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Expertenbeitrag: Globale Inflation - Ähnliche Inflationsentwicklung trotz unterschiedlicher Wirtschaftsbedingungen

Ein bemerkenswerter Umstand in der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten 15 Jahre ist die niedrige und stabile Inflationsrate. In den Jahren vor der Finanzkrise bewegte sich die weltweite Gesamtinflation auf einem Niveau von etwa 3%. Nach der volatilen Entwicklung während der Krise stabilisierte sich die Gesamtinflation zunächst bei 2% und hat in den vergangenen zwei Jahren noch etwas abgenommen.

Dr. Nathan Sheets

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Auch die weltweite Kerninflation tendierte in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts nach unten, um sich bei etwa 2% einzupendeln. Nach einem vorübergehenden Rückgang während der Krise stieg die Kerninflation in Folge erneut auf 2% an und hat diesen Stand seitdem beibehalten.


Globale Inflation (2012 bis 2017)



Quelle: Haver Analytics und PGIM Fixed Income. Daten mit Stand zum 2. Quartal 2017

Angesichts der erheblichen Unterschiede in der Wirtschaftslage in den Jahren vor und nach der Finanzkrise ist die Ähnlichkeit der weltweiten Inflationstrends ein bemerkenswertes Phänomen. Vor der Krise war die Weltwirtschaft von hohen Wachstumsraten, abnehmenden Eigenkapitalquoten und hoher Risikobereitschaft im Finanzsystem und von überhitzten Anlagemärkten gekennzeichnet. In der Zeit nach der Krise ist das Wachstum deutlich moderater verlaufen und hohe Arbeitslosenquoten wurden nur langsam abgebaut. Während sich die Finanzmärkte im Allgemeinen erholt haben, ist das Finanzsystem nach Angaben der Zentralbanken im Kern insgesamt deutlich weniger stark gehebelt als in der Zeit vor der Krise. Außerdem scheinen Schwankungen bei der Überkapazität von Ressourcen sowohl in der Zeit vor der Krise als auch in der Zeit nach der Krise nur geringe Auswirkungen auf die Inflationsentwicklung gehabt zu haben – die Phillipskurve war sehr flach.

Dieser Artikel behandelt einige Beobachtungen in Bezug auf die weltweite Inflationsentwicklung. Wir haben die Daten von 18 wichtigen Industrienationen und Schwellenländern analysiert, die zusammen etwa 85% der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen.¹ Wir stellten die globale Inflation in der Zeit vor der Finanzkrise (1. Quartal 2002 bis 2. Quartal 2007) der Entwicklung in einem entsprechendem Zeitraum nach der Krise gegenüber (1. Quartal 2012 bis 2. Quartal 2017). Dieser Ansatz sollte ein relativ klares Bild der Inflationsentwicklung über die vergangenen 15 Jahre liefern. Da der Inflationstrend von extremen Schocks beeinflusst wurde, wurde dieser Zeitraum nicht berücksichtigt. Die vollständige Analyse mit dem Titel „What’s Up With Global Inflation?“ finden Sie auf
<link http: www.pgimfixedincome.com>pgimfixedincome.com.

Die wichtigsten Ergebnisse der Inflationsanalyse
(Q1 2002 bis Q2 2007) <> (Q1 2012 bis Q2 2017)

*Die durchschnittliche Gesamtinflation fiel vor dem Hintergrund fallender Öl- und Rohstoffpreise sowohl in den Industrienationen als auch den Schwellenländern (EM) um ca. 1 Prozentpunkt (pp). Der Mittelwert der Gesamtinflation entwickelte sich in die gleiche Richtung, in den Schwellenländern war die Veränderung dieser Kennzahl aber etwas geringer.

*In den Industrienationen blieb die durchschnittliche Kerninflation bemerkenswert stabil. Auch die statistische Verteilung stellt sich im Zeitraum vor und nach der Finanzkrise sehr ähnlich dar, sowohl bei Betrachtung der Mittelwerte als auch im Hinblick auf die Standardabweichung. Die Daten weisen darauf hin, dass sich die Kerninflation dieser Volkswirtschaften bereits vor der Krise auf niedrigem Niveau eingependelt hat und sich auch nach der Krise nicht verändert hat. Unserer Auffassung nach ist diese anhaltende Stabilität ein wichtiger Faktor bei der jüngsten Entwicklung auf den weltweiten Anleihemärkten.

In den Schwellenländern fiel die durchschnittliche Kerninflation signifikant um 1,2 pp, während der Medianwert bei der Kerninflation um 0,4 pp anstieg. Diese Beobachtung lässt zwei Schlüsse zu. Erstens hat sich in etwa zwei Dritteln der Schwellenländer die Kerninflation stabilisiert. Dieses Ergebnis entspricht der Stabilität der Inflationsentwicklung in den Industrieländern (wenn auch die Inflationsraten bei den Schwellenländern im Durchschnitt etwas höher und variabler sind). Zweitens ist bei den Schwellenländern, die in der ersten Periode eine hohe Inflation hatten, ein erheblicher Inflationsrückgang zu verzeichnen. Profitiert haben von dieser Entwicklung insbesondere die Türkei, Russland und Indonesien, wobei die Inflation in der Türkei in den vergangenen zwei Jahren wieder angestiegen ist. Wir sind der Überzeugung, dass diese Entwicklung der Hauptgrund für den Rückgang der weltweiten Kerninflation ist.

