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Diskussionsbeitrag: Gesamtportfoliooptimierung durch Wandelanleihen unter Solvency II

Im Rahmen des Drei-Säulen-Ansatzes von Solvency II gestaltet sich besonders das Einhalten der Solvenzkapitalanforderungen (SCR) als Herausforderung. Das Belegen der Anlagen mit einer Kapitalanforderung stellt eine direkte Verbindung zwischen Asset Allokation und der Kapitalunterlegung her und wird die Verwendungsmöglichkeiten der meisten Anlagekategorien beeinflussen. Verlangt wird ein Vergleich der erwarteten Renditen unter Berücksichtigung der Kapitalunterlegung.

Peter Richters

Somit kann sich die Asset Allokation künftig nicht mehr nur allein auf Risikokennzahlen stützen. Es geht darum, wie stark eine Anlage zur Erfüllung der Verbindlichkeiten (Asset-Liability-Matching) und zur Diversifikation beiträgt, unter Berücksichtigung der Eigenkapitalunterlegung. Der unter Solvency II verstärkte Einfluss der Asset Allokation führt dazu, dass Versicherer die Wahl ihrer Anlagen dem neuen regulatorischen Rahmen anpassen und für ein besseres Duration Matching, einen erhöhten Verlustschutz und volle Transparenz bei der Vermögensaufteilung sorgen.

Wieder einmal fällt der Blick auf das Aktienengagement: Investoren müssen sich fragen, welche Anlagekategorie ihnen ein preiswerteres Aktienexposure bietet, ohne das Aufwärtspotenzial einzuschränken. In Deutschland herrscht im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch immer eine gewisse Skepsis gegenüber Wandelanleihen. Das Anlagesegment ist oft rudimentär oder überhaupt nicht in institutionellen Portfolios vertreten. Dies ist sicherlich auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen: Die Option als Bestandteil einer Wandelanleihe kann unter Umständen eher fremd oder sogar hinderlich als fördernd gesehen werden. Zudem macht diese Hybridstellung zwischen Anleihen und Aktien mitunter die Eingliederung von Wandelanleihen in die Kapitalanlagen insgesamt zum Thema, ebenso wie deren organisatorische und personelle Zuordnung.

Wandelanleihen sollten jedoch grundsätzlich und insbesondere auch vor dem Hintergrund von Solvency II nicht nur taktisch eingesetzt werden, sondern als strategischer Portfoliobaustein eines ausgewogenen Portfolios dienen. Durch ihre immanente Asymmetrie bieten Wandelanleihen implizit eine ausgewogene Anlagestrategie für Anleger, die Aktien und Renten in ihrem Portfolio weiter optimieren möchten. Wichtig ist zudem, dass Wandelanleihe nicht gleich Wandelanleihe ist. Aufgrund der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten lassen sich mit verschiedenen Wandelanleihen deutlich unterschiedliche Portfolios zusammenstellen, die eher defensiver oder offensiver ausgerichtet sind, je nachdem was für die individuelle Gesellschaft gerade erforderlich ist. Dabei sprechen besonders fünf Aspekte für die Assetklasse:

a) Arbitragemöglichkeiten unter Solvency II
Im Rahmen der Bestimmungen kann sich die Asset Allokation in verschiedenen Anlagekategorien nicht mehr ausschließlich auf Risikokennzahlen (VaR, SCR, etc.) stützen. Gemäß des Ansatzes risiko- und kapitalkostenadjustierter Renditen (Risk and Capital Cost adjusted Returns) schneiden Wandelanleihen besser abschneiden als Aktien. Ihre regulatorischen Kosten sind deutlich geringer als Alternativen mit vergleichbaren Risiko- und Renditepotenzial. Die Ergänzung eines diversifizierten Portfolios (50% Aktien/50% Anleihen) um Wandelanleihen senkt die Kosten für die Solvenzkapitalanforderung (SCR) und verbessert den Deckungsgrad. Sogar eine marginale Ergänzung mit Wandelanleihen kann die Eigenkapitalunterlegung einer Aktienanlage optimieren. Dieses Ergebnis lässt sich erzielen, ohne die Aktienexposition, die Rendite, die Zinssensitivität, das Rating oder den Marktwert zu verändern (dank der in Wandelanleihen eingebauten Option).

