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Diskussionsbeitrag: Robuste Portfolios als Schockdämpfer und Renditechance

Während der längst vergangenen goldenen Börsenjahre konnten professionelle Anleger – darunter fallen auch gemeinnützige Stiftungen – in der Regel gute Renditen erzielen. Dies ist nicht mehr selbstverständlich. Heute geht es darum, robuste Portfolios zu zimmern, um die Möglichkeit von großen Verlusten zu begrenzen und neue Renditequellen zu erschließen. Das Grundgerüst bilden Staatsanleihen und Aktien höchster Qualität, wobei auch Unternehmensanleihen von Emittenten sowohl aus den entwickelten Volkswirtschaften als auch aus den Schwellenländern Eingang in die Portfolios finden.

Christophe Bernard

Gemeinnützige Stiftungen achten in der Regel bei der Bewirtschaftung ihres Kapitals auf dreierlei: den Erhalt ihres Vermögens, ein geringes Risiko sowie die Ausschüttung stabiler und möglichst hoher Förderbeträge. Doch gegenwärtig befinden sie sich in einem Dilemma: Sie sollen die vorgegebenen Ziele in Märkten verfolgen, die zunehmend von niedrigen Zinsen und außergewöhnlicher Zentralbankpolitik geprägt sind.

Vorteile von aktiv versus passiv
Die Antwort auf diese Herausforderungen ist eine Anlagestrategie, die von einem aktiven Ansatz geprägt ist. In den vergangenen Jahren ist ein Trend zu passiven Anlagen, also beispielsweise dem Kauf von börsengehandelten Indexfonds, aufgekommen. Solche Produkte haben neben Kostenvorteilen aber auch Nachteile. Zum einen können Renditen von indexgebundenen Fonds je nach Marktlage stark schwanken oder sinken. Zum anderen sind Anlagen in indexnahe Produkte gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Chancen, die sich aus Abweichungen von der Benchmark ergeben.

Aus Risikomanagement-Sicht können passive Anlagen mitunter zu Konzentrationen von Sektoren und Einzeltiteln führen, die einer effizienten Portfoliodiversifikation zuwiderlaufen. So übergewichtet der Aktienindex-Anleger jene Titel und Sektoren, deren Preise im Verhältnis zu den jeweiligen Fundamentaldaten hoch sind und untergewichtet jene, deren Preise günstig erscheinen. Es wird ebenso in Sektoren investiert, die möglicherweise über nur geringe Zukunftsaussichten verfügen. Bei Engagements in Anleiheindizes erhöhen Anleger zudem die Gewichtung von Emittenten, sobald diese ihren Verschuldungsgrad (Leverage) steigern. Dies, da deren Anteil am Index mit dem Anstieg des Forderungsbestands automatisch ansteigt. Zwar versuchen neue passive Anlageprodukte mit sogenannter Fundamental-Indexierung die geschilderten Mängel zu beheben, doch fließen in diesem Fall weitreichende subjektive Entscheidungen in die Indexkomposition ein.

Indirekt sprechen die erwähnten Beispiele also einer aktiven Vermögensverwaltung, die eine bewusste Abweichung von der Benchmark beinhaltet, das Wort. Ein aktiver Anbieter zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er sich beispielsweise auf besonders attraktive, unterbewertete Unternehmen fokussiert, einzelne Sektoren oder Länder über- oder untergewichtet und frühzeitig grundlegende Trends zu erkennen versucht.

Risikofähigkeit der Anleger im Fokus
Robuste Portfolios sollen als Kissen dienen, das in Schocksituationen gegen Verluste schützt. Zugleich darf der Anleger nicht im Kissen „versinken“, sondern muss fähig sein, flexibel auf Marktchancen zu reagieren. Starre Grundportfolios als Basis für die Bestimmung eines Vergleichsindexes haben ihre Berechtigung weitgehend verloren. Vielmehr sollten die individuellen Vorgaben der Auftraggeber hinsichtlich ihrer Risikofähigkeit und Renditebedürfnisse im Vordergrund stehen. Dabei sollte das Risiko zum Beispiel als maximal möglicher Verlust über einen bestimmten Zeitraum definiert werden. Zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Ansatzes sind minimale Restriktionen bei der Portfoliokonstruktion. Die Benchmark definiert sich dann nicht mehr über Anlageklassen, sondern über den Risikoappetit und implizit abgeleitete Renditeerwartungen.

