefonds im Markt? Die letzten Jahre waren für die Branche – gerade auch im deutschsprachigen Raum – ja nicht einfach…
Viebig: Das von Hedgefonds weltweit verwaltete Vermögen ist in den letzten Jahren stark gestiegen, da gerade institutionelle Anleger vermehrt Alternativen zu Aktien und Anleihen suchen. Noch niemals wurde von Hedgefonds so viel Kapital verwaltet wie heute. Mit der Institutionalisierung der Hedgefonds-Industrie sind die Anforderungen an Hedgefonds enorm gestiegen. Die vornehmlich institutionelle Kundschaft fragt zunehmend liquide, transparente und kosteneffiziente Hedgefonds-Lösungen nach. Zudem hat sich die Wahrnehmung durchgesetzt, dass Hedgefonds sehr unterschiedliche Strategien verfolgen. Long/Short Equity, Merger Arbitrage und CTAs – um nur drei Strategien zu nennen – werden allesamt als Hedgefonds bezeichnet. Ihre Risiken sind jedoch völlig unterschiedlich. Die wohl wichtigste Erkenntnis zu Hedgefonds in der vergangenen Dekade lautet, dass die Rendite- und Risikoeigenschaften von Hedgefonds primär von der Strategie abhängen, die sie verfolgen, und weniger von den Asset-Klassen, in die sie investieren. Unter institutionellen Anlegern setzt sich zunehmend die Wahrnehmung durch, dass sie heute nicht nur über unterschiedliche Asset-Klassen, Länder und Regionen diversifizieren können, sondern auch über unterschiedliche Strategien.

IPE Institutional Investment: Wie ist bei Ihnen der Stand bei den Assets under Management?
Viebig: Wir verwalten derzeit rund 3,7 Mrd. Euro, davon mittlerweile alleine 1 Mrd. in unseren Absolute-Return-Bonds-Strategien. Die größten Zuflüsse sehen wir derzeit in unsere Absolute-Return-Bonds-Fonds, die in liquider und transparenter Form im UCITS-Format verwaltet werden.

IPE Institutional Investment: Sie haben ein großes Thema aus dem US-amerikanischen Markt mit „Liquid Alternatives“ bereits genannt. Wie wollen Sie sich hier weiter positionieren?
Viebig: Ich hatte bereits kurz angesprochen, dass Kunden seit der Finanzkrise 2008 vermehrt liquide, transparente und kosteneffiziente Hedgefonds-Lösungen nachfragen. Diesem Trend tragen wir mit dem Auf- und Ausbau entsprechender Single-Fonds weiter Rechnung. Der Trend wird sich meines Erachtens fortsetzen.

IPE Institutional Investment: Hedgefonds-Strategien im regulierten Mantel als großes Thema?
Viebig: Im Prinzip ja, nur mit der Einschränkung, dass dies nicht für alle Strategien in vollem Umfang möglich ist. Unter „Liquid Alternatives“ versteht man Hedgefonds-Strategien, die in der EU als UCITS-Fonds und in den USA als sogenannte 40-Act-Fonds verwaltet werden. Diese Regulierungen stellen hohe Anforderungen etwa bezüglich der Liquidität und der Transparenz. Während eine Vielzahl von Hedgefonds-Strategien als UCITS-Fonds verwaltet werden kann, können Hedgefonds-Strategien, die etwa in illiquide Anlagen investieren, nicht im UCITS-Format aufgelegt werden. „Liquid Alternatives“ werden in den nächsten Jahren zu dem am schnellsten wachsenden Segment in der Asset-Management-Industrie zählen. Klassische Hedgefonds haben aber weiterhin ihre Berechtigung, da bestimmte Strategien aufgrund rechtlicher Beschränkungen nicht in UCITS-Form umgesetzt werden können.

IPE Institutional Investment: Wo sehen Sie den deutschen institutionellen Investor beim Thema Hedgefonds?
Viebig: Das Problem, dass beide traditionellen Asset-Klassen – Aktien und Renten – über die nächsten Jahre nur eine vermutlich bescheidene Rendite liefern können, hat Investoren auch in Deutschland sehr stark unter Zugzwang gesetzt. Das Thema „Liquid Alternatives“ schaut man sich daher genau an, insbesondere im Bereich der Bonds. Die ersten Rückschläge seit April und die deutlich gestiegene Volatilität treiben die Suche nach Alternativen im Anleihebereich klar voran.

