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Expertenbeitrag: Der globale Wachstumstrend: weniger einheitlich, aber noch intakt

In der zweiten Jahreshälfte 2017 und zu Beginn des Jahres 2018 wuchs die Weltwirtschaft auf breiter Front. Mittlerweile verläuft das Wachstum weniger synchron und es zeigen sich teilweise gegenläufige Tendenzen.

Dr. Nathan Sheets

Ausschließlich für professionelle Investoren bestimmt. Alle Investments sind mit Risiken verbunden, einschließlich möglicher Kapitalverluste.

Das Wachstum ist insgesamt etwas abgekühlt und es kristallisieren sich zwei wichtige Themen heraus.

1) Belastungen in den Schwellenländern (EM).

*Länderspezifische Faktoren: Einige Schwellenländer leiden unter großen makroökonomischen Ungleichgewichten. Dies betrifft an vorderster Stelle Argentinien mit einem Leistungsbilanz- und Haushaltsdefizit und die Türkei mit einem erheblichen Leistungsbilanzdefizit. Positiv ist, dass die betroffenen Länder bereits Maßnahmen eingeleitet haben, um diese Problematik anzugehen und Wachstum zu unterstützen. Argentinien hat vor kurzem zusätzliche Finanzmittel vom Internationalen Währungsfond erhalten. Politische Unsicherheiten sind ein weiteres Problem in manchen Schwellenländern. Zum Beispiel die Wahl in Brasilien im Oktober.



*Systemische Faktoren: Die laufenden Zinsanhebungen durch die US-Notenbank und die Aufwertung des US-Dollar haben für die Schwellenländer für schwierigere Finanzbedingungen gesorgt. Außerdem hat sich das Wirtschaftswachstum in China in diesem Jahr etwas abgekühlt. Die fallende chinesische Nachfrage hat die Exportindustrie vieler Schwellenländer insbesondere im Rohstoffbereich hart getroffen.

2) Der Handelskrieg zwischen USA und China: Präsident Trump hat nach Verhängung eines Strafzolls von 25% auf chinesische Güter mit einem Volumen von 50 Mrd. US-Dollar weitere Zölle in Höhe von 10% auf chinesische Güter im Wert von 200 Mrd. US-Dollar verhängt. Er hat außerdem damit gedroht, letztere Zölle im Januar auf 25% anzuheben.

Wie wird China reagieren?
China hat bereits einen erheblichen Teil seiner US-Importe mit Zöllen belegt. China importiert jährlich Güter im Wert von 135 Mrd. US-Dollar aus den USA und exportiert 520 Mrd. US-Dollar. China könnte mit einer Beschränkung kritischer Exporte reagieren, die Privilegien von US-Unternehmen in China oder die geopolitische Kooperation mit den USA zum Beispiel in Bezug auf Nordkorea einschränken.

Falls China auf die zweite Runde der US-Zölle mit Vergeltungsmaßnahmen reagiert, könnten die USA mit einer Verzollung sämtlicher verbleibenden chinesischen Importe reagieren. Diese Möglichkeit stellt für die Weltwirtschaft ein erhebliches Risiko dar.

Der Konflikt zwischen den zwei größten Volkswirtschaften der Welt sorgt im gesamten globalen System für Unsicherheit, was gerade in den Schwellenländern zu einer Verschärfung bestehender Probleme führt. Positiv zu vermerken ist, dass die USA ihre Handelskonflikte zumindest im Verhältnis zu ihren NAFTA-Partnern vor kurzem durch ein neues Abkommen beilegen konnte.

Wir gehen davon aus, dass die aktuellen chinesischen Zölle das US-Wachstum im nächsten Jahr um bis zu 20 Basispunkte senken könnten. Sollten die in der zweiten Runde verhängten Zölle auf 25% erhöht werden, könnte dies in Abhängigkeit von der Reaktion Chinas das US-Wachstum im Jahr 2019 bis zu 30 Basispunkte kosten. Das aktuell hohe Wachstum der US-Wirtschaft sollte die Auswirkungen abmildern. Wir erwarten, dass die Auswirkungen des Handelskriegs für China aufgrund der hohen Exportorientierung der chinesischen Wirtschaft etwa doppelt so hoch ausfallen werden.

Trotz bestehender Herausforderungen wächst die Weltwirtschaft
In den Industrienationen hat das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal zugelegt, während sich das Wachstum in den Schwellenländern verlangsamte. Die Einkaufsmanagerindices zeigen sich weltweit trotz leichter Rückgänge weiterhin robust. Dies lässt für das dritte Quartal eine leichte Abkühlung des Wachstums erwarten. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Frühindikatoren jetzt stabilisieren oder weiter fallen werden.