In der Vergangenheit stützten sich institutionelle Anleger bei der Zusammenstellung ihres „Rucksacks“ an Aktien und Anleihen in der Regel auf Konjunktur- und Renditeprognosen. Die Portfoliokonstruktion war dabei von untergeordneter Bedeutung – man kann auch sagen, sie wurde sträflich vernachlässigt. Doch robuste Portfolios sind eben die Grundlage verantwortungsvollen Investierens. Worum geht es? Bevor sich ein widerstandsfähiges Bündel von Anlagen zusammenstellen lässt, muss man sich über die langfristigen Eigenschaften von Anlageklassen im Klaren sein. Nur so lassen sich in einem wechselnden Umfeld jene Anlageklassen auswählen, die für eine effiziente Diversifizierung sorgen und die bestmöglich zur stetigen Entwicklung des Portfolios beitragen können.

Hier sind Anbieter von solchen Anlageprodukten gefordert: Die strategische Asset Allokation – also die Zuteilung der Mittel auf Anlageklassen – muss das Marktumfeld adäquat widerspiegeln und mit dem Risikobudget des Investors übereinstimmen. Sobald sich die Situation maßgebend verändert, ist eine Überprüfung der Strategie notwendig. Innerhalb dieses strategischen Rahmens treffen Anbieter gegebenenfalls auf einer zusätzlichen Ebene taktische Anlageentscheidungen.

Höchste Qualität bei Anleihen beachten
Den Grundstock eines robusten Portfolios sollten unserer Ansicht nach Staatspapiere von Ländern mit erstklassiger Bonität wie der Vereinigten Staaten, Deutschland oder der Schweiz bilden. In Zeiten von Niedrigzinsrekorden auf lang laufende Staatsanleihen zu setzen, erscheint auf den ersten Blick zwar wenig ratsam. Will man jedoch die Performance eines „Multi Asset Class“-Portfolios glätten, kann eine Anlage aus dieser Optik derzeit durchaus Sinn ergeben.

Interessant sind auch Anleihen von Schwellenländern in US-Dollar oder in lokalen Währungen. Ihre Bonität ist zwar niedriger, aber ihre solide Entwicklung sowie die höhere laufende Verzinsung sprechen für diese Anlageklasse. Ebenfalls attraktiv sind aus unserer Sicht hochverzinsliche Unternehmensanleihen, sogenannte High-Yield Bonds als Teilersatz für Aktien. Daneben können sich auch Rohstoffe und besonders in einem inflationären Umfeld speziell Gold lohnen. In acht von neun Perioden mit stark negativer Aktienperformance schafften Rohstoffe seit den 1970er-Jahren einen Ausgleich.

Aktien bleiben ein wichtiger Bestandteil
Aktien stellen Beteiligungen an real existierenden Unternehmungen dar („Anteilsschein“); der Anleger profitiert im Idealfall von Wertsteigerung seines Anteils. Des Weiteren bieten Aktien im Fall einer Ausschüttung an die Aktionäre einen nominalen Ertrag. Klassischerweise sind es Aktien, die den Hauptteil des Gesamtrisikos eines Gemischtportfolios ausmachen.

Wie lassen sich Aktien im heutigen Umfeld „spielen“? Der Schwerpunkt liegt auf gut rentierenden Qualitätstiteln. Sie sollten unbedingt ein fester Bestandteil von stabilen Portfolios sein. Allerdings ist bei Aktien, die eine optisch hohe Dividendenrendite ausweisen, Vorsicht geboten. Sie sind auf den ersten Blick zwar attraktiv, doch die Dividenden könnten in Zukunft sinken. Deshalb lohnt es sich, Titel mit guten Dividenden-Perspektiven unter die Lupe zu nehmen.

Über den Tellerrand hinausschauen
Generell lohnt es sich, traditionelle Anlagestrategien zu hinterfragen. Um ein einfaches Beispiel zu geben: Ein Kauf von US-Dollar im Umfang von 5% (gemessen am Wert des gesamten Portfolios) kann sich bereits sehr unterschiedlich auf das Risikobudget von zwei verschiedenen Portfolios, die auf einer anderen Währungen basieren, auswirken. Viele Anleger unterschätzen, dass sich auch die Diversifikationseigenschaften von Währungen im Zeitablauf verändern. Das kann natürlich große Performanceschwankungen zur Folge haben. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass entweder der Investor oder der Portfoliomanager im ungünstigsten Moment eine falsche Entscheidung trifft. Wer hingegen in seinem Portfolio dank effektiver Diversifikation eine stabile Rendite – und sei sie noch so klein – erwirtschaftet, agiert in der Regel ruhig und besonnen.

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*) Christophe Bernard ist Chefstratege der Bank Vontobel.