IPE Institutional Investment: Das richtige Umfeld für Trendfolgestrategien?
Viebig: Ganz genau. Trendfolgestrategien weisen dann hohe Renditen auf, wenn Märkte stark steigen oder stark fallen, wenn sich starke Aufwärts- oder Abwärtstrends ausbilden. Trendfolgestrategien zählen zu den wenigen Strategien, die in den Krisenjahren 2000 und 2008 hohe positive Renditen aufgewiesen haben, also gerade dann als Anleger mit Aktien und anderen risikobehafteten Anlagen hohe Verluste erlitten haben und Diversifikation am meisten benötigten. Natürlich werden gerade institutionelle Anleger auch weiterhin einen großen Anteil ihres Anlagevermögens in Anleihen halten. Anleger, die freilich befürchten, dass die Zinsen mittelfristig steigen können, sind gut beraten, einen Teil ihres Bonds-Engagements in Absolute-Return-Fonds anzulegen, die Trendfolgestrategien implementieren. Solche Fonds können aufgrund ihrer Strategie auch dann erfolgreich sein, wenn Zinsen steigen und Anleihen fallen. Das konvexe Auszahlungsprofil von Trendfolgestrategien nutzen gerade institutionelle Anleger, um Risiken zu diversifizieren.

IPE Institutional Investment: Ist das Thema der Bond-Substitute ein eigenes deutsches Phänomen?
Viebig: Absolute-Return-Bonds-Strategien zählen derzeit weltweit zu den nachgefragtesten Strategien. Das ist ganz sicher kein deutsches Thema, hier kann die Hedgefonds-Industrie mit dem Thema „Liquid Alternatives“ global punkten. Die Diversifikation von Durations- und Kreditrisiken ist für Anleger weltweit ein großes Thema.

IPE Institutional Investment: Was kann die Branche übergreifend tun, um noch stärker vom institutionellen Anleger akzeptiert zu werden?
Viebig: Kosten und Transparenz sind hier zwei ganz wesentliche Kriterien, aber auch das diskutierte Thema der Liquidität steht auf der Agenda weit oben. Seit 2008 ist die Nachfrage nach Hedgefonds ganz klar institutioneller geworden. Dies äußert sich darin, dass die Anforderungen an die Transparenz, das Risikomanagement und auch die Kostenseite zugenommen haben. Entsprechend differenzierter ist auch die Wahrnehmung der Branche geworden, denn „Hedgefonds“ an sich gibt es ja nun einmal nicht. Es gibt innerhalb der Branche eine Vielzahl an nicht vergleichbaren Strategien, das ist auch auf der Investorenseite angekommen.

IPE Institutional Investment: Damit sind wir auch beim Thema der Konvergenz zwischen klassischen Fondsanbietern und den Hedgefonds…
Viebig: Exakt, während früher die Hedgefonds-Industrie und die klassische Fondsindustrie strikt getrennt waren, wächst die Branche heute immer stärker zusammen. Zahlreiche Strategien, die früher Hedgefonds vorbehalten waren, werden heute in liquider, transparenter und regulierter Form als „Liquid Alternatives“ verwaltet. Für traditionelle Fondsanbieter ist der Konvergenztrend zwischen der Fondsindustrie und der Hedgefonds-Industrie von großer Bedeutung, da „Liquid Alternatives“ in den nächsten Jahren zu dem am stärksten wachsenden Segment in der Asset-Management-Industrie zählen werden. Ein Beispiel für diesen Konvergenztrend ist die Firma für die ich arbeite: Die Schweizer Vontobel Gruppe hat sich vor einigen Jahren an Harcourt, einem Anbieter von Hedgefonds-Lösungen, beteiligt und diese nunmehr in die Vontobel Asset Management AG integriert, da sie den Konvergenztrend frühzeitig erkannt hat.

IPE Institutional Investment: Das beste beider Welten also?
Viebig: Hoffentlich ja. Der Konvergenztrend zwischen der traditionellen Fondsindustrie und der Hedgefonds-Industrie wird in Zukunft sicherlich anhalten. Einige Fondsanbieter werden sich Expertise im Bereich alternativer Anlagen in Form von M&A-Aktivitäten einkaufen, andere werden intern „Liquid Alternatives“ aufbauen. In Zukunft wird es aber auch weiterhin klassische Hedgefonds geben, da nicht alle Hedgefonds-Strategien im regulierten UCITS Format mit täglicher Liquidität verwaltet werden können.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einschätzungen!