Abbildung 2: Globales BIP-Wachstum



Quelle: Haver Analytics (Stand: Oktober 2018)

Gründe für Optimismus
Wir sehen eine Reihe von Gründen für Optimismus. Zunächst bleiben die USA weiterhin der Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft. Trotz der stetig sinkenden Arbeitslosenquote ist kaum Inflationsdruck zu beobachten. Der Verbrauchersektor zeigt sich robust und den Unternehmen geht es gut – die Unternehmensgewinne liegen auf Rekordniveau und auch die Unternehmensinvestitionen scheinen anzuziehen. In diesem Umfeld wird die US-Notenbank die Normalisierung der Geldpolitik fortsetzen. Wir gehen davon aus, dass die Fed ihrer Zinsanhebung im September eine weitere Zinserhöhung im Dezember folgen lassen wird. Für 2019 erwarten wir zwei Zinsschritte, die den Leitzins auf 2,9% anheben werden. Dies würde ungefähr dem Niveau des langfristigen neutralen Zinssatzes (nach Schätzungen der Fed) entsprechen.

Zudem hat sich das Wachstum Chinas in diesem Jahr vor allem aufgrund staatlicher Maßnahmen gegen Kreditexzesse verlangsamt. Vor dem Hintergrund des eskalierenden Handelskriegs ergreift die Regierung jetzt Schritte, um eine weitere Abkühlung des Wachstums zu vermeiden. Diese Maßnahmen sollten in den kommenden Monaten spürbare Ergebnisse bringen und wir erwarten für das Gesamtjahr ein Wachstum in Höhe des offiziellen Ziels von 6,5% oder nur leicht darunter.

Im Euroraum und in Japan sollte sich das Wachstum nach einer Verlangsamung im ersten Halbjahr in der zweiten Jahreshälfte ebenfalls auf solidem Niveau stabilisieren und nahe dem geschätzten Potenzialwachstum liegen.

Positive Überraschungen scheinen in Europa unwahrscheinlich und es könnte im dritten Quartal zu einem moderaten Rückgang des Wachstums kommen. Die von der Inlandsnachfrage abhängigen Dienstleistungssektoren halten sich gut, während sich die Auftragslage im fertigenden Gewerbe und vor allem im Exportbereich eher verschlechtert. Diese Schwäche scheint in erster Linie auf die Abnahme der Nachfrage nach Investitionsgütern zurückzuführen sein. Es ist möglich, dass die Eskalation der globalen Handelskonflikte zunehmend auch in Europa ihre Spuren hinterlässt, obwohl das direkte Verhältnis mit den USA bislang im Wesentlichen intakt geblieben ist. Die europäische Zentralbank (EZB) sieht aber nach wie vor eine ausgewogene Risikolage. Die EZB fährt ihr QE-Programm weiter zurück und wird bis zum Jahresende ihrer Anleihekäufe voraussichtlich komplett einstellen.

Was sind die Implikationen der uneinheitlichen Entwicklung in den verschiedenen Ländern?
Werden die Dynamik der USA und das voraussichtlich robuste chinesische Wachstum in China, im Euroraum und in Japan letztendlich die Schwellenländer mitziehen? Oder sind die Schwierigkeiten der Schwellenländer ein Vorzeichen für einen Abschwung in der Weltwirtschaft? Während die bislang betroffenen Schwellenländer wohl nicht genug Masse haben, um die Weltwirtschaft deutlich zu beeinträchtigen, weisen ihre Probleme möglicherweise auf eine weltweite Zunahme von Ungleichgewichten und Schwachstellen hin. Als dritte Möglichkeit könnten die Divergenzen zunächst weiter bestehen und sich nur langsam schließen.

Insgesamt erwarten wir im Verlauf des Jahres eine Fortsetzung des moderaten Wachstums. Das größte Risiko ist gegenwärtig eine krisenhafte Eskalation des globalen Handelskonflikts. Wir beobachten außerdem die Risiken im Zusammenhang mit dem Brexit, sowie die italienische Haushaltspolitik und die Entwicklung der italienischen Staatsverschuldung. Ein besonderes Augenmerk richten wir auf die langfristigen wirtschaftlichen und finanziellen Implikationen der zunehmenden US-Staatsverschuldung, sowie allgemein auf die Auswirkungen des demographischen Wandels in den Industrienationen und in manchen Schwellenländern, einschließlich China und Korea.

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*) Dr. Nathan Sheets ist Chefvolkswirt und Leiter des globalen Makro-Research bei PGIM Fixed Income. Sein Team ist für die Formulierung des makroökonomischen Ausblicks und der Fundamentalanalysen von Industrienationen und Emerging Markets sowie für die Analyse der internationalen Zinsentwicklung und der Kredit- und Devisenmärkte verantwortlich. Dr. Sheets war zuletzt als Staatssekretär für internationale Angelegenheiten im US-Finanzministerium tätig. Davor arbeitete er für Citigroup, den US-Zentralbankrat und den Internationalen Währungsfonds. Er promovierte am MIT.

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