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Diskussionsbeitrag: Effizient diversifizieren mit alternativen Risikoprämien

Die Entwicklung an den Kapitalmärkten kann niemand vorhersagen. Mit einem effizient diversifizierten Portfolio lassen sich die Anlagerisiken aber deutlich reduzieren und langfristig höhere Erträge erzielen. Effizient diversifizieren hört aber nicht bei einer breiten Streuung über klassische Assetklassen auf. Um das volle Diversifikationspotenzial auszuschöpfen, sollten Investoren weitere, zu klassischen Aktien- oder Zinsrisiken unkorrelierte, alternative Risikoprämien nutzen.

Sebastian Napiralla

Grundsätzlich funktioniert Diversifikation bereits im Kleinen. Je mehr Instrumente zum Einsatz kommen und je unabhängiger sich diese in unterschiedlichen Marktphasen verhalten, desto robuster wird das Gesamtportfolio. Bei einem reinen Aktieninvestment sollte beispielsweise nicht nur in einen einzigen Titel investiert werden, sondern in Aktien mehrerer Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen – noch besser in den verschiedensten Ländern, also global gestreut. Allerdings bleibt auch dann immer noch das Aktienrisiko die Hauptdeterminante des Portfolios. Um dieses Risiko zu reduzieren, ist es sinnvoll, weitere Ertragsquellen wie Staats- und Unternehmensanleihen, Immobilien oder Rohstoffe zu nutzen.

Mathematisch gesehen liefern gerade die Ertragsquellen den größten Diversifikationseffekt, die sich in ihrer Art stark unterscheiden, also weitgehend unabhängig voneinander sind. Die Diversifikation über Aktien, Staats- und Unternehmensanleihen sowie Immobilien und Rohstoffe ist also durchaus sinnvoll, da diesen Assetklassen unterschiedliche Arten von Risiken zugrunde liegen, für die Anleger langfristig systematisch entlohnt werden.

Effizienter diversifizieren über Risikoprämie: Die Wertschöpfung entsteht in der Kompensation für ein vom Anleger übernommenes Risiko (= Beta). Im Falle eines Aktieninvestments, also der Bereitstellung von Eigenkapital, werden Anleger dafür entlohnt, dass sie unternehmerisches Risiko übernehmen. Langfristiges Ziel eines Aktionärs ist es, am Unternehmensgewinn zu partizipieren. Im Gegensatz zu Aktien stecken beispielsweise in Unternehmensanleihen zwei unterschiedliche Risikoprämien: neben der Zinsrisikoprämie für das Bereitstellen von Kapital auch die Kreditrisikoprämie für die Übernahme eines Konkursrisikos des Emittenten.

Wenn also Assetklassen auf ihre tatsächlichen Werttreiber reduziert werden, so landet man zwangsläufig bei Risikoprämien, zum Beispiel der Aktien-, Zins- oder Kreditrisikoprämie. Risikoprämien sind nun so definiert, dass sie sich nicht wieder durch die Kombination von anderen Risikoprämien erklären lassen. Die Rendite von Unternehmensanleihen ist demnach keine eigene Risikoprämie, da sie sich aus der Kombina­tion zweier bestehender Risikoprämien (Zins- und Kreditrisiko) ergibt. Risikoprämien bilden daher die tatsächlichen, nutzbaren Bausteine für effiziente ­Diversifikation. Denn streut man das Anlagevermögen über Risikoprämien, so kombiniert man per definitionem gering korrelierte, also weitgehend unabhängige Ertragsquellen miteinander.

Alternative Risikoprämien bieten weiteres Diversifikationspotenzial: Für viele Investoren ist es angesichts des derzeit schwierigen Kapitalmarktumfeldes und regulatorischer Beschränkungen kaum noch möglich, allein durch Diversifikation über die klassischen Assetklassen – und damit implizit auch über klassische Risikoprämien – eine robuste Portfoliokonstruktion zu erreichen. Weiteres Diversifikationspotenzial erschließt sich über alternative Risikoprämien, die sich von klassischen Beta-Quellen sowohl im Hinblick auf Korrelationen als auch auf Drawdowns unterscheiden.

Auch alternative Risikoprämien, wie beispielsweise die Volatilitätsprämie, Carry, Value oder Momentum, stellen eine Entlohnung des Investors für ein in Kauf genommenes Anlagerisiko dar. Im Unterschied zu klassischen Betas wird der Anleger hier aber nicht für das Bereitstellen von Eigen- oder Fremdkapital entlohnt, wie bei Investments in Aktien oder Anleihen. Die sogenannte Volatilitätsprämie erhält ein Investor beispielsweise als Kompensation für starke Kursbewegungen von Aktien oder Renten; „Currency Carry“ dagegen versichert die Verletzungen einer Zinsparität, und mit „Momentum“ profitiert ein Investor von Trends, die sich aus Überreaktionen aufgrund von Marktineffizienzen ergeben.

Alternative Risikoprämien sind also anderer Natur als klassische Risikoprämien und können dazu dienen, ein Portfolio breiter aufzustellen. Warum nun halten institutionelle Anleger diese alternativen Risikoprämien bisher noch so selten in ihren Port­folios? Das mag daran liegen, dass das Investieren hier nicht so einfach ist, wie das Kaufen von Aktien. Denn die Prämien lassen sich nicht durch ein statisches Buy-and-Hold-Investment vereinnahmen, sondern erfordern dynamisches, regelgebundenes Handeln. Die Investition bringt aber, wie bei klassischen Risikoprämien, durch die Übernahme eines spezifischen Risikos einen langfristig positiven Ertrag.

Das jeweils übernommene Risiko kann natürlich – wie bei traditionellen Anlagen auch – in bestimmten, für die jeweilige Risikoprämie schwierigen Marktphasen zu Preisschwankungen oder Verlusten führen. Daher ist auch hier eine Kombination unterschiedlicher alternativer Risikoprämien sinnvoll. Denn gerade das Zusammenspiel der Stärken und Schwächen in unterschiedlichen Marktphasen sorgt letztendlich für einen hohen Diversifikationseffekt.

Das Jahr 2015 zum Beispiel war in der ersten Jahreshälfte geprägt von grundsätzlich steigenden Aktienkursen, gefolgt von starken Verlusten zur Jahresmitte. Eine teilweise einsetzende Erholung ließ dann aber doch viele Aktienmärkte das Jahr 2015 per saldo mit einem Wertzuwachs beenden. In einem solchen Aktienmarktumfeld hatten es besonders Trendfolgestrategien schwer, da sie ja nur von deutlichen Aufwärts- oder Abwärtstrends an den Aktienmärkten profitieren. Und so führten diese Ansätze 2015 tendenziell zu Verlusten. Was bei Aktien misslang, funktionierte dagegen bestens in der Assetklasse Rohstoffe: Die gleichen Trendfolgeansätze partizipierten hier nämlich gerade am starken Abwärtstrend bei den Rohstoffpreisen.

Fazit
The only free lunch is diversification. Letztendlich gilt: Je mehr unterschiedliche klassische und alternative Risikoprämien in einem Portfolio kombiniert werden, desto höher die Diversifikation – was langfristig das Rendite-Risiko-Profil verbessert.

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*) Sebastian Napiralla, CFA, ist Leiter des Teams Absolute Return bei Metzler Asset Management. . Er studierte Mathematik an der Technischen Universität Darmstadt und schloss sein Studium als Diplom-Mathematiker ab. Napiralla sprach zu diesem Thema im Rahmen des 133. Hedgework im März 2016.
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