*Durchschnittliche Inflation bei Dienstleistungen und Waren:² Im Dienstleistungsbereich ist die durchschnittliche Inflation sowohl in den Industrieländern als auch in den Schwellenländern gefallen, und zwar um fast 0,75 pp in Industrienationen und um über 2,5 pp in den Schwellenmärkten. Dagegen hat die Kerninflation der Warenpreise in den Industrieländern angezogen und hat hier den Rückgang im Dienstleistungsbereich ausgeglichen. In den Schwellenländern reduzierte sich die Kerninflation im Güterbereich dagegen leicht, was überwiegend auf einen starken Rückgang in der Türkei zurückzuführen ist. Trotz dieser Entwicklung blieb die durchschnittliche Kerninflationsrate bei den Waren in allen Ländern unterhalb der Dienstleistungsinflation, die Differenz hat sich aber im Vergleich zur Zeit vor der Krise verringert.

Wir vermuten in diesem Zusammenhang, dass die zunehmende Integration Chinas in die Weltwirtschaft die Preise für Waren (und andere handelbare Güter) im Vergleich mit den Preisen für Dienstleistungen (und andere nicht-handelbare Güter) nach unten drückt. Die wichtigste Phase dieser Integration begann mit der WTO-Integration Chinas Ende 2001 und fällt damit in den ersten Beobachtungszeitraum.

*Die Standardabweichung bei der Inflation ging in den Industrieländern nur leicht zurück, während in den Schwellenländern ein deutlich größerer Rückgang zu beobachten war (Gesamtinflation: -2,5 pp; Kerninflation: -3,5 pp). Grund war insbesondere der starke Rückgang der Variabilität der Dienstleistungsinflation um 5,4 pp. Die Türkei, Südafrika und Russland konnten besonders starke Rückgänge verzeichnen, aber auch in Chile, Mexiko und Korea zeigte der Trend nach unten. Die Entwicklung dieser wichtigen Kennzahl deutet darauf hin, dass die Schwellenländer seit der Finanzkrise ein höheres Maß an interner wirtschaftlicher Stabilität erreicht haben. Die Variabilität der Kerninflation bei den Warenpreisen ist in den Schwellenländern ebenfalls leicht gesunken.³

*Die Verteilung der Inflation wirft die Frage auf, wie das Gesamtbild der Inflation zu den geldpolitischen Zielen der Zentralbanken passt. Die Zentralbanken haben einen Ausbruch der Inflation nach oben erfolgreich vermieden. In beiden Beobachtungszeiträumen ist selbst auf Quartalsbasis nur selten ein Anstieg auf deutlich über 2 % zu verzeichnen. Mit Ausnahme von Japan ist es den Zentralbanken auch gelungen, deflationäre Episoden zu vermeiden – auch auf Quartalsbasis. Der Fall Japan dient in diesem Zusammenhang als mahnendes Beispiel für die Geldpolitik – wenn deflationäre Erwartungen erst einmal verfestigt sind, ist es schwierig, sie zu überwinden. Außerdem liegt die Mitte der Inflationsverteilung (sowohl der Durchschnitt als auch der Median) nahe bei 1,5%. Dies lässt Zweifel aufkommen, ob für viele Zentralbanken das Inflationsziel von 2% erreichbar ist.

Änderungen bei der Inflation (Quartalsvergleich, Prozentpunkte, annualisiert)
Vergleich der Periode nach der Krise (Q1 2012 bis Q2 2017) und vor der Krise (Q1 2002 bis Q2 2007)


Hinweis: Die Veränderung berechnet sich als Differenz zwischen der Durchschnittsinflation in der Nachkrisenzeit (Q1 2012 bis Q2 2017) und der Durchschnittsinflation in der Vorkrisenzeit (Q1 2002 bis Q2 2007). Quelle: Haver Analytics und PGIM Fixed Income. Die Kennzahlen sind Gesamtinflation und Kerninflation (ohne Nahrungsmittel und Energie), Dienstleistungsinflation und Warenkerninflation (Waren ohne Nahrungsmittel und Energie)

Wir sind insgesamt der Auffassung, dass unsere Analyse eine allgemein niedrige und stabile weltweite Inflationsentwicklung auch in sehr unterschiedlichen Volkswirtschaften zeigt. Diese Beobachtung ist ein wichtiger Anhaltspunkt bei der Betrachtung der niedrigeren und verhältnismäßig stabilen langfristigen Anleiherenditen. Anleger haben gute empirische Gründe dafür, bei Anleiheinvestitionen nur geringe Aufschläge als Ausgleich für die aktuelle Inflation und künftige Inflationsrisiken zu verlangen. Die Inflationsentwicklung hat sich im Vergleich mit vergangenen Jahrzehnten deutlich verändert, und das schlägt sich über diese Faktoren in der Bewertung der Anleihemärkte nieder. Die stabile Inflation führt außerdem zu einem stabileren makroökonomischen Umfeld, was auch allgemein zu niedrigeren Risikoprämien in den Finanzmärkten führen sollte.

