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„Die Lage dreht in Griechenland deutlich zum Besseren“

Das Thema Emerging Europe Equities führte die letzten Jahre eher ein Schattendasein. Jetzt könnte die wirtschaftliche Erholung der Eurozone dazu führen, dass auch die Märkte in Osteuropa inklusive Russland wieder starker auf die Agenda der internationalen Investoren kommen. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach dazu mit Plamen Monovski, Chief Investment Officer, und Jesse Sherman, Portfolio Manager, von Renaissance Asset Managers über die Chancen für Investoren in Osteuropa und eine explizite Turnaround-Chance.

IPE Institutional Investment: Die Eurozone – glaubt man Experten – steht vor einer Erholungsphase. Wie würden Sie die Situation im Bereich Emerging Europe, also insbesondere in Osteuropa beschreiben?
Monovski: Man muss hier sicher zwischen der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation und der Abbildung durch den Aktienmarkt unterscheiden. Lassen Sie mich das am Beispiel Russland erklären. So ist die fundamentale Situation sehr ansprechend, der Aktienmarkt zeigt aber über die vergangenen Jahre eher eine Rezession ab.
Sherman: Wir sehen hier Kurse, die teilweise noch auf dem Niveau von 2008/2009 befinden. So ist Russland beispielsweise das einzige Land weltweit, in dem die Kurse der Ölproduzenten noch auf dem Niveau von 2008/2009 liegen. Im Gegensatz dazu hat beispielsweise der Aktienindex in Venezuela im gleichen Zeitraum dank der Ölwerte um über 600% zugelegt. Oder um ein konkretes Beispiel aus dem Gassektor zu nennen: Gazprom notiert noch immer um über 50% unter dem Kurs 2008/2009.

IPE Institutional Investment: Gas- bzw. Ölwerte sind ein gutes Stichwort. Ein Kritikpunkt am russischen Markt ist immer die Abhängigkeit von Rohstoffwerten. Wie stehen Sie dazu?
Monovski: Dies war sicher lange der Fall, ist aber so nicht mehr gegeben. Unter den 10 größten Werten finden sich mittlerweile nur noch fünf Energiewerte, Russland ist nicht mehr gleich Gazprom.

IPE Institutional Investment: Wie stark belastet das Thema Governance den Markt?
Monovski: Corporate Governance ist in allen Märkten ein wichtiger Aspekt, insbesondere in Rußland. Blickt man auf die Performance seit 2005, so outperformen auch hier klar die Unternehmen mit einer guten Corporate Goverance, und zwar 140% über dem RTS Index. Wir sehen aktuell mehr und mehr Eigentümer-geführte Unternehmen mit starken Cash-flow-Kennziffern an den Markt kommen, die diesen Teil das Marktes deutlich in den Vordergrund geschoben haben. Wir begrüßen dies als Investoren. 

IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns über weitere aussichtsreiche Märkte sprechen…
Monovski: Die Türkei ist ein weiterer sehr interessanter und günstig bewerteter Markt. Der ROE auf Unternehmensseite überzeugt und die Kurse sind durch die Ereignisse des Sommers noch einmal ein Stück zurück gekommen. Wir sind selbst in der Türkei präsent und ich kann Ihnen versichern, dass die Lage hier deutlich ruhiger und konstruktiver ist, als vielfach in den Medien berichtet.
Sherman: Ganz besonderes Potenzial sehen wir allerdings in einem Markt, der von vielen Investoren vermutlich nicht einmal mit der Kneifzange angefasst wird: Griechenland!

IPE Institutional Investment: Das müssen Sie mir näher erläutern!
Monovski: Keine Frage, die vorliegenden Zahlen zur Verfassung des Landes sind desaströs, aber sie zeigen nur, was die letzten fünf Jahre in Griechenland passiert ist. Der Real Estate Markt hat 60-80% verloren, das Bruttoinlandsprodukt ist um gut ein Viertel zurück gegangen und die Reallöhne sind knapp ein Drittel gesungen. Gleichzeitig sehen wir, dass sich die Dinge nun deutlich stabilisieren.
Sherman: Schauen Sie auf den historischen Kontext, russische Aktien konnten nach den Ereignissen 1998 beispielsweise in der Spitze um 4.000% zulegen, türkische Papiere nach 2001 um 1.000%. Das sind sicher Extremwerte, aber sie zeigen die Richtung.

Monovski: Wir sehen mittlerweile große internationale Unternehmen wie Hewlett-Packard oder Unilever, die angesichts der geringen Lohnkosten ihre Produktion in Griechenland ausweiten. Gleichzeitig sind zunehmend Investoren aus Ländern Qatar oder China im Land aktiv. Ich sage an dieser Stelle ganz klar: die Lage dreht in Griechenland deutlich zum Besseren.

IPE Institutional Investment: Dennoch bleiben auch hier Probleme…
Monovski: Ganz klar! Es bleibt das ungelöste Thema der hohen Staatsschulden, allerdings liegen diese mittlerweile zu 90% in staatlichen oder semi-staatlichen Händen. Auch das Bankensystem ist sicher noch nicht zu 100% als stabil. Die wirtschaftliche Erholung wird dies allerdings nicht aufhalten, der Weg wird sicher dennoch steinig und nicht gerade nach oben laufen.

IPE Institutional Investment: Meine Herren, vielen Dank für diese Einschätzungen.