b) Immanente Konvexität
Unter Solvency II bietet die immanente Konvexität von Wandelanleihen (also der Schutz gegen Kursverluste und die Partizipation am Kursanstieg) einen erheblichen Vorteil, wodurch Wandelanleihen für institutionelle Investoren als Kernposition noch attraktiver geworden sind. Grund ist, dass sie das Aufwärtspotenzial von Aktien sehr viel preis- und kostengünstiger einfangen können als es Aktien selbst vermögen. Seit Ende 1994 hat zum Beispiel der Thomson Reuters Convertible Europe Focus Index den MSCI Europa übertroffen, bei einer signifikant niedrigeren Volatilität. Die Konvexität ist die entscheidende Eigenschaft von Wandelanleihen und der ausschlaggebende Grund, sie in ein ausgewogenes Portfolio zu integrieren. Konvexität misst die asymmetrische Partizipation der Wandelanleihen bei Aktienmarktsteigerungen als auch bei -rückschlägen. Ein Convertible Bond bietet eine grundlegende Sicherheit: Bei fallenden Aktienmärkten wird der Verlust durch die integrierte Anleihekomponente wesentlich stärker eingeschränkt und abgefedert als bei direkten Aktienengagements. Die Partizipation von Wandelanleihen mit einer hohen Konvexität ist von daher an steigenden Aktienmärkten überproportional größer als an fallenden.

c) Kostenlose Renditequellen – Ratchet-Clauses
Die wichtigste Überlegung hinter Ratchet-Clauses ist der Schutz gegen einen möglichen Besitzerwechsel der Basisaktie, in welche die Inhaber die Wandelanleihe umtauschen können. Ratchet-Clauses werden erst bei Eintreten eines bestimmten Ereignisses eingepreist. Sie bilden von daher einen kostenlosen Steigerungsfaktor für die Inhaber solcher Papiere. Das gilt umso mehr in einem von reger M&A-Tätigkeit geprägten Umfeld. In der Praxis löst die Ankündigung der Übernahme eines Unternehmens, das an Ratchet-Klauseln gebundene Wandelanleihen im Umlauf hat, einen Kompensationsmechanismus aus. In den meisten Fällen handelt es sich um einen Anstieg des Umwandlungsverhältnisses. Europäische Ratchet-Klauseln können auch Barzahlungen als Entschädigung enthalten. Der Anpassungsfaktor kann signifikant variieren; die größten Unterschiede bestehen zwischen europäischen und amerikanischen Wandelanleihen. Der Einsatz dieser Schutzklauseln hat sich seit Beginn der Finanzkrise 2008 verstärkt, da Anleger höhere Garantien für Investitionen in Wandelanleihen verlangten.

d) Dividendenschutzklauseln
Dividendenschutz-Klauseln schützen den Anleger, wenn das Unternehmen der Basisaktie Dividenden ausschüttet. Da Dividendenausschüttungen den Kurs einer Aktie beeinflussen, reagieren auch Optionen. Wandelanleihen mit Dividendenschutz entgehen dieser Regel. Ähnlich wie Ratchet-Regeln soll der Mechanismus von Dividendenschutz-Klauseln die Inhaber dieser Papiere für den relativen Verlust entschädigen, der durch die Ausschüttung von Dividenden entsteht. In den meisten Fällen entspricht diese Entschädigung einer Korrektur nach oben des Umtauschverhältnisses der Wandelanleihe.

e) Standardisiertes Datenblatt für Solvency II Reporting
Neben aktualisierten Auflagen zur Vermögensaufteilung stellen die neuen Transparenzvorschriften eine Reihe von Herausforderungen. Nicht nur Versicherer müssen sich daran halten, sondern auch Vermögensverwalter, die zur Berechnung der SCR-Daten zwischen Fondsgesellschaften austauschen oder an Versicherer vermitteln.
Eine Standardisierung der Berichterstattungspraktiken wird von daher immer wichtiger: Unter dem Vorstoß des französischen Clubs AMPERRE haben die deutsche BAFIN und die britische Investment Management Association (IMA) einen Entwurf für ein gemeinsames Datenblatt entwickelt und damit die Weichen für ein europäisches Reporting gestellt. Mit 130 Datenfeldern werden neben den obligatorischen Angaben ebenfalls freiwillige Charakteristika abgefragt; darüber hinaus ermöglichen vordefinierte Konsolidierungsregeln die Erstellung einer aggregierten Bestandsaufnahme. Investoren sollten darauf achten, Fondsmanager auszuwählen, die das Format des Club AMPERRE bereits übernommen haben und somit anbieten.

Insgesamt bieten Wandelanleihen somit gerade für Versicherer mit ihren besonderen Anforderungen und Risikovorgaben unter Solvency II einen günstigeren Aktienersatz und eine defensivere Positionierung bei ähnlicher langfristiger Wertentwicklung wie Aktien.


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*) Peter Richters, Leiter Institutionelle Kunden, und Nicolas Delrue, Investment Spezialist Wandelanleihen, UBP Asset Management, Zürich.