In den Schwellenländern weist die verbreitete Stabilisierung der Inflationstrends auf eine zunehmende politische Reife und die wachsende Zuverlässigkeit ihrer Kerninstitutionen hin.

Wir werden uns in Zukunft genauer mit den Treibern der globalen Inflation befassen müssen, unsere bisherige Analyse deutet jedoch darauf hin, dass der Prozess relativ unempfindlich gegenüber dem unmittelbaren Wirtschaftsumfeld ist. Die Gesamtinflation reflektiert die schwankenden Rohstoffpreise, ohne dass aber große Auswirkungen auf die Kerninflation sichtbar werden.

Die Zentralbanken haben sich bereit gezeigt, Schocks mit Maßnahmen zur Stabilisierung der Inflation zu beantworten. Die Inflationserwartungen in der Realwirtschaft und in den Finanzmärkten begünstigen diese Anstrengungen. Um dieses Gleichgewicht zu wahren, werden die Zentralbanken wachsam bleiben und bereit sein müssen, auf auftretende Inflationsrisiken entsprechend zu reagieren.

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¹Die Industrienationen umfassen die Eurozone, Großbritannien, USA, Japan, Australien und Kanada. Die Schwellenländer sind Brasilien, Chile, China, Indien, Indonesien, Korea, Mexiko, Polen, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika und die Türkei. Dies entspricht bis auf drei Abweichungen den Mitgliedern der G-20. Zunächst wird die Eurozone als Gesamtheit zugrunde gelegt und Deutschland, Frankreich und Italien wurden nicht einzeln berücksichtigt. Außerdem wurde Argentinien aufgrund der begrenzten Datengrundlage durch Chile ersetzt. Drittens wurde Polen aufgenommen, um die Gewichtung Mitteleuropas zu erhöhen. Die Daten beruhen auf vierteljährlichen Messungen und sind um saisonale Effekte bereinigt und annualisiert (SAAR). Soweit dies notwendig war, wurden die Daten auf Grundlage der Daten des US-Statistikamts in Haver saisonal bereinigt.

²Für die Schwellenländer waren Inflationsdaten über die Dienstleistungs- und Wareninflation nur für 8 bzw. 6 Länder verfügbar.

³Bitte beachten Sie bei der Interpretation dieser Ergebnisse, dass, obwohl die Kerninflation als gewichteter Durchschnitt der Dienstleistungsinflation und der Warenkerninflation berechnet wird, das Verhältnis zwischen der Standardabweichung der Dienstleistungsinflation und der Warenkerninflation auch die Kovarianz der Dienstleistungsinflation und der Warenkerninflation widerspiegelt.

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*) Dr. Nathan Sheets ist Chief Economist und Head of Global Macroeconomic Research bei PGIM Fixed Income.
Als Leiter des Global Macroeconomic Research Teams ist er für die Formulierung des makroökonomischen Ausblicks und der Fundamentalanalysen von Industrienationen und Emerging Markets sowie für die Analyse der internationalen Zinsentwicklung und der Kredit- und Devisenmärkte verantwortlich. Dr. Sheets war zuletzt als Staatssekretär für internationale Angelegenheiten im US-Finanzministerium tätig. Davor arbeitete er für Citigroup, den US-Zentralbankrat und den Internationalen Währungsfonds. Er promovierte am MIT.

PGIM Fixed Income ist ein globaler Assetmanager, der aktive Investmentlösungen für alle Anleihemärkte bietet. Das Unternehmen verfügt über Geschäftsstellen in Newark (New Jersey), London, Tokio und Singapur und verwaltet mehr als 695 Mrd. US-Dollar. Weitere Informationen finden Sie unter den IPE Referenzen und auf pgimfixedincome.com. (Stand: 30. September 2017)

Quelle: PGIM Fixed Income. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich verfügbaren Informationen aus Quellen, die PGIM Fixed Income als zuverlässig erachtet. Die Informationen stellen die Ansichten und Meinungen des Autors mit Stand zum 18. Oktober 2017 dar und dienen ausschließlich der Information. Sie stellen keine Anlageberatung dar und sollte nicht als Grundlage für eine Anlageentscheidung verwendet werden. Die zugrunde liegenden Annahmen und Ansichten unterliegen der Änderung. Die Performance in der Vergangenheit ist keine Garantie und gewährt keine zuverlässigen Anhaltspunkte für die Zukunft. Eine Investition in Indices ist nicht möglich. Dieses Material wird nur für Personen bereitgestellt, die professionelle Kunden oder zugelassene Gegenparteien sind. 